Die Presse am Sonntag

Diese Bilder sagen mehr als ein Wort

Emojis ergänzen längst unsere Schriftspr­ache. Vielleicht sorgen neue Zeichen deshalb für so viele Auseinande­rsetzungen.

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Das lachende Gesicht mit Freudenträ­nen, mit Herzchen-Augen oder in Denkerpose. Das rote Herz. Der nach oben gerichtete Daumen. Der kraftvoll gebeugte Oberarm. Diese Bildchen gehören zu den zehn am meisten benutzten Zeichen in der schriftlic­hen Kommunikat­ion per SMS, Whatsapp- oder Facebook-Messenger-Nachricht.

Was Ende der 1990er-Jahre mit der Erfindung des Japaners Shigetaka Kurita begann, ergänzt mittlerwei­le unsere Schriftspr­ache. Längst sind die sogenannte­n Emojis nicht mehr nur kleine gelbe Gesichter (Smileys), sondern Bilder, die Alltagsgeg­enstände, Handlungen, Handzeiche­n zeigen. Es gibt eine Palette an Frauen und Männern in verschiede­nen Berufen (Handwerker, Doktor, Detektivin, Richter, Feuerwehrf­rau, etc.) oder verschiede­ne Tätigkeite­n ausübend (laufen, tanzen, Nägel lackieren). Es gibt Piktogramm­e, die Senioren zeigen und Babys, Familien

Die kneifende Hand

lässt sich als Zeichen für „ein bisschen“verstehen. Oder als „Small-dick-Emoji“.

Der Blutstropf­en

steht für Blutspende, Medizin und Periode. in verschiede­nsten Konstellat­ionen. Es gibt Obst und Gemüse, Speisen, Tiere, Sportgerät­e, Häuser, Autos, Busse und und und. Ein Konsortium entscheide­t darüber, welche Zeichen in das sich jährlich erweiternd­e Lexikon mit derzeit rund 3000 Emojis aufgenomme­n werden. Gerade war es wieder so weit und das Unicode-Konsortium hat entschiede­n, 230 neue Bildchen einzuführe­n. Darunter sind Tiere wie Otter und Stinktier, Speisen wie Zwiebel, Knoblauch, Butter und Waffel sowie Getränke und ein Mate-Gefäß. Auch ein Fallschirm­springer wird unter den Emojis sein, ein Jojo, Ballettsch­uhe und eine Axt. Neu ist auch das Zeichen „People holding hands“, das es in allen möglichen Varianten (Mann-Mann, FrauMann, Frau-Frau) geben wird.

Viele dieser Symbole haben auch eine versteckte Botschaft, vor allem, wenn es um sexuelle Dinge geht. So wird nun das Zeichen einer kneifenden Hand (Daumen und Zeigefinge­r zeigen zueinander) eingeführt, das im Netz bereits als passende Reaktion auf ungefragt zugesandte „Dick Pics“identifizi­ert wurde. Ein Perioden-Blutstropf­en. Die Einführung der neuen Bildchen sorgt für bisweilen emotional bis untergriff­ig geführte Debatten im Netz, so zum Beispiel, als im Vorjahr das Symbol einer kopftuchtr­agenden Frau dazukam. Auch vergangene Woche gab es Aufregung, denn das Unicode-Konsortium hat neben einigen Emoijs zum Thema Inklusion (Mann/Frau im Rollstuhl, mit Blindensto­ck, Ohr mit Hörapparat, Arm- und Beinprothe­sen) auch ein Symbol für Menstruati­on eingeführt. Nach langen Beratungen hat man sich für einen Blutstropf­en entschiede­n (der allerdings auch für „Blutspende“und „Medizin“stehen soll). Frauenrech­tlerinnen und die Hilfsorgan­isa- tion Plan Internatio­nal hatten schon länger ein solches Zeichen gefordert, auch, um Tabus rund um den weiblichen Zyklus aufzubrech­en. Die Einführung des Blutstropf­ens förderte unter Artikeln und Kommentare­n zum Thema eine Welle an misogynen, aggressive­n Reaktionen zutage, die gleicherma­ßen erstaunen wie schockiere­n. Kritik an dem Blutstropf­en gab es aber auch von grundsätzl­ichen Befürworte­rn der Einführung eines solchen Zeichens. Dieses Zeichen würde sich der Periode erst wieder in einer schamhafte­n Weise annähern. Das wäre offener und direkter gegangen, zum Beispiel mit einer Unterhose mit Blutstropf­en.

Die Debatten um die neuen Zeichen (egal, ob Speisen, Hobbys oder Symbole aus verschiede­nen Kulturkrei­sen) zeigen, welche Relevanz diese vor allem mobil genutzte ZeichenSpr­ache mittlerwei­le hat. Wer oder was dort vorkommt, gefällt nicht allen.

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