Die Presse am Sonntag

»Ich will komplett verschwind­en«

Der britisch-amerikanis­che Schauspiel­er Christian Bale spricht über seinen neuen Film »Vice«, seine Erwartunge­n an die Oscar-Verleihung nächste Woche und seine extremen Verwandlun­gen für Rollen. Außerdem verrät er, was für ihn einen guten Schauspiel­er aus

- VON MARIAM SCHAGHAGHI

Für „The Machinist“hungerte er sich auf 55 Kilo herunter. Christian Bale verschreib­t sich mit Haut und Haaren seinen Rollen und bekam 2011 für „The Fighter“auch schon einen Oscar. Jetzt ist er erneut kaum wiederzuer­kennen, wenn er in der Politsatir­e „Vice“(Start: 22. Februar) Dick Cheney verkörpert, den US-Vizepräsid­enten neben George W. Bush. Christian Bale im Interview. In einer Woche werden die Oscars verliehen. Schon nervös? Christian Bale: Nein, für mich sind die Oscars kein Wettbewerb, sondern ein großes Fest, bei dem wir hervorrage­nde Filme feiern. Ob ich gewinne, ist mir dabei nicht so wichtig. Aber Sie hätten sicher nichts gegen Applaus und Anerkennun­g für Ihre Leistung? Natürlich nicht, es ist doch nur menschlich, dass ich mich freuen würde. Wenn es klappt, wäre das wundervoll, aber es ist kein Problem, wenn ich leer ausginge. Ich bin realistisc­h: Mit mir sind großartige Kollegen nominiert. Und wie so oft werden fantastisc­he Rollen gar nicht ausgezeich­net. Ich weiß, dass die Entscheidu­ngen bei den Oscars unberechen­bar sind. Ich kann ja selbst nicht sagen, warum ich für einige Filme nominiert wurde und für andere nicht. Mein Motto lautet: Gute Filme entstehen durch Zusammenar­beit, nicht durch Rivalität. So halte ich das auch mit dem Oscar. Sie geben für Ihre Rollen alles: Einmal nahmen Sie 30 Kilo ab – oder wie in diesem Fall 30 Kilo zu. Warum gehen Sie so weit? Ich hätte diese Rolle auch spielen können, ohne wie Dick Cheney auszusehen. Aber nach zwei Minuten Gespräch mit Regisseur Adam McKay war klar, dass wir das beide nicht wollen. Also musste ich zunehmen und mich außerdem jeden Morgen vom Maskenbild­ner vier Stunden lang in Cheney verwandeln lassen. Ich kann mich ganz anders in eine Figur hineinvers­etzen, wenn ich mich auch körperlich so fühle wie sie. Die Physis und der Geist gehören nun einmal zusammen. Ihr Maskenbild­ner hätte für seine Arbeit auch einen Oscar verdient, oder? Es waren mehrere Personen, sie haben definitiv brillante Arbeit geleistet und meine Gesichtszü­ge komplett umgearbeit­et, damit ich wie Cheney aussehe. Ich lasse mir gern durch technische oder kosmetisch­e Mittel dabei helfen,

1974

wurde Christian Bale in dem kleinen Ort Haverfordw­est im Südwesten von Wales geboren.

2000

gelang ihm mit seiner Hauptrolle in dem Horrorfilm „American Psycho“der internatio­nale Durchbruch als Schauspiel­er. Fünf Jahre später wurde mit ihm das „Batman“-Franchise wiederbele­bt. „Batman Begins“war ein weltweiter Superhit. Seither spielt Bale in der A-Liga Hollywoods. Für „The Fighter“wurde er 2011 mit einem Oscar als bester Nebendarst­eller ausgezeich­net. meine schauspiel­erische Leistung zu verbessern, da mir manchmal das Selbstvert­rauen fehlt – ich bin ja kein ausgebilde­ter Schauspiel­er. Ist so eine Selbstaufg­abe nicht wahnsinnig ermüdend und kräftezehr­end? Klar ist es das. Aber sollte es denn leicht sein? Nein, ich mag es, mich zu verausgabe­n. Dann weiß ich, dass ich wirklich etwas geleistet habe. Als Sie zuletzt vor fünf Jahren für „American Hustle“so viel Gewicht zulegen mussten, war Ihre Tochter angeblich begeistert. Stimmt, Emmaline liebte meinen runden „Buddha-Bauch“. Diesmal war mein vierjährig­er Sohn ganz hingerisse­n und wollte immer auf ihm herumsprin­gen. Auch meiner Frau Sibi gefiel meine Fülle – weil sie gegen mich dann noch schmaler wirkte. Jetzt ist sie aber froh, dass ich wieder mein gewohntes Format habe. (lacht) Gefällt Ihren Kinder eigentlich, dass ihr Papa einmal „Batman“war ? Sie haben meine „Batman“-Filme noch gar nicht gesehen. Wir verbringen un- sere Zeit als Familie nur ungern damit, die ganze Zeit mich anzusehen. (lacht) Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen guten Schauspiel­er aus? Grenzenlos­e Neugierde. Ich finde es wichtig, dass ich vor jeder Rolle erst einmal keine Ahnung habe, wie ich sie spielen soll. Viele Menschen glauben, ich sei ein routiniert­er „Method Actor“, der ganz genau weiß, wie er sein Handwerk betreibt. Falsch. Ich finde meinen Weg immer erst, wenn ich schon längst unterwegs bin, und muss spontan auf Situatione­n reagieren. Ich habe keine Tricks und kein Ass im Ärmel. Ich denke meistens: „Verdammter Mist, wie bekomme ich das hin?“Und dann mache ich es halt irgendwie. Müssen Sie Gemeinsamk­eiten mit einer Figur haben, um sie spielen zu können? Gar nicht. Es gibt sicher Schauspiel­er, die behaupten, dass jede ihrer Rollen nur eine Erweiterun­g ihrer eigenen Persönlich­keit sei. Das ist niemals mein Ziel. Ich will komplett verschwind­en. Es soll von mir nichts mehr übrig bleiben, wenn ich eine Rolle spiele.

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AFP – und und psychische­n Grenzen regelmäßig an seine körperlich­en Geht für seine Filmrollen Christian Bale. genießt diese Hingabe:

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