Gegen »linke und rechte Chaoten«
ÖVP-Chef Sebastian Kurz präsentierte nun auch den Funktionären sein EU-Erneuerungsprogramm.
Das, was Kanzler Sebastian Kurz zuvor schon in einem Interview mit der „Presse“und den Bundesländerzeitungen dargelegt hatte, präsentierte er beim EU-Wahlkampfauftakt der ÖVP am Samstag den Anhängern: Ein neuer EU-Vertrag müsse her, jener von Lissabon habe ausgedient. Es sollte auch weniger EU-Kommissare geben. Und weniger Bürokratie und Regulierung. Für jede neu geschaffene EU-Behörde sollte eine bestehende aufgelöst werden. Auch zwei Sitzungsorte, Brüssel und Straßburg, seien nicht mehr zeitgemäß. Man sollte sich auf einen, nämlich Brüssel, beschränken.
Der Vertrag von Lissabon habe auf die Krisen der vergangenen Jahre wie die Finanzkrise, die Schuldenkrise, die Migrationskrise, die Klimakrise und das Brexit-Chaos keine Antworten geben können, so Kurz. Daher sei es jetzt an der Zeit, ein neues Regelwerk zu entwickeln, ein neues, besseres Fundament zu schaffen. Die EU müsse robuster und stärker werden.
„Ich will die EU nicht den linken und rechten Chaoten überlassen“, sagte Kurz. Vor allem wolle er nicht, dass Europa angesichts von Massenzuwanderung und Schuldenpolitik „den Bach hinuntergeht“. Wie in Österreich brauche es auch in Europa wieder mehr „Hausverstand“. Ein Garant dafür sei Manfred Weber, der von Kurz unterstützte Spitzenkandidat der Konservativen für die EU-Wahl – und für das Amt des Kommissionspräsidenten.
Sollte er tatsächlich Kommissionspräsident werden, versprach Weber, wolle er dafür sorgen, dass die Beitrittsgespräche zwischen der EU und der Türkei endgültig beendet werden. Weber hielt auch ein Plädoyer für ein christliches Europa. Er selbst verstehe sich als Bayer, Deutscher und Europäer. Und das sei kein Widerspruch. Zudem hob Weber den Stellenwert der Handelspolitik hervor. Diese sei für Europa als Exportkontinent von zentraler Bedeutung. Europa müsse dafür sorgen, dass es in der Welt ehrliche Spielregeln gebe. „Wir sind für Handel, aber er muss auf fairen Regulierungen fußen.“Wenn China künftig strategisch Firmen in Europa übernehmen möchte, müsse die EU die Möglichkeit haben, diese zu untersagen. Zudem wolle er sicherstellen, dass in keinem europäischen Supermarkt Produkte angeboten werden, die von Kindern produziert wurden.
Auch der Spitzenkandidat der ÖVP, Othmar Karas, stellte sich hinter Kurz’ Reformideen: Der Vertrag von Lissabon müsse angepasst werden, um die EU „zukunftsfit“zu machen. „Wir dürfen uns nicht mit den Ritualen der Vergangenheit zufriedengeben.“