Luxus will erlebt werden
Millennials werden schon im Jahr 2025 die wichtigsten Kunden der Luxuslabels unterscheiden sich nicht nur darin, was sie kaufen, sondern vor allem, wie sie das tun. sein. Doch sie
Patrizio Bertelli, der Chef des italienischen Modeimperiums Prada, hat erkannt, warum die Ergebnisse seines Konzerns nicht gut sind. 2018 machte Prada mit 3,14 Milliarden Euro zwar mehr Umsatz als im Jahr zuvor, der Gewinn ging jedoch mit 44 Millionen Euro deutlich zurück. Prada müsse künftig die kulturellen Wandlungen der neuen Generationen besser interpretieren, sagte Bertelli bei der Bilanzpressekonferenz im März: „Die Jungen müssen angesprochen und an den Luxus herangeführt werden.“Recht hat er. Von den Millennials und der Generation Z wird es nämlich abhängen, ob Luxusmarken wie Prada, Louis Vuitton oder Versace überleben werden. Bis 2025 werden sie gut die Hälfte jener Kunden ausmachen, die bereit sind, für ihren persönlichen Luxus viel Geld auszugeben.
Aber die jungen Generationen ticken nun einmal völlig anders als ihre Eltern und Großeltern. Das zeigt sich nicht nur daran, was sie kaufen, sondern vor allem, wie sie kaufen. In ein Geschäft zu gehen, um dort schnell etwas zu erwerben, interessiere die Jüngeren nicht, einfach weil das auch nicht interessant sei, sagte Gucci-Chef Marco Bizzarri in einem Interview. All jene, die sich hochpreisige Gucci-Sneakers oder einen Gürtel von Herm`es leisten, wollen dabei vor allem eines: etwas erleben. Das bestätigt auch die aktuelle Studie der Boston Consulting-Group (BCG) „True-Luxury Global Consumer Insight 2019“deutlich. Luxus als Erlebnis. Der Verkaufsprozess gliedert sich in drei Phasen: Die Inspirationsphase vor dem Kauf, das Kaufereignis selbst und die Phase danach. „Heute beobachten wir, dass die Phasen vorher und nachher immer länger und wichtiger werden“, sagt Sebastian Boger, der bei BCG Experte für Mode und Luxus ist, zur „Presse“.
Vorbei sind die Zeiten, in denen Luxuskonsumenten zwei, drei Marken lebenslang treu geblieben sind, etwa einen Anzug ausschließlich bei Ermenegildo Zegna und die Handtasche immer nur bei Louis Vuitton gekauft haben. Junge Käufer seien wechselwilliger und wollen sich von keiner Marke abhängig machen, sagt Boger: „Und sie haben heute viel mehr Möglichkeiten, sich vor ihrem Einkauf zu informieren, und tun das auch. Sie lassen über soziale Medien ihre Umfeld, ihren ,Tribe‘, an ihrem Auswahlprozess ganz genau teilhaben. Sie posten Fotos und diskutieren.“Wenn sich nun die Vorkaufsphase schon so aufwendig und zeitintensiv gestaltet, kann man verstehen, dass der eigentliche Akt, der Kauf, ein richtiger Höhepunkt zu sein hat. Schließlich muss der Besuch im Luxusstore genügend spannenden Stoff liefern, um die eigene digitale Community möglichst lang zu unterhalten, und es einem ermöglichen, wenigstens für einen kurzen Moment König des Tribe zu sein. Immer anders. Gucci, eine Marke die vor einigen Jahren noch als völlig verstaubt gegolten hat, hat allen Mitbewerbern vorgemacht, wie man den neuen Ansprüchen junger, kaufbereiter Menschen gerecht wird: Alessandro Michele wurde 2015 zum Creative Director ernannt und ist mit seinen mutigen Kollektionen bereits zur Kultfigur der Jungen geworden. Gleichzeitig ist es ihm gelungen, das Markenimage um 360 Grad zu drehen, etwa, indem er viele der Gucci-Geschäfte völlig neu gestaltet hat. Dass jedes von ihnen etwas anderes bieten muss, versteht sich von selbst. Denn die Kunden und Influencer reisen um die ganze Welt und wollen nicht zweimal mit einem Großraumkino mit 3-D-Technologie (das gibt es bei Gucci in New York) gelangweilt werden.
Wer übrigens in Soho den Store betritt, wird nicht von einem Verkäufer, sondern von einem sogenannten Connector begrüßt und beraten. Bei der Auswahl dieser „Connectors“hat das Management darauf geachtet, dass jeder von ihnen eine ungewöhnliche Lebensgeschichte hat oder zumindest einem anderen Teilzeitjob nachgeht, der nichts mit Mode zu tun hat. So sei es möglich, dass man heute im GucciStore Kunden sieht, die sich mit dem Verkäufer angeregt und eingehend über Spiritualität und Sternzeichen unterhalten, erzählt Boger. Chinesen lieben Luxus. Den chinesischen Kunden ist eine perfekte Inszenierung des analogen Kauferlebnisses besonders wichtig. Damit hatten viele Labels nicht gerechnet, gilt das junge China doch als Volk, das sich in der digitalen Welt besonders zu Hause fühlt. Ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, ist den Luxuskonzernen besonders wichtig. Schließlich sind es die jungen, reichen Chinesen, die das Wachstum von Chanel, Burberry, Gucci und Co. in den vergangenen Jahren möglich gemacht haben, und zwar nicht nur im Reich der Mitte, sondern ebenso in den USA und in Europa. Und was mögen diese Käufer besonders? „VIP-Events und persönlich gestaltete Shoppingnachmittage in den VIP-Rooms der Stores beispielsweise“, sagt Boger. Dahinter steckt wohl immer dieselbe Sehnsucht: sich – wenigstens ein Weilchen – von allen anderen da draußen abzuheben und das Gefühl zu haben, nun jemand ganz Besonderes zu sein.
Die Jungen interessiert nicht, in ein Geschäft zu gehen, nur um etwas zu kaufen. Chinesen mögen VIP-Events und Shoppingnachmittage in den VIP-Rooms der Stores.
Das hat auch ein findiger Unternehmer in Tokio erkannt. In seinem Shop können Japaner Luxusmarkensneakers, vornehmlich solche aus limitierten Editionen, nicht etwa kaufen, sondern für einige Stunde mieten. Das Geschäftsmodell findet enormen Anklang. Auf den Fotos, die junge Kunden in sozialen Medien von sich posten, ist schließlich nicht zu erkennen, dass die edlen Sneakers nur gemietet sind.