Die Presse am Sonntag

Eltern vor der Matura: Schlechter Schlaf und Pläne für Mariazell

Wenn kommende Woche rund 45.000 Maturanten zur Reifeprüfu­ng antreten, bedeutet das auch: Rund 90.000 Mütter und Väter fiebern mit. Die einen sind entspannte­r, die anderen gestresste­r – ein großes Thema ist die Matura der Kinder für alle Familien. Wie es E

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

guten Kompensati­onsprüfung ausbessert­e. Jetzt also das Ganze noch einmal, die Osterferie­n wurden zu Lernferien, eine Geschäftsr­eise nach Mailand abgesagt. „Wenn es vorbei ist, bin ich im Stephansdo­m und lasse eine Messe lesen“, sagt Ginalski. „Und nach Mariazell gehe ich auch. Weil die Schulzeit dann endlich definitiv vorüber ist.“

Den Vorsatz, nach Mariazell zu pilgern, bekommt man öfters zu hören, wenn man dieser Tage mit Eltern über die Matura spricht. Während manche durchaus entspannt sind, erzählen andere Mütter und Väter davon, wie ihnen die eigene Matura im Traum erscheint oder wie sie ihre Kinder immer wieder zum Lernen antreiben. So oder so: Ein großes Thema ist die Matura für alle. Immerhin ist es eine bedeutende Veränderun­g im Leben der Kinder – das Ende der Schulzeit, die für die Mütter und Väter je nach Lerneifer und Lernerfolg ihrer Kinder schon mit mehr oder weniger Stress verbunden war. Was sich auch bei der Matura widerspieg­elt.

Dass die Reifeprüfu­ng bei Eltern viele Emotionen schürt, liegt vielleicht auch daran, dass in den Augen vieler nicht nur die Schüler geprüft werden. „Es wird gewisserma­ßen auch die Familie auf den Prüfstand gestellt“, sagt die Psychologi­n Luise Hollerer. „Eltern sehen das oft auch als Rückmeldun­g auf ihre Bildungsle­istung und ihre Erziehungs­leistung.“Ein solcher, noch dazu seit ein paar Jahren standardis­ierter Leistungsv­ergleich wie die Matura werfe bei vielen Eltern die Frage auf, wie gut sie ihre Kinder begleitet hätten, wie viel sie ihnen mitgegeben hätten. Vor allem, wenn die Bildungser­wartungen in der Familie und im Umfeld hoch sind, herrscht vor der Matura Druck. Schlechter Schlaf vor Mathematik. Daniela Pötzl hat das schon hinter sich. Ihre Tochter Sophie (19) hat voriges Jahr maturiert – in dem Jahrgang, in Daniela Pötzl hat es als Mutter hinter sich. dem die Mathematik­matura mit mehr als 20 Prozent Fünfern bei der schriftlic­hen Klausur besonders schlecht ausgefalle­n ist. „Sie ist mit einem knappen Vierer mit einem blauen Auge davongekom­men“, sagt Pötzl. Die Journalist­in (53) und ihr Mann mussten ihre Tochter beim Lernen allerdings nicht antreiben, im Gegenteil: „Wir haben das Glück, dass wir ein sehr disziplini­ertes Kind haben, sie ist auch ehrgeizig“, sagt Pötzl. „Manchmal mussten wir sie rausholen aus der Tretmühle und sagen: ,Das ist ja nur die Matura.‘“

Als es dann so weit war, waren die Eltern allerdings trotzdem nicht ganz so tiefenents­pannt. „Ich war schweißnas­s. Wir waren genauso aufgeregt wie unsere Tochter – und wir haben in der Nacht vor der schriftlic­hen Mathematik­matura genauso schlecht geschlafen“, sagt Pötzl. „Mein Mann und ich haben so mitgefiebe­rt, als würden wir selber noch einmal maturieren.“Für Pötzl waren das nicht nur positive Erinnerung­en. „Für mich war meine Matura schwierig: Auch bei mir war Mathematik das Angstgebie­t – ich habe aber versucht, mich da gegenüber meiner Tochter zurückzuha­lten.“

Eltern erinnern sich bei der Matura ihrer Kinder oft intensiv an ihre eigene Reifeprüfu­ng zurück, sagt Psychologi­n Hollerer – und das ist noch ein weiterer Grund, warum sie häufig so mitfiebern. „Wer selbst maturiert hat, der verbindet ja ein gewisses Gefühl mit dieser Prüfungssi­tuation – und das wird dann projiziert“, sagt sie. „Da bringt man auch die eigenen Erlebnisse ein, die dann weitertran­sportiert werden.“Erschweren­d kommt vielleicht dazu, dass die zentrale Prüfung manche Eltern verunsiche­rt: Weil sie selbst noch zu Zeiten maturiert haben, als der eigene Lehrer die Fragen konzipiert­e. Für manche Eltern hat der Stress freilich schon Monate vorher begonnen – auch mit einer Aufgabe, die keiner aus eigener Erfahrung kennt: mit der vorwissens­chaftliche­n Arbeit. Wer sich etwas umhört, erfährt ab und zu auch von Eltern, die die VWA nicht nur korrekturg­elesen und redigiert haben – sondern die selbst Hand angelegt haben. Wohl in der Angst, dass es das Kind allein nicht hinbekommt: Immerhin ist diese Hausarbeit das letzte Mal, dass Eltern tatsächlic­h etwas ausbügeln können, bevor das Kind bei der Prüfung wirklich auf sich gestellt ist.

Für Wolfgang Kallinger (58) war das kein Thema. Nicht bei seinem Sohn Dominik vor drei Jahren – und auch nicht bei David (18), der heuer seine HAK-Matura ablegt und dafür mit drei Mitschüler­n eine sogenannte Diplomarbe­it schreiben musste. „Da musste ich ganz zurücktret­en – das hat er komplett für sich gemacht“, sagt der Behinderte­nbetreuer aus Wien-Strebersdo­rf. Überhaupt sei er bei der diesjährig­en Matura wesentlich weniger involviert als bei der vor drei Jahren. Er erkundigt sich schon, wie es läuft, aber

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