Eltern vor der Matura: Schlechter Schlaf und Pläne für Mariazell
Wenn kommende Woche rund 45.000 Maturanten zur Reifeprüfung antreten, bedeutet das auch: Rund 90.000 Mütter und Väter fiebern mit. Die einen sind entspannter, die anderen gestresster – ein großes Thema ist die Matura der Kinder für alle Familien. Wie es E
guten Kompensationsprüfung ausbesserte. Jetzt also das Ganze noch einmal, die Osterferien wurden zu Lernferien, eine Geschäftsreise nach Mailand abgesagt. „Wenn es vorbei ist, bin ich im Stephansdom und lasse eine Messe lesen“, sagt Ginalski. „Und nach Mariazell gehe ich auch. Weil die Schulzeit dann endlich definitiv vorüber ist.“
Den Vorsatz, nach Mariazell zu pilgern, bekommt man öfters zu hören, wenn man dieser Tage mit Eltern über die Matura spricht. Während manche durchaus entspannt sind, erzählen andere Mütter und Väter davon, wie ihnen die eigene Matura im Traum erscheint oder wie sie ihre Kinder immer wieder zum Lernen antreiben. So oder so: Ein großes Thema ist die Matura für alle. Immerhin ist es eine bedeutende Veränderung im Leben der Kinder – das Ende der Schulzeit, die für die Mütter und Väter je nach Lerneifer und Lernerfolg ihrer Kinder schon mit mehr oder weniger Stress verbunden war. Was sich auch bei der Matura widerspiegelt.
Dass die Reifeprüfung bei Eltern viele Emotionen schürt, liegt vielleicht auch daran, dass in den Augen vieler nicht nur die Schüler geprüft werden. „Es wird gewissermaßen auch die Familie auf den Prüfstand gestellt“, sagt die Psychologin Luise Hollerer. „Eltern sehen das oft auch als Rückmeldung auf ihre Bildungsleistung und ihre Erziehungsleistung.“Ein solcher, noch dazu seit ein paar Jahren standardisierter Leistungsvergleich wie die Matura werfe bei vielen Eltern die Frage auf, wie gut sie ihre Kinder begleitet hätten, wie viel sie ihnen mitgegeben hätten. Vor allem, wenn die Bildungserwartungen in der Familie und im Umfeld hoch sind, herrscht vor der Matura Druck. Schlechter Schlaf vor Mathematik. Daniela Pötzl hat das schon hinter sich. Ihre Tochter Sophie (19) hat voriges Jahr maturiert – in dem Jahrgang, in Daniela Pötzl hat es als Mutter hinter sich. dem die Mathematikmatura mit mehr als 20 Prozent Fünfern bei der schriftlichen Klausur besonders schlecht ausgefallen ist. „Sie ist mit einem knappen Vierer mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Pötzl. Die Journalistin (53) und ihr Mann mussten ihre Tochter beim Lernen allerdings nicht antreiben, im Gegenteil: „Wir haben das Glück, dass wir ein sehr diszipliniertes Kind haben, sie ist auch ehrgeizig“, sagt Pötzl. „Manchmal mussten wir sie rausholen aus der Tretmühle und sagen: ,Das ist ja nur die Matura.‘“
Als es dann so weit war, waren die Eltern allerdings trotzdem nicht ganz so tiefenentspannt. „Ich war schweißnass. Wir waren genauso aufgeregt wie unsere Tochter – und wir haben in der Nacht vor der schriftlichen Mathematikmatura genauso schlecht geschlafen“, sagt Pötzl. „Mein Mann und ich haben so mitgefiebert, als würden wir selber noch einmal maturieren.“Für Pötzl waren das nicht nur positive Erinnerungen. „Für mich war meine Matura schwierig: Auch bei mir war Mathematik das Angstgebiet – ich habe aber versucht, mich da gegenüber meiner Tochter zurückzuhalten.“
Eltern erinnern sich bei der Matura ihrer Kinder oft intensiv an ihre eigene Reifeprüfung zurück, sagt Psychologin Hollerer – und das ist noch ein weiterer Grund, warum sie häufig so mitfiebern. „Wer selbst maturiert hat, der verbindet ja ein gewisses Gefühl mit dieser Prüfungssituation – und das wird dann projiziert“, sagt sie. „Da bringt man auch die eigenen Erlebnisse ein, die dann weitertransportiert werden.“Erschwerend kommt vielleicht dazu, dass die zentrale Prüfung manche Eltern verunsichert: Weil sie selbst noch zu Zeiten maturiert haben, als der eigene Lehrer die Fragen konzipierte. Für manche Eltern hat der Stress freilich schon Monate vorher begonnen – auch mit einer Aufgabe, die keiner aus eigener Erfahrung kennt: mit der vorwissenschaftlichen Arbeit. Wer sich etwas umhört, erfährt ab und zu auch von Eltern, die die VWA nicht nur korrekturgelesen und redigiert haben – sondern die selbst Hand angelegt haben. Wohl in der Angst, dass es das Kind allein nicht hinbekommt: Immerhin ist diese Hausarbeit das letzte Mal, dass Eltern tatsächlich etwas ausbügeln können, bevor das Kind bei der Prüfung wirklich auf sich gestellt ist.
Für Wolfgang Kallinger (58) war das kein Thema. Nicht bei seinem Sohn Dominik vor drei Jahren – und auch nicht bei David (18), der heuer seine HAK-Matura ablegt und dafür mit drei Mitschülern eine sogenannte Diplomarbeit schreiben musste. „Da musste ich ganz zurücktreten – das hat er komplett für sich gemacht“, sagt der Behindertenbetreuer aus Wien-Strebersdorf. Überhaupt sei er bei der diesjährigen Matura wesentlich weniger involviert als bei der vor drei Jahren. Er erkundigt sich schon, wie es läuft, aber