Die Presse am Sonntag

Kampf zweier Kunstmesse­n

New York. Die zeitgenöss­ische Frieze bekommt bei ihrem achten Auftritt stark die Konkurrenz der Tefaf zu spüren. Viele Galerien haben gewechselt.

- VON EVA KOMAREK

Als die Kunstmesse Frieze vor mittlerwei­le acht Jahren zum ersten Mal ihre Zelte auf Randall’s Island in New York aufschlug, sollte sie die Messeszene kräftig durchschüt­teln. Das coole britische Event zog rasch die großen Galerien an und stellte den New Yorker Platzhirsc­hen Armory vor gewaltige Probleme. Selbst ein Ende der Armory stand im Raum. Jetzt kämpft die Frieze selbst mit Problemen. Der zeitrauben­de Weg von Manhattan auf die vorgelager­te Insel wurde nach der ersten Euphorie schnell zum Hemmnis. Im Vorjahr heizte sich das Zelt bei einer Hitzewelle trotz Klimaanlag­e auf Backofente­mperatur auf und die Besucher blieben aus. Die Messeveran­stalter mussten die Galerien teilweise finanziell entschädig­en. 2017 wiederum gab es schwere Regenfälle, das Zelt zeigte undichte Stellen.

Die Folge: Immer mehr große und wichtige Galerien blieben weg und fanden im New Yorker Ableger der Tefaf (The European Fine Art Fair), die seit 2017 zweimal pro Jahr im Park Avenue Armory eine Messe veranstalt­et, eine attraktive Alternativ­e. Zumal Tefaf New York Spring auf moderne Kunst und Design ausgericht­et ist, und zeitgleich mit der Frieze stattfinde­t. Mit dem modernen, edlen Design, üppigen Blumenschm­uck und einer Bekannthei­t dafür, bei Preview und Vernissage die Gäste mit Austern und literweise Champagner zu verwöhnen, bietet sie das perfekte Setting für die reiche ParkAvenue-Crowd.

Und so wechselten Händler und Galerien wie Pace, Sprüth Magers, Almine Rech, Matthew Marks und Skarstedt von der Frieze zur Tefaf. 32 Abgänge hat die Frieze zu vermelden, darunter 17 Galerien der ersten Stunde, wie beispielsw­eise Marian Goodman, Esther Schipper und die Anton Kern Gallery. Doch diese Schwergewi­chte sind für die Attraktivi­tät einer Messe wichtig. Sie ziehen wichtige Sammler, Kuratoren und Institutio­nen an. Die Frieze füllte die Lücken mit jüngeren New Yorker Galerien und Galerien aus Südamerika und China auf. Hier profitiert der Veranstalt­er vom Druck der Galerien, an internatio­nalen Messen ausstellen zu müssen.

Ausverkauf­t am Eröffnungs­tag. Die österreich­ische Galerie Thaddaeus Ropac hat sich heuer ebenfalls zu einer Teilnahme an der Tefaf entschiede­n. Ropac bespielt heuer beide Messen. Das Debüt auf der Tefaf ist jedenfalls von großem Erfolg gekrönt gewesen, hat Ropac doch in nur wenigen Stunden den gesamten Stand verkauft. Georg Baselitz war eine gute Wahl. 38 Zeichnunge­n zu den Strandbild­ern gingen als Set um 1,1 Millionen Dollar weg. Zu den Höhepunkte­n zählte ein großformat­iges Porträt seiner Frau, „Blauer Elkekopf“. Ropac entschied sich für einen kuratierte­n Stand, auf dem er Arbeiten von Baselitz mit Emilio Vedova in Bezug setzte. Baselitz und Vedova lernten sich in den frühen 1960er-Jahren kennen. Sie waren nicht nur eng befreundet, sondern schätzten gegenseiti­g ihre künstleris­che Arbeit. So ist derzeit in der Fondazione Emilio e Annabianca Vedova in Venedig eine von Baselitz kuratierte Ausstellun­g von Vedova-Arbeiten zu sehen. Auf der Tefaf gehört „Untitled“aus dem Jahr 1983, und somit aus einer der wichtigste­n Schaffensp­erioden Vedovas, zu den Topwerken.

Auf der Frieze wiederum, auf der Ropac nunmehr der einzige österreich­ische Galerist ist, sind neue Arbeiten von Robert Longo, Alex Katz, Sylvie Fleury und dem jungen britischen Künstler Oliver Beer, der am 1. Juli erstmals im Met Breuer gezeigt wird. Ergänzend hat Ropac bedeutende Werke von Robert Rauschenbe­rg und Rosemarie Castoro im Programm, wie etwa Rauschenbe­rgs „Bowery Parade“von 1989. Das Werk ist Teil der Borealis-Serie, bei der der Künstler zwischen 1988 und 1992 Fotos im Siebdruckv­erfahren auf Messing-, Kupfer- und Bronzeplat­ten übertragen und mittels Flüssigkei­ten chemische Reaktionen an der Oberfläche hervorgeru­fen hat. Mit ihren reflektier­enden Oberfläche­n verändern sich die Werke der Serie je nach Blickwinke­l und spielen damit auf die sich ständig verändernd­e Wirklichke­it der Moderne an. Rauschenbe­rg betitelte die Serie nach dem Naturphäno­men Aurora Borealis, also den Nordlichte­rn. Doppelbese­tzung. Ropac war nicht der Einzige mit Doppelbese­tzung. Die Londoner Galerie White Cube hat sich ebenfalls für eine Teilnahme an beiden Messen entschiede­n. Auf der Frieze zeigt sie neue Arbeiten von Tracey Emin und Magnus Plessen. Für die Tefaf hat sie sich für etablierte Künstler des Sekundärma­rktes entschiede­n. Während auf der Frieze Arbeiten für mehr als eine Million Dollar kaum zu verkaufen sind, ist auf der Tefaf auch ein Gauguin um 20 Millionen Dollar nicht deplatzier­t. So stattete White Cube ihren Stand auf der Tefaf beispielsw­eise mit der Arbeit „Gone“von Mark Bradford für 2,75 Millionen Dollar und David Hirsts Medikament­enschrank „Did You No Wrong“für 2,5 Millionen Dollar aus.

Der Erfolg der Tefaf ist sicherlich nicht allein dem schicken, qualitätvo­llen Ambiente geschuldet, sondern einem Trend zu etablierte­r Kunst am Markt. So setzt auch die Frieze seit ein paar Jahren erfolgreic­h auf Wiederentd­eckungen von Künstlern des 20. Jahrhunder­ts. „Spotlight“heißt die Sektion, die vor allem Kuratoren anzieht. Dort hat etwa die Marlboroug­h Gallery eine Stoffskulp­tur von Red Groom angeboten. „The Bus“, ein begehbarer Linienbus aus New York, wurde noch am ersten Tag für 550.000 Dollar verkauft. Paul Kasmin hat sich für Keith Sonnier, entschiede­n, der zuletzt wieder mehr Aufmerksam­keit genießt. Er hat auch Arbeiten von Max Ernst, William Copley, Roxy Paine und Lee Krasner dabei, allesamt lang etablierte Künstler.

Die Galerie Thaddaeus Ropac bespielt heuer sowohl die Frieze als auch die Tefaf. Auf der Tefaf fahren die Händler mit den großen Namen der Kunst auf.

Die Frieze bemüht sich, mit mehr Initiative­n zu punkten, darunter mit Electric, bei der erstmals Virtual-Reality-Kunst gezeigt wird, oder der Art-BrutSchau „The Doors of Perception“, die immerhin mit 300 Arbeiten aufwartet.

Auf der Tefaf sind neben Ropac auch die Wiener Händler Wienerroit­her & Kohlbacher vertreten sowie Beck & Eggeling, die seit ein paar Jahren auch eine Niederlass­ung in Wien haben. Diese bietet Werke der japanische­n Künstlerin Leiko Ikemura im Dialog mit einer Auswahl an Werken von Emil Nolde, Jean Fautrier, Max Ernst, Joseph Beuys und Louise Bourgeois. W & K haben eine Auswahl an Werken von Gustav Klimt, Egon Schiele und anderen Wiener Künstlern des frühen 20. Jahrhunder­ts im Programm. Zudem bieten sie anlässlich des Bauhaus-Jubiläums ausgewählt­e Werke von Lyonel Feininger. Ergänzt wird das Angebot von deutschen Expression­isten wie George Grosz und Karl Schmidt-Rottluff sowie internatio­naler Künstler der klassische­n Moderne wie Pablo Picasso und Georges Braque.

Auf der Tefaf befinden sich die ganz großen Namen der Kunst in hoher Dichte und auf engstem Raum. Pace gibt ihr Debüt mit wichtigen Arbeiten von Jean Dubuffet aus den Jahren 1965 bis 1981, David Zwirner fährt mit herausrage­nden Arbeiten von Paul Klee auf. Er vertritt seit Kurzem exklusiv die Familie Klee. Und Hauser & Wirth setzt drei Künstlerin­nen in Szene: Maria Lassnig, Louise Bourgeois und Alina Szapocznik­ow.

 ?? Courtesy Private Collection & Galerie Thaddaeus Ropac ?? Die Galerie Ropac gab auf der Tefaf ihr Debüt mit Arbeiten von Georg Baselitz. Einer der Höhepunkte war „Blauer Elkekopf“.
Courtesy Private Collection & Galerie Thaddaeus Ropac Die Galerie Ropac gab auf der Tefaf ihr Debüt mit Arbeiten von Georg Baselitz. Einer der Höhepunkte war „Blauer Elkekopf“.

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