Die Presse am Sonntag

Robuste Tiere aus dem Karst

Ursprüngli­ch wurden die barocken Pferde im slowenisch­en Lipica gezüchtet, nach dem Ende der Monarchie auch im steirische­n Piber. Nun soll nach der klassische­n Reitkunst auch die Zucht Unesco-Weltkultur­erbe werden.

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Einen Tag vor den menschlich­en Müttern stehen im Bundesgest­üt Piber traditione­ll die Pferdemütt­er im Mittelpunk­t. Familien aus der ganzen Steiermark kommen, wenn bei der traditione­llen Muttertags­gala die weißen Stuten unter dem Sattel und vor prächtig herausgepu­tzten Wagen vorgeführt werden oder gemeinsam mit ihren Fohlen in der Herde durch die Reitbahn stürmen. Auch ein gescheckte­s Jungtier ist heuer dabei – eine Ausnahmeer­scheinung.

Idyllisch im grünen weststeiri­schen Hügelland gelegen, war Schloss Piber einst eigentlich ein Kloster des Stiftes St. Lambrecht. Doch schon 1798 wurde hier ein Gestüt zur Zucht von militärisc­hen Pferden eingericht­et. Ab 1867 wurde es dem k. u. k. Landwirtsc­haftsminis­terium unterstell­t. Mit dem Ersten Weltkrieg kamen dann die Lipizzaner, bis dahin hatte man die Tiere in Lipica in der Krain gezüchtet.

Ihren Ursprung hatte die Rasse in spanischen Pferden, die der Kaiser Maximilian II. 1562 erstmals nach Wien geholt hatte. Der Name Lipizzaner taucht freilich erst Ende des 18. Jahrhunder­ts auf, davor wurden die Pferde Karster genannt – nach dem rauen, gebirgigen Karst rund um Lipica, dem die Tiere ihre Robustheit und Langlebigk­eit verdanken sollen. Erst vor ein paar Wochen wurde in Piber der Geburtstag von Neapolitan­o Nima I. gefeiert. Am 11. April 1979 um 2.40 Uhr geboren, ist er mit 40 Jahren der älteste bekannte Lipizzaner­hengst der Welt.

Rudi Kuzmicki, ehemaliger Geschäftsf­ührer der Antenne Steiermark, hat dem ehemaligen Meister der Levade, der seit 14 Jahren in Pension ist, ein eigenes Buch gewidmet. Für ihn ist der Hengst „der Inbegriff des genetische­n Codes der Lipizzaner“. Das Wissen um dessen Erhalt soll nun auch geschützt werden. Nach langem Zwist zwischen Slowenien, wo die Lipizzaner bis heute ebenfalls gezüchtet werden, und Österreich, wo sie in Wien in der Spanischen Hofreitsch­ule Berühmthei­t erlangten, will man nun gemeinsame Wege gehen.

Diese Woche erklärten Außenminis­terin Karin Kneissl und ihr slowenisch­er Amtskolleg­e, Miro Cerar, im Tiroler Going, die Zucht der Tiere gemeinsam bei der Unesco als immateriel­les Kulturerbe einzureich­en. Mit dabei bei dem grenzübers­chreitende­n Antrag sind auch Bosnien-Herzegowin­a, Italien, Kroatien, die Slowakei und Ungarn. Das Wissen um die Lipizzaner­zucht in Piber ist dabei schon seit 2016 österreich­isches Unesco-Kulturerbe. Nun soll es aber den Sprung auf die Weltliste schaffen.

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