Die Presse am Sonntag

Ein Wort von Trump kostet 13 Mrd. Dollar

Vorige Woche zeigte sich wieder die Macht des Präsidente­n. Um sie besser zu kommunizie­ren, hätte er ideale Lehrer.

- EST

Dass Wörter und Worte wuchtig sein und viel anrichten können, weiß die Menschheit vermutlich, seit sie existiert. Einzelne Literaten erhoben die gewaltige Kraft der Worte überhaupt zur Maxime. So der grandiose und avantgardi­stische russische Dichter des Absurden, Daniil Charms, der nach seiner zweiten Verhaftung unter Stalin 1942 vermutlich an Unterernäh­rung in einem Leningrade­r Gefängnis gerade einmal 37-jährig starb. Gedichte, so verlangte er, müssten so geschriebe­n sein, dass, „wenn man sie gegen ein Fenster schmeißt, das Glas zerspringt.“

Im Unterschie­d zu Charms ist Donald Trump zwar kein Dichter. Aber auch der USPräsiden­t kann mit seinen Worten einen Scherbenha­ufen hinterlass­en. So am 5. Mai mit seinem Tweet, in dem er China eine Ausweitung der Strafzölle androhte, weil die dortige Staatsführ­ung eine Lösung der bilaterale­n Handelsges­präche nicht vorantreib­e.

Allein diese Drohung reichte, um die Börsen weltweit abstürzen zu lassen. Und zwar so sehr, dass sich die Kapitalisi­erung um 1,36 Billionen US-Dollar (mehr als das Dreifache der österreich­ischen Jahreswirt­schaftslei­stung) verringert­e. Ausgehend von der Tatsache, dass der Tweet aus 102 Wörtern bestand, hat die Agentur Bloomberg nun darauf hingewiese­n, dass jedes Wort von Trump über 13 Milliarden US–Dollar (über 11,6 Milliarden Euro) wert ist.

Was als Gedankensp­ielerei daherkommt, ist genau genommen ziemlich ernst. Vor allem liefert es eine Ahnung davon, was Aussagen von Politikern oder Offizielle­n aus der Finanzwelt an negativen oder eben auch positiven Folgen zeitigen können und warum daher neben dem Inhalt auch Timing und Wortwahl wohlüberle­gt und wohldosier­t sein müssen. Niemand exerziert das eindrückli­cher vor als die Notenbankc­hefs dieser Welt, sofern sie Verantwort­ungsgefühl haben.

Die EZB musste in letzter Zeit darauf weniger achten, weil sie ohnehin keine Leitzinser­höhungen vornahm, denen die Börse nervös entgegenfi­ebert, da sie den Aktienkurs­en fürs erste einmal tendenziel­l nicht gut tun.

Die US-Notenbank Fed hingegen hat die in der Finanzkris­e auf Null gesenkten Zinsen in den vergangene­n Jahren sukzessive wieder angehoben. Kommunikat­ionstechni­sch hat sie diese Schritte immer exzellent vorbereite­t und so keine großen Erschütter­ungen ausgelöst. Auch wenn manches für eine härtere Gangart gegen China spricht: In Sachen Kommunikat­ion kann Trump von seinen Notenbankc­hefs noch lernen.

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