Die Presse am Sonntag

Wort der Woche

BEGRIFFE DER WISSENSCHA­FT

- VON MARTIN KUGLER

Die Brennstoff­zelle gibt ein kräftiges Lebenszeic­hen von sich – das Prinzip bringt immer neue Ideen für Anwendunge­n hervor.

Man hat längst den Überblick verloren, wie oft die Brennstoff­zelle schon als Energieque­lle der Zukunft gefeiert und dann wieder schubladis­iert wurde. Nun gibt es einen neuen Anlauf: Der Autozulief­erer Bosch will binnen drei Jahren eine Brennstoff­zelle anbieten – und zwar als Ergänzung zu oder sogar anstatt von Batterien in Elektroaut­os. Das Kalkül: Bei Lithium-Akkus sind asiatische Hersteller weit vorn, mit Brennstoff­zellen könnte die europäisch­e Autoindust­rie wieder punkten.

In Brennstoff­zellen wird eine energierei­che Substanz, meist Wasserstof­f, mit Sauerstoff oxidiert – ähnlich wie beim Verbrennen, nur ohne Flamme. Die frei werdende Energie kann als elektrisch­er Strom abgeleitet werden, wenn man Elektroden und zwischen den Reaktionsk­ammern eine Membran einfügt, die nur manche Moleküle durchlässt und die Ladungen trennt. Die Membranen sind das Problem: Sie sind nicht ausreichen­d billig und langzeitst­abil – trotz aller Forschungs­bemühungen.

Das Grundprinz­ip der Brennstoff­zelle – die Umwandlung von chemischer in elektrisch­e Energie – bringt laufend neue Ideen hervor. Von einer solchen berichtete­n diese Woche bulgarisch­e Forscher am Rande einer Konferenz über Dürre im Donauraum an der TU Wien: Sie stellten eine „plant sediment microbial fuell cell“(PSMFC) vor, die auf Stoffwechs­elaktivitä­ten von Bakterien im Wurzelraum von Pflanzen beruht. Die Mikroorgan­ismen bauen Ausscheidu­ngen der Pflanzen ab, dabei bildet sich nahe der Oberfläche (wo viel Sauerstoff zugegen ist) ein Bereich, in dem positive Ladungen überwiegen, weiter unten gibt es einen Überschuss an negativen Ladungen (Elektronen). Getrennt werden diese Zonen nur durch das Erdreich dazwischen. Mit zwei Elektroden in unterschie­dlichen Tiefen kann man die Ladungen ableiten – eine elegante Methode, um Sonnenener­gie auf biologisch­e Weise in Elektrizit­ät zu verwandeln.

Im Labor funktionie­rt dies bereits gut. Und es hat Fantasie. Zum Beispiel bei einer Pflanzenkl­äranlage, in der Abwasser durch das Wurzelsyst­em von Pflanzen geleitet wird. Dort lebende Bakterien bauen die Verunreini­gungen ab, die dabei frei werdende Energie könnte man mit Elektroden ableiten: Man hätte dann eine Kläranlage, die gleichzeit­ig „grünen“Strom produziert. Eine andere neue Idee betrifft Feuchtgebi­ete – die für den Artenschut­z so wichtig sind: Wenn man bei der Renaturier­ung z. B. von Feuchtwies­en Elektroden integriert, hätte man zusätzlich zum Naturschut­zaspekt auch einen wirtschaft­lichen Nutzen.

Der Autor leitete das Forschungs­ressort der „Presse“und ist Chefredakt­eur des „Universum Magazins“.

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