Die Kunst unserer Zeit
Die Biennale-Hauptausstellung darf man heuer nicht verpassen.
Mit nur 79 Künstlerinnen und Künstlern, ungewöhnlich wenigen, bespielt der US-Kurator Ralph Rugoff, der sonst die Hayward Galerie in London leitet, beide traditionellen Orte der Hauptausstellung: „Vorschlag A“, „Vorschlag B“nennt er das lakonisch, es geht ihm darum, zu zeigen, dass Künstler mindestens zwei Seiten haben, dass sie in ihren Arbeitsweisen ergebnisoffen sind und uns als Betrachter dadurch auch ein wenig offener machen sollten.
Viel mehr will er uns ideologisch gar nicht aufdrücken, sehr angenehm. Das Motto „Lasst uns in interessanten Zeiten leben“spiegelt seinen Zugang wider – denn, ob das Fluch ist oder Segen, jedenfalls ist es kein chinesischer, als welchen ihn Politiker über die Jahrzehnte immer wieder zitierten. Vorsicht also bei kulturellen, gesellschaftlichen und geschlechtlichen Zuschreibungen; es gibt hier besonders viele Frauen, besonders viele auch aus Asien und Afrika. Auch technisch ist hier alles möglich: Viel Malerei, viel Skulptur, aber auch viel Neue Medien, virtuelle Welten und sogar das Hologramm des Max-Ernst-Kriegsengels, mein besonderer Liebling im Zentralpavillon in den Giardini von Cyprien Gaillard.
Die einzige aus Österreich stammende Künstlerin, die Rugoff aussuchte, ist übrigens die aus der queeren Kunstszene kommende Ulrike Müller, 1971 in Brixlegg geboren und in New York lebend. Sie zeigt u. a. modernistisch-abstrakte Teppichbilder mit Stöckelschuhen darauf, die sie in Mexiko hat weben lassen. Womit man sonst darauftritt, wird hier als Inhalt abgebildet. Besonders schön sind ihre intimen, kleinen Keramikbilder mit Formen, die sich aneinander zu schmiegen vermögen.