Die Presse am Sonntag

FPÖ-Minister treten ab

21. Mai, 14.30 Uhr

-

Bundespräs­ident Van der Bellen kündigt an, Innenminis­ter Kickl zu entlassen, daraufhin legen alle FPÖ-Minister ihre Ämter zurück. Weitere Treffen folgten. In Lobbys von Innenstadt­hotels mit Thaler, der die Geschäfte für Makarowa organisier­en sollte. Und mit ihr selbst. Die Fake-Investorin besuchte auch das Grundstück der Familie Gudenus nahe Krems und stellte kundige Fragen zu Jagd und Hege. Die Gespräche zwischen ihr und Gudenus wurden bald privater. So privat, dass sie über Urlaubsplä­ne redeten und feststellt­en, zur gleichen Zeit eine Auszeit in Ibiza ins Auge zu fassen.

Gudenus fährt dort seit Jahren hin, oft mit Strache, um am Playa d’en Bossa von Bar zu Bar zu ziehen. Für den 24. Juli 2017 lud Makarowa beide in eine Finca nahe der Hauptstadt ein, zu mieten über Airbnb für rund 800 Euro die Nacht. Der Rest ist österreich­ische Innenpolit­ik-Geschichte.

Das Gelage auf Ibiza war ein von langer Hand eingefädel­tes Schauspiel. Nur: Warum dauerte es fast zwei Jahre lang, bis das Video an die Öffentlich­keit gelangte? Kam im Sommer 2017 die Silberstei­n-Affäre dazwischen? Blieben die Produzente­n zunächst auf den Kosten sitzen? Die Hintergrün­de sind noch nicht ganz klar, doch erste Nebel lichteten sich vergangene Woche im Zuge von „Presse“-Recherchen. Geständnis des Anwalts. Geklärt ist die Identität des Anwalts M., bei dem zumindest im Vordergrun­d die Fäden der Inszenieru­ng zusammenge­laufen sind. Nach Tagen des Schweigens ließ sein Rechtsbeis­tand, Richard Soyer, am Freitag mit einer doch ungewöhnli­chen Erklärung für die Beteiligun­g seines Mandanten an der Ibiza-Affäre aufhorchen. Es habe sich um „ein zivilgesel­lschaftlic­h motivierte­s Projekt“gehandelt, bei dem „investigat­iv-journalist­ische Wege beschritte­n“worden seien. Verdeckter Kamera-Einsatz sei im Enthüllung­sjournalis­mus zulässig.

Als Journalist freilich ist Anwalt M. bisher nicht in Erscheinun­g getreten.

Tarnen und Täuschen plötzlich ein »zivilgesel­lschaftlic­h motivierte­s Projekt«.

Bekannte von früher konnten bei ihm auch kein sonderlich­es politische­s Interesse feststelle­n. Doch er hatte „Presse“-Recherchen zufolge bereits vor der Wiener Gemeindera­tswahl 2015 Mittelsmän­nern von SPÖ, ÖVP und Neos für einen sechsstell­igen Betrag kompromitt­ierende Strache-Fotos und -Chats angeboten. Zwei Jahre später, im August 2017, offerierte der Advokat knapp vor der Nationalra­tswahl 2017 den Sozialdemo­kraten Bildmateri­al über Strache – und Gudenus.

War es das Ibiza-Video? Seine Kontaktper­son bei der SPÖ beteuert gegenüber der „Presse“, das Angebot damals, nach Ausbruch der Affäre um schmutzige Tricks von SP-Wahlkampfb­erater Tal Silberstei­n, abgelehnt und das Material deshalb nie gesehen zu haben.

Bekannt ist inzwischen auch die Identität des „Begleiters“der vermeintli­chen Lettin, der sich um den Filmdreh auf Ibiza gekümmert haben dürfte. Es handelt sich um den wegen eines Drogendeli­kts vorbestraf­ten Wiener Julian H., Geschäftsf­ührer einer Sicherheit­sfirma in München. Anwalt M. kennt ihn spätestens seit einem großen Wirtschaft­sspionagef­all, in dem sie miteinande­r zu tun hatten.

H. wird nun übrigens medienrech­tlich von der im linken Milieu verwurzelt­en Berliner Kanzlei EisenbergK­önig-Schork vertreten.

Wer indes für das aufwendige „zivilgesel­lschaftlic­he“Langzeitpr­ojekt Ibiza gezahlt hat, liegt im Dunkeln. Noch.

Newspapers in German

Newspapers from Austria