»Stabilität auch mit Expertenregierung«
Kann die FPÖ Sebastian Kurz noch vertrauen? Neo-Parteichef Norbert Hofer hält eine weitere Zusammenarbeit für »nicht ganz einfach.« Heinz-Christian Strache habe nicht vor, in die Politik zurückzukehren.
Herr Bundesparteiobmann, wie ja jetzt Ihre korrekte Bezeichnung ist . . . Norbert Hofer: Ungewohnt ist das. Es war nicht Teil meiner Lebensplanung. Was spricht eigentlich noch dafür, Bundeskanzler Kurz das Vertrauen auszusprechen? Wir werden die Entscheidung am Montag in der Klubsitzung treffen. Die Dinge sind so im Fluss – es wäre unklug, sich unter Druck setzen zu lassen. In solchen Zeiten ist es wichtig, Nerven aus Stahl zu haben. Es gibt gute Gründe dafür, die Regierung bestehen zu lassen. Stabilität, zum Beispiel. Das einzige, das für das Vertrauen in Kurz spricht, ist also Stabilität? Es gäbe auch Stabilität mit einer Expertenregierung, da mache ich mir keine Sorgen. Die Verfassung sichert uns ab: Es gibt ein Machtgleichgewicht durch das Parlament, die Regierung, den Präsidenten etc. Die großen politischen Visionen werden ohnehin nicht umgesetzt. Dafür bräuchte die Regierung eine Mehrheit im Parlament. Und jetzt haben wir ein freies Spiel der Kräfte. Dann spricht aus Ihrer Sicht gar nichts dafür, Sebastian Kurz an der Macht zu lassen. Es könnte auch sein, dass eine sehr einseitig besetzte Regierung mehr Probleme bereitet. Das wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Am Montag werden wir eine Entscheidung fällen. Ist es für die FPÖ denkbar, während der Abstimmung aus dem Saal auszuziehen? Nein, in so einer Phase drückt man sich nicht vor einer Entscheidung. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil von der SPÖ vermutet, dass Kurz das Misstrauensvotum provoziert. Sie auch? Davon bin ich nicht überzeugt. Ich glaube vielmehr, dass Kurz davon ausgegangen ist, die FPÖ könnte wie im Jahr 2002 reagieren: Nachgeben, dann innere Spannungen erzeugen bis hin zur Spaltung, dann könnte er mit einer geschwächten FPÖ wieder regieren. Das funktioniert mit mir aber nicht. Fürchten Sie, Kurz könnte sich nach einem Misstrauen in der Märtyrerrolle profilieren? Wir könnten nach dieser Überlegung auch in die Märtyrerrolle schlüpfen. Die Opferrolle ist der FPÖ ja nicht so fremd. Ich halte nichts davon. Politiker müssen Stärke zeigen, nicht Schwäche. Ich war nie Opfer und will es auch nie sein. Wird aus Ihrer Sicht jemals wieder eine Zusammenarbeit mit Sebastian Kurz möglich? Das wäre nicht ganz einfach. Im „Kurier“sagten Sie, Sie hätten vom Ibiza-Video von Kurz erfahren. Mit dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatten Sie den ganzen Freitag keinen Kontakt. Ist die Gesprächsbasis so schlecht? Nein, wir haben eine gute Gesprächsbasis gehabt. Ich glaube nur, es war ihm sehr unangenehm, deswegen hat er mich nicht informiert. Aber man muss zwei Dinge betrachten: Das eine ist der Inhalt des Videos, die Aussagen – ein Fehler. Strache hat sich auch dafür entschuldigt. Das andere ist ein Angriff auf den Staat von außen, ein krimineller Akt. Was wäre, wenn das jedem von uns passiert? Da muss sich ein stabiler Rechtsstaat wehren. Müssten Sie sich als Neo-Parteichef nicht auf die Inhalte konzentrieren? Ich habe mich sehr viel damit auseinandergesetzt. Das, was im Video über Bauaufträge gesagt wird, hat mir die größten Kopfschmerzen bereitet. Ich habe meine Nachfolgerin im Infrastrukturressort, Valerie Hackl, gebeten, die Aufträge zu prüfen. Ich habe nie auf einen Bauauftrag Einfluss genommen. Johann Gudenus ließ sich vor Ibiza Pass und Zahlungsbelege der angeblichen Lettin zei