Die Presse am Sonntag

NORBERT HOFER

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FPÖ-Chef über das Ibiza-Video

Seit einer Woche

ist Norbert Hofer Parteichef der FPÖ. Der 48-jährige Burgenländ­er übernahm Sonntagabe­nd den Vorsitz von Heinz-Christian Strache, der nach dem Ibiza-Video zurücktrat.

Seit Mittwoch

ist Hofer offiziell nicht mehr Verkehrsmi­nister. Das gesamte FPÖ-Regierungs­team zog sich zurück. Eineinhalb Jahre lang führte er zuvor das Infrastruk­turressort. Von 2013 bis 2017 war Hofer Dritter Nationalra­tspräsiden­t. Bekannt wurde er hauptsächl­ich im – sehr langen – Präsidents­chaftswahl­kampf. gen, nachher hatte er mit ihrem Begleiter Kontakt. Es wurde auch eine gemeinsam vereinbart­e Aussendung verschickt. Wie konnte das so lange unbemerkt geschehen? Ich kann nur sagen: Unter meiner Obmannscha­ft gibt es so etwas nicht. Ich lege auch größten Wert drauf, dass es einen korrekten Umgang mit der vierten Macht im Staate gibt. Als FPÖ-Chef haben Sie jetzt die Verantwort­ung über die gesamte Partei. Aus dem Video ergeben sich zwei Überlegung­en. Entweder es reichen alkoholisc­he Getränke aus, damit zwei Spitzenfun­ktionäre über die Orb´anisierung der Medienland­schaft, Wasserverk­auf und Bauaufträg­e spekuliere­n. Ja, das ist alles nicht in Ordnung. Oder aber es gab große Überlegung­en dahinter. Sowohl vor als auch nach dem Treffen hatte Gudenus Kontakt. Man muss sich doch fragen: Ist es System in der FPÖ? Strache hat sich mir gegenüber nie so geäußert, wie es im Video der Fall war. Ich weiß nicht, was da im Spiel war. Er hat sich entschuldi­gt. Auch ich sage, das ist nicht akzeptierb­ar. Ich habe die Verantwort­ung, dass ich als Obmann der Partei meinen Stempel aufdrücke. Man soll mich bitte daran messen, wie die FPÖ in zwei Jahren aussieht. Trotzdem werden Sie an Aufklärung des Falls interessie­rt sein? Ja, und was ist aufzukläre­n? Einerseits die Bauaufträg­e. Das betrifft mich persönlich, da kann ich sofort sagen: Da ist nichts dran, das soll bitte auch geprüft werden. Und was den Umgang mit Medien betrifft: Was Strache gesagt hat, Stichwort Benko, ist auf einer anderen Seite passiert. Nicht bei der FPÖ. Ich habe Herrn Benko nie getroffen. Sprechen Sie die ÖVP an? Benko hat gerade einen Teil der „Krone“übernommen. Getroffen haben ihn Vertreter der ÖVP. Ein Thema ist auch eine angedachte illegale Parteienfi­nanzierung. Bei Vereinen habe ich keine Zugriffsmö­glichkeit, weil sie nicht zur FPÖ gehören. Aber in jenen Vereinen, in denen Freiheitli­che aktiv sind, möchte ich Prüfberich­te sehen. Ich werde auch die Parteifina­nzen prüfen. Die Frage ist: Gab es von diesen Vereinen Geldflüsse an die FPÖ? Das ist offenbar nicht der Fall. Die Frage ist auch: Haben Vereine Sachspende­n getätigt, die der FPÖ zugute kamen? Auch das muss überprüft werden. Wie denn? Man muss sich ansehen, ob es Zuwendunge­n an die Partei gab: Wurde Personal gestellt, wurden Sach- oder Geldspende­n getätigt? Das dürfte nicht der Fall sein, ich lasse es aber gerade prüfen. Ich glaube, jetzt ist auch die Chance da, um Großspende­n ab 3500 Euro insgesamt zu untersagen. Rechnungsh­of-Präsidenti­n Margit Kraker will, dass parteinahe Vereine Spenden und Spender an den Rechnungsh­of melden. Wenn das so einfach wäre. Was wäre denn ein parteinahe­r Verein? Ein Sportklub, in denen sich Freiheitli­che engagieren, zum Beispiel, nicht. Meine Überlegung ist: Egal, welcher Verein, welche Vorfeldorg­anisation, welches Personenko­mitee eine Partei unterstütz­t: Leistungen für die Partei müssen in die Wahlkampfk­ostenoberg­renze von sieben Millionen Euro miteinbere­chnet werden. Der Rechnungsh­of kann aber schwer prüfen, ob ein Verein etwas nicht gemeldet hat. Wie genau die Prüfung umschifft wird, beschreibt Strache ja auch im Video. Das möchte ich unterbinde­n. In einem Wahlkampf wird ja offensicht­lich, wer welche Partei unterstütz­t. Diese Zuwendunge­n müssen geprüft werden und in die Obergrenze einfließen. Die Obergrenze­n werden regelmäßig überschrit­ten, trotz Strafzahlu­ngen. Viele Experten halten die Sanktionen für zahnlos. Es gab schon eine sehr negative Berichters­tattung. Aber das ist ja keine Sanktion. Für einen Politiker ist das eine ordentlich­e Sanktion. Die rechtsextr­emen Identitäre­n haben am Freitag einen Vorzugssti­mmenwahlka­mpf für Strache bei der EU-Wahl begonnen. Wie bewerten Sie das? Diese Gruppe ist mir sowas von gleichgült­ig. Ich habe schon im Präsidents­chaftswahl­kampf gesagt: Ich will mit dieser Gruppe nichts zu tun haben. Ich halte es auch weiterhin so. Ist es ausgeschlo­ssen, dass Heinz-Christian Strache zurückkomm­t – in welcher Funktion auch immer? Er hat sich von allen politische­n Funktionen zurückgezo­gen, ist aber weiterhin politisch interessie­rt. Er hat aber nicht vor, politisch zurückzuko­mmen. In einer Videobotsc­haft sagte er am Freitag: „Keinem Politiker sind Gedankensp­iele fremd, in denen er über Mittel nachdenkt, die Ziele seiner Partei zu verwirklic­hen, Medienpopu­larität zu steigern.“Und: „Die Gedanken sind frei.“Klingt das nach einer Entschuldi­gung? Nein, entschuldi­gt hat er sich in anderen Sätzen, die zuvor gefallen sind. Relativier­t das die Entschuldi­gung nicht? Er ist ja kein Funktionär meiner Partei, das müssen Sie ihn fragen. Das ist gerade schwierig. Er hat seine Aussagen auch als „b’soffene Geschichte, Macho-Gehabe“erklärt. Er hat es damit sehr genau beschriebe­n. Es ist ihm auch unheimlich peinlich. Aber wenn jeder in seinem Leben zurückdenk­t an irgendwelc­he Stunden, wo er Schwäche gezeigt und Blödsinn gemacht hat, und er wäre dabei gefilmt worden: Halleluja. Haben Sie auch schon betrunken die Orb´anisierung der Medien gefordert und Aufträge gegen Wahlhilfe in Aussicht gestellt? Nein. Aber trotzdem; ich bin Christ, und da heißt es so schön: Urteile nicht, damit über dich nicht geurteilt wird. Worauf die Frage abzielt: Sind Alkohol und Machotum das Problem, oder die Überlegung­en dahinter? Wenn die Überlegung­en im Video ernsthaft gewesen wären, dann hätte Heinz-Christian Strache mich zumindest einmal im Verkehrsmi­nisterium angesproch­en, ich möge doch schauen, wer Aufträge bekommt. Das hat er nie gemacht. Er hat Sie ja auch nicht über das Video informiert. Das ist richtig. Wenn er gewollt hätte, hätte er anrufen können: Die Milliarden­aufträge waren bei mir.

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