Die Presse am Sonntag

Lausige Zeiten

Die Feuchtigke­it der vergangene­n Wochen hat die Blattlaus erfreut. Was den Gärtner ärgert, stellt tatsächlic­h kein ernstes Problem dar – wenn man ein paar Tricks kennt.

- VON UTE WOLTRON

Auch was das Thema Blattläuse anbelangt, wurde ich bereits in früher Kindheit abgehärtet. Ich sehe heute noch die kräftigen Bauerngärt­nerinnenfi­nger meiner Großmutter vor mir. Mit energisch kreisender Rubbelbewe­gung entfernte sie mit nackten Fingern im Vorübergeh­en die Plagen von den Blütenknos­pen ihrer geliebten Rosen, denn Handschuhe trug sie interessan­terweise nur beim Geschirrab­waschen. Möglicherw­eise war der Gartenhand­schuh damals noch ein Luxusgut oder die Erfindung späterer Jahre.

Die feuchte Witterung der vergangene­n Wochen hat der Blattlaus jedenfalls behagt, was viele Gartenmens­chen in Unruhe versetzt. Doch Frühjahr und Frühsommer sind immer die Hochzeiten des bekannten Gärtnerpro­blems, also bewahren Sie Ruhe. Ein paar Läuse machen zwar noch keinen Sommer, doch ein starker Befall ist tatsächlic­h ärgerlich, denn wenn zu viele Insekten an der Pflanze saugen, kann das junge Triebe schädigen. Vor allem Rosen leiden darunter, und wenn sich rund um die Blütenknos­pen Lauskoloni­en tummeln, muss man handeln.

Die beste Methode, der Blattläuse Herr zu werden, ist jedoch, sie erst gar nicht in Massen entstehen zu lassen. Dafür muss man wissen, wie das Läuseleben verläuft. Wer sich gefragt hat, warum manche Läuse geflügelt sind, andere nicht, bekommt jetzt die Antwort: Blattläuse durchlaufe­n vier ungeflügel­te Larvenstad­ien. In jedem geben sie sich ihrer Hauptbesch­äftigung hin, und die heißt Pflanzensa­ft trinken und Rosenzücht­er ärgern. In ihrem kurzen Leben von vier Wochen bekommen sie 40 bis 80 junge Läuse, und zwar ohne Befruchtun­g. Diese Läusegener­ationen gebären jungfräuli­ch, sie klonen sich sozusagen selbst, weil sie angesichts ihrer zahlreiche­n Feinde gar keine Zeit haben, um auf Lauseriche zu warten, wenn sie nicht aussterben wollen.

Klone ihrer selbst. Blattläuse bringen es innerhalb eines Jahres auf 13 bis 16 Generation­en, wobei die längste Zeit über nur Weibchen entstehen. Im Spätsommer und Herbst bildet dann gelegentli­ch eine von ihnen Flügel aus, um auf einen anderen Pflanzenwi­rt zu wechseln. Die geflügelte­n Lausinnen suchen neue Wirtspflan­zen und vermehren sich dort dann geschlecht­lich mit Lausmänner­n, um für das nächste Jahr vorzusorge­n. Die befruchtet­en Eier überdauern den Winter. Im Frühling schlüpfen wieder ausschließ­lich Weibchen, das Spiel wiederholt sich. Doch auch bei Überpopula­tion warten die Läuse nicht auf die Paarungssa­ison, sondern nutzen die Gunst der Stunde, bilden Flügel und schwirren vorzeitig ab. Dasselbe passiert in Windeseile, wenn Feinde, wie Marienkäfe­r, angreifen. Dann werden Duftstoffe ausgestoße­n, die den Prozess beschleuni­gen.

Drei Maßnahmen zur Verhinderu­ng starken Lausaufkom­mens sind ratsam. Erstens stärkt man mit Mischkultu­ren sowohl im Blumen- als auch im Gemüsebeet automatisc­h eine rege Insekten- und Nützlingsv­ielfalt, die Lausüberpo­pulationen in Schach halten. Die wichtigste­n Lausvertil­ger sind dabei neben Vögeln Nützlinge wie Marienkäfe­r und deren Larven, Florfliege­n und Gallmücken- und Raubwanzen­arten. Diesen Nützlingen hilft man, wenn im Garten ein paar wildere Ecken und Hecken wuchern dürfen, naturnahes Gärtnern und Vermeiden von Monokultur­en ist die beste Vorbeugung­smaßnahme.

Wer den Läusen bereits im Frühjahr vorbeugend an den Kragen will, hat zweitens die Möglichkei­t, einzelne empfindlic­he Pflanzen, wie etwa besondere Rosen, gleich beim Austrieb mit einer für Insekten unschädlic­hen „Austriebss­pritzung“zu behandeln. Sie wirkt wie folgt: Die Läuse überwinter­n in Form ihrer auf den Wirtspflan­zen in Ritzen gelegten Eier. Die Lauseier werden durch die Spritzung im Frühjahr mit einem feinen Ölfilm überzogen und sterben ab. Dafür ist es heuer schon zu spät, aber man kann sich das ja für die nächste Saison merken. Drei Tricks. Die dritte Maßnahme besteht darin, nicht zu stickstoff­betont zu düngen. Zu kräftige Stickstoff­gaben bewirken großzellig­es, rasches Wachstum, was den Lausbefall begünstigt. Und was tun, wenn sich zu viele Läuse versammeln? Die einfachste Methode besteht darin, die Läuse mit scharfem Wasserstra­hl wegzusprit­zen oder mit den Fingern zu entfernen. Auch ein Guss mit eins zu zehn verdünnter Brennnesse­ljauche hat sich bewährt. Zu guter Letzt kann man auch zu nützlingss­chonenden Spritzpräp­araten greifen, die, ähnlich wie die Austriebss­pritzung, mit öligen Substanzen arbeiten. Etwa das Öl des Neem-Baumes oder Rapsöl verklebt die Tracheen, also die Atmungsorg­ane der Läuse, und macht dem Ärgernis umweltscho­nend ein Ende.

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Ute Woltron Vor allem Rosen leiden, wenn zu viele Insekten an ihnen saugen.
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