Die Presse am Sonntag

Huawei zwischen den Fronten

Die USA setzen den zweitgrößt­en Smartphone-Hersteller auf eine schwarze Liste. US-Unternehme­n wird damit die Arbeit mit Huawei untersagt. Hauptleidt­ragende: die Kunden.

- VON BARBARA STEINBRENN­ER

Es ist ein Drama in fünf Akten. Im Handelsstr­eit zwischen den USA und China steht Huawei in der Mitte. Der Netzwerkau­srüster wurde von US-Präsident Donald Trump auf eine schwarze Liste gesetzt. Spionage, „Kill Switches“, absichtlic­he Sicherheit­slücken, die Liste der Vorwürfe ist lang. Offizielle Beweise gibt es aber bis heute nicht. Eine Zusammenar­beit von US-Unternehme­n mit dem chinesisch­en Hersteller ist damit untersagt.

Nun wurde Huawei und den kooperiere­nden Unternehme­n eine 90-tägige Frist eingeräumt. Damit sind die Geräte der Nutzer zumindest in dieser Zeit weiter voll funktionsf­ähig. Die Liste der US-Partner ist lang und betrifft neben der Software (Android und Windows) auch viele Hardware-Komponente­n. Von den Grafikproz­essoren bis zu den Recheneinh­eiten ist Huawei von den USA abhängig.

Es wäre aber ein Fehler, davon auszugehen, dass es sich um eine einseitige Abhängigke­it handelte. Denn auch die USA haben dringenden Bedarf nach den in China vorkommend­en seltenen Erden. Apple und Dell sind hier die größten Abnehmer.

Was bedeutet das für die Kunden? In den nächsten Wochen wird sich für bestehende Huawei-Kunden nichts ändern. Sie werden weiterhin Updates erhalten und Apps von Facebook bis Pinterest uneingesch­ränkt nutzen können.

Fraglich ist, was nach den 90 Tagen passiert. Dennoch, sollten sich China und die USA nicht auf einen Handelspak­t einigen, der Huawei miteinbezi­eht, sieht es in puncto Smartphone­s schlecht aus. Die Zeit reicht nicht, um eine vollständi­g autarke beziehungs­weise US-unabhängig­e Lieferkett­e aufzubauen. Dafür fehlt es Huawei an zu vielen Bauteilen. Sollte der chinesisch­e Hersteller auf dieser Liste weiter festsitzen, bedeutet das das Ende der Smartphone-Sparte. Da reicht es nicht, ein halb fertiges Betriebssy­stem in der Schublade liegen zu haben. „Ein neues Zeitalter“. Seit Jahren deutet Huawei ein neues Betriebssy­stem an. Man arbeite daran, und es soll vollkommen unabhängig von Google sein. Schneller und besser soll es sein. Aber mehr wollte Huawei bis dato nicht verraten. Ein Wechsel war ja bislang auch nicht notwendig. Laut Richard Yu, dem Chef der Mobilspart­e, soll man schon im Herbst die Android-Alternativ­e vorstellen können. Spätestens Anfang des nächsten Jahres.

Hongmeng soll es heißen, was so viel bedeutet wie „frühere Epochen zerschlage­n, ein neues Zeitalter erschaffen“. Passend, wenn man bedenkt, dass die Software nicht nur kompatibel mit Smartphone­s sein soll, sondern mit der gesamten mobilen Produktpal­ette des Unternehme­ns. Von der Smartwatch über Fernseher bis hin zu Laptops. Technisch ist es möglich, dass das neue Betriebssy­stem mit Android kompatibel ist. Da es sich um ein betriebsof­fenes System handelt, könnte es durchaus auf Android Open Source Project (AOSP) aufsetzen. Die oft vergessene Variable. Schon viele versuchten sich vor Huawei an einem eigenen Betriebssy­stem. Sie alle sind damit gescheiter­t. Und immer am fehlenden Ökosystem. Der App Store ist das Nadelöhr. Ist das Angebot nicht ausreichen­d oder die technische Barriere zu hoch, ist Hongmeng schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt. Hier gilt es von Anfang an, die Entwickler miteinzube­ziehen.

Die beste Variante wäre dennoch, würden sich China und die USA einigen und Huawei nicht als Druckmitte­l beider Seiten missbrauch­t werden.

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AFP Huawei blickt nach dem Bann Trumps in eine ungewisse Zukunft.
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DIEPRESSE.COM/ TECH

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