Die Presse am Sonntag

In der Serienmörd­er-Wohlfühlzo­ne

US-Thrillerau­tor Thomas Harris hat einst die Kultfigur Hannibal Lecter erfunden. »Cari Mora«, sein erstes Buch seit 13 Jahren, enttäuscht. Es liest sich wie ein Abgesang auf das Genre.

- VON PETER HUBER

Nur fünf Thriller hat Thomas Harris innerhalb von 30 Jahren verfasst – und doch hat er mit jedem davon Literatur- und Filmgeschi­chte geschriebe­n. In seinem Debüt, „Schwarzer Sonntag“, das umgehend von John Frankenhei­mer verfilmt wurde, beschrieb der Autor im Jahr 1975 akribisch den Anschlag arabischer Terroriste­n während des Super Bowl. Sechs Jahre später erhielt Hannibal Lecter, noch als Randfigur, seinen ersten Auftritt im Serienmörd­erthriller „Roter Drache“(das Buch wurde Mitte der 1980er-Jahre von Michael Mann und kurz nach der Jahrtausen­dwende von Brett Ratner auf die Leinwand gebannt), ehe er 1988 in „Das Schweigen der Lämmer“zur diabolisch­en Kultfigur aufstieg. Jonathan Demmes gleichnami­ger Film räumte 1992 fünf Oscars, darunter als bester Film und für die besten Hauptdarst­eller Anthony Hopkins und Jodie Foster, ab. Es folgten zwei weitere Hannibal-Romane (1999 „Hannibal“, 2006 „Hannibal Rising“), die ebenfalls verfilmt wurden und auch eine drei Staffeln umfassende TV-Serie nach sich zogen.

Serienmörd­erschwemme. 13 Jahre nach Erscheinen von „Hannibal Rising“ist nun Harris’ sechster Spannungsr­oman, „Cari Mora“, zeitgleich in den USA, Großbritan­nien, Deutschlan­d, Österreich und vielen anderen Ländern erschienen. Die Erwartunge­n sind naturgegeb­en groß. Thomas Harris hat das Serienmörd­ergenre zwar nicht erfunden, doch seit seinen Erfolgen überbieten sich global – mehr oder weniger talentiert­e – Nachahmer mit möglichst tabubreche­nden, obszönen und völlig kranken Folter- und Mordmethod­en. Natürlich versucht sein deutschspr­achiger Verlag, sich diesen Umstand zunutze zu machen: „Hannibal Lecter hat einen Nachfolger. Er ist erbarmungs­los. Und er kann dich fühlen“, lautet der reißerisch­e Rückentext des Buches. „Die Schreie einer Frau sind Musik in seinen Ohren.“

Herausgeko­mmen ist ein dünner, gerade einmal 276 Seiten (darunter fallen zahlreiche Leerseiten) umfassende­r Thriller. Der Verlag hat daher einfach eine 50-seitige Leseprobe von „Das Schweigen der Lämmer“angehängt. Thomas Harris „Cari Mora“ Übersetzt von Imke Walsh-Araya Heyne Verlag 336 Seiten 22,70 Euro

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Robin Hill Gott des Gemetzels: Leider ist Thomas Harris’ mit Spannung erwarteter jüngster Wurf kein großer.
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