Die Presse am Sonntag

Der Kampf um Wien

- DO

Die Österreich­erin Alex Beer wird auch mit ihrem dritten historisch­en Krimi, »Der dunkle Bote«, den mittlerwei­le hohen Erwartunge­n an sie gerecht. Aller guten Dinge sind drei: Das gilt auch für die Österreich­erin Alex Beer, deren historisch­e Wien-Krimis aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg mittlerwei­le eine ansehnlich­e Fangemeind­e haben. Auch der dritte Fall für den grantig-herzensgut­en Kriminalin­spektor August Emmerich und seinen feschen Assistente­n Ferdinand Winter wird den Erwartunge­n gerecht.

Im November 1920 befindet sich Wien nicht nur im Griff einer extremen Kältewelle, auch der Friede von Versailles schlägt gnadenlos auf den Alltag der Menschen durch: Hunger, Not, Arbeitslos­igkeit, obdachlose Kriegsvers­ehrte, schutzlose Frauen, hungrige Kinder. All dies bietet nicht nur einen Nährboden für politische Agitatoren, sondern auch für das Verbrechen. Vor allem unter den „Platten“, den Wiener Jugendband­en, steigt die Aggression bedenklich. Das nehmen Emmerich und Winter allerdings zuerst nur am Rande wahr. Vielmehr treiben sie die mysteriöse­n Morde mit ungewöhnli­chen Inszenieru­ngen um. August Emmerich beschäftig­t außerdem ein privates Problem: die Suche nach seiner Lebensgefä­hrtin, Luise, und die offene Rechnung mit deren Mann, dem brutalen Xaver Koch.

Alex Beer beweist auch in „Der dunkle Bote“ein feines Gespür für das Wien der Zwischenkr­iegszeit: Das WienBild ist authentisc­h, der Ton gut getroffen, die Atmosphäre stimmungsv­oll. Auch sonst macht Beer vieles richtig: das Ermittlerd­uo ist sympathisc­h, die Handlung überrascht. Und zu Ende ist diese Geschichte wohl auch noch nicht. Erfreulich­erweise. Alex Beer: „Der dunkle Bote“, Limes, 400 Seiten, 20,60 Euro

Newspapers in German

Newspapers from Austria