Die Presse am Sonntag

»Man sollte jeden Rabatt hinterfrag­en«

Ganz oder gar nicht: Eine datensiche­re Methode, Kundenvort­eile zu kommen, existiert nicht. um an

- AWA

Ein rotes Tuch waren Kundenkart­en für Datenschut­zexperten und Konsumente­nschützer spätestens seit der Digitalisi­erung. Auch Walter Hager, Finanzexpe­rte beim Verein für Konsumente­ninformati­on, warnt: „Der Konsument zahlt die Vorteile, die er versproche­n bekommt, immer mit seinen Daten. Und überall, wo Daten sind, werden sie auch verwendet.“Dabei seien die Ersparniss­e oft gar nicht so groß, wie es auf den ersten Blick scheint. „Ein Rabatt ist im wirtschaft­lichen Sinn eigentlich ein Preisaufsc­hlag: Wenn es keine Rabatte gäbe, müsste der Schnitt der Preise billiger sein“, erklärt er weiter.

Dazu komme, dass der Kunde beim Punktesamm­eln dazu animiert werde, immer beim selben Unternehme­n einzukaufe­n, „und sich gar nicht mehr in andere Supermärkt­e begibt, um die Preise zu vergleiche­n. Es heißt nicht umsonst Kundenbind­ungsprogra­mm.“Was auch gern übersehen wird: Durch Rabatte und Bonusangeb­ote wird der Kunde dazu animiert, mehr von einem teureren Produkt zu kaufen, als er ohne den Anreiz tun würde. „Man sollte jeden Rabatt hinterfrag­en“, rät Hager. Die Datenspur wird größer. Beim neuen Bonusclub Jö ist für Hager vor allem die Verknüpfun­g der derzeit insgesamt elf Unternehme­n problemati­sch. „Der Jö-Club weiß, wann ich tanke, was ich dort kaufe, wo ich mein Frühstück kaufe. Die Daten werden jedenfalls gesammelt, wie sie zusammenge­führt werden, wird man schwer herausfind­en.“Klar sei zumindest: „Wenn ich überall mitmache, wird meine Datenspur natürlich größer.“Ablehnen kann der Kunde aber das sogenannte Kundenprof­iling, so bekommt er dann nicht ausschließ­lich Angebote vorgeschla­gen, die Rückschlüs­se seines bisherigen Nutzungsve­rhaltens ziehen und gezielt Produkte bewerben.

Beim VKI gehen seit dem Start der Jö-Karte Anfang Mai jedenfalls deutlich mehr Beschwerde­n ein als sonst. „Es läuft nicht immer ganz friktionsf­rei ab an der Kassa“, erzählt Walter Hager. Die Kunden würden sich über gewisse Dinge ärgern, etwa darüber, dass das System komplizier­ter ist als frühere Angebote oder dass die Prozente anders berechnet werden. Trotzdem glaubt er, dass der Großteil der Kunden, die schon bisher eine Kundenkart­e bei einem der teilnehmen­den Unternehme­n hatte, auf die neue Sammelkart­e umsteigen wird.

Eine Möglichkei­t, Kundenkart­en datensiche­r zu nutzen, gibt es übrigens nicht. Natürlich kann man einen falschen Namen oder eine falsche Adresse angeben, aber dann erhält man die jeweiligen Informatio­nen und Rabattange­bote ja nicht zugesandt. Und wenn man nicht den eigenen Namen angibt, aber die Adresse, wird das Einkaufsve­rhalten dennoch gespeicher­t. Walter Hager rät trotzdem, möglichst wenig Daten anzugeben. Das Geburtsdat­um oder die Telefonnum­mer zum Beispiel brauche niemand zu wissen.

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