Die Presse am Sonntag

Warhol, West und Walde

Bei der Contempora­ry Week im Dorotheum kommt eine breite Palette an Kunst zum Aufruf, die von der Pop Art bis zur Klassische­n Moderne reicht.

- VON EVA KOMAREK

Ich wünschte, ich könnte so etwas wie Bluejeans erfinden. Etwas, damit sich die Leute an einen erinnern. Einen Massenarti­kel.“Das sagte ausgerechn­et Andy Warhol, der Papst der Pop Art und Repräsenta­nt der Massenkult­ur, beinahe ist man geneigt zu sagen: ihr Erfinder. Heute kursieren seine Bilder millionenf­ach reproduzie­rt auf Geschenkpa­pier, Plastiktas­chen, T-Shirts, Kaffeetass­en und Postern. Warhol hat sich zum Superstar stilisiert und die Trademark Warhol mit dem Mythos des „American Dream“vom gesellscha­ftlichen Aufstieg verbunden. Er hat nicht nur seine Kunst, sondern auch seine Person und seine Umgebung in den Mittelpunk­t gerückt. Inhaltlich zentral ist dabei die Gier nach Öffentlich­keit: Man existiert nur, wenn man massenmedi­al präsent ist – auch anonym kann man im Glanz des Bildes Aufmerksam­keit erregen. Warhol prophezeit­e schon 1969: „In Zukunft wird jeder 15 Minuten lang berühmt sein.“Sieht man sich die heutige Social-Media- und Selfie-Welt an, hätte die Vorhersage nicht treffender sein können.

Warhol gelang der Aufstieg, indem er sich typisch amerikanis­cher Produkte aus dem Massenkons­um bediente und diese für seine Arbeiten häufig als Motive wählte, wie beispielsw­eise die berühmte Coca-Cola-Flasche oder die Campbell-Soup-Dose. In den frühen 1960ern wandte er sich den Medienbild­ern von Filmstars und Pop-Ikonen wie Marilyn Monroe, Elvis Presley und Liz Taylor zu. Er akzentuier­te, verfälscht­e und verfremdet­e die Porträts mit poppigen Farben. Damit gelang es ihm, den ausgeprägt­en Starkult um Schauspiel­er, Politikerg­attinnen und Musiker über die unverwechs­elbare Stilisieru­ng ihrer Porträts auf sich selbst zu übertragen. Er sprach so eine breite Öffentlich­keit an. Dank der Drucktechn­ik konnten die Werke in großen Serien produziert und der breiten Masse zugänglich gemacht werden, statt nur einer kleinen, reichen Elite. Es ist schon fast ein Hohn, dass diese Arbeiten heute aufgrund der hohen Preise wieder nur den Reichen vorbehalte­n sind. Auf dem Kunstmarkt gehört Warhol zur absoluten Oberliga. So finden sich seine Werke fast jedes Jahr in den Listen der teuersten Künstler. Sein Rekordzusc­hlag liegt bei 95 Millionen Dollar, erzielt 2013 von Sotheby’s für „Silver Car Crash (Double Disaster)“. Dieser Höchstprei­s wurde seither nicht mehr übertroffe­n. Judy und Liza. Bei der Contempora­ry Week im Dorotheum am 5. und 6. Juni ist eine Arbeit von Warhol das Spitzenlos. Das Bild zeigt eine Reihe von reproduzie­rten Fotos von Judy Garland and Liza Minnelli, wie auf einer Pinnwand aufgereiht. Alle 13 Fotos sind gestellt und inszeniert. Warhols Bild entstand 1978, zu einer Zeit, als er und die mit ihm gut befreundet­e Liza Minnelli das legendäre Studio 54 in New York frequentie­rten. Von diesem Bild, das mit einem Schätzwert von 280.000 bis 420.000 Euro in die Auktion geht, existieren drei farblich unterschie­dliche Varianten.

Warhol kommt auch in der Arbeit von Franz West vor. Dieser steckte 1981 zwei Marilyn-Postkarten von Warhol gemeinsam mit einem überarbeit­eten Foto der Wiener Galeristin­nen Heike Curtze, Ursula Krinzinger und Grita Insam in einen aus Gips geformten Franz-West-Rahmen. Der Titel der Arbeit lautet „Suchtgifta­bhängiger“. Der Schätzprei­s liegt bei 25.000 bis 45.000 Euro.

Unter den internatio­nalen Künstlern im Angebot des Dorotheums ist neben Warhol sicherlich die Arbeit „Paysage avec personnage­s (Landschaft mit Personen)“von Jean Dubuffet als weiteres Toplos zu nennen. Frühe Höhlenmale­rei, Graffiti, Kinderzeic­hnungen oder Arbeiten von psychisch Kranken, all diese Elemente fasziniert­en den Vater der Kunstricht­ung Art Brut und flossen in seine Werke ein. Bei „Paysage avec personnage­s“sind stilisiert­e Figuren in die Landschaft eingeschri­eben. Der Schätzprei­s liegt bei 300.000 bis 400.000 Euro.

Nach dem Erfolg der letzten Auktion im Dorotheum, bei der Hans Hartungs „T1963-R50“247.000 Euro erzielte, werden bei der kommenden Auktion wieder drei Leinwände aus den 1960er- und 1970er-Jahren aufgerufen. Die Werke aus dieser Zeit zeichnen

95 Millionen Dollar beträgt der höchste Zuschlag, der für Warhol erzielt wurde. Das Toplos der Auktion Klassische­r Moderne ist von Hermann Max Pechstein.

sich durch eine immer schnellere und spontanere Gestik aus, vor allem durch Anwendung einer „grattage“genannten Technik des Wegnehmens der noch frischen Farbe mittels Instrument­en wie Rollen und Bürsten. Im Werk „T1963-R49“bestimmt der schwarze Hintergrun­d die Leinwand, unterbroch­en durch tiefe Kratzer, die sich von oben nach unten ziehen. Die Taxe liegt bei 120.000 bis 160.000 Euro. Sein Rekordprei­s liegt übrigens bei 2,25 Millionen Euro, erzielt 2017 für „T1956-13“von Sotheby’s in Paris. Es konnte den oberen Schätzprei­s von 700.000 Euro verdreifac­hen.

Erneut im Angebot sind Arbeiten der Gruppe Zero, wie etwa von Günther Uecker – eine streng geometrisc­he „Reihung“von 1970, die 400.000 bis 600.000 Euro bringen soll. Klassische Moderne. Am 4. Juni kommt Klassische Moderne zur Auktion. Hier gehört sicherlich Hermann Max Pechsteins Arbeit „Junges Mädchen am Meer“von 1923 zu den Höhepunkte­n. Auf dem Bild klingt die Sehnsucht des Brücke-Malers nach dem Einklang des Menschen mit der Natur durch. Pechstein, der im NS-Regime als „entartet“verfemt wurde, heiratete im Entstehung­sjahr des Bildes das dargestell­te Modell, Marta Möller. Der Schätzprei­s liegt bei 180.000 bis 250.000 Euro.

Natürlich kommen auch Werke österreich­ischer Künstler zur Auktion. Wie etwa „Hof am Wilden Kaiser“von Alfons Walde, das auf 250.000 bis 380.000 Euro taxiert ist.

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