Die Presse am Sonntag

Kritik an Verteilung­splan für Bootsmigra­nten

Berlin und Paris wollen Rom die Hälfte der Ankömmling­e abnehmen und den Rest EU-weit verteilen. An Konsultati­onen mangelt es indes.

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Berlin/Rom/Paris. Eine sich abzeichnen­de Absprache zwischen Frankreich, Deutschlan­d und der neuen Regierung Italiens über die Verteilung von Migranten, die per Schiff italienisc­he Häfen erreichen, sorgt für Irritation­en.

Der deutsche Innenminis­ter, Horst Seehofer, hatte in der „Süddeutsch­en Zeitung“angekündig­t, Deutschlan­d werde 25 Prozent der Bootsmigra­nten übernehmen, um Italien zu entlasten. Zudem berichtete­n italienisc­he Medien, Frankreich werde auch ein Viertel übernehmen und der Rest auf andere EU-Staaten verteilt – genannt wurden Spanien, Portugal, Rumänien und Luxemburg. Italien solle maximal zehn Prozent dieser Menschen „behalten“.

Der Pakt sei noch nicht fix, hieß es. Allerdings sollen bisher nur Frankreich, Italien, Deutschlan­d und Malta in die Beratungen einbezogen worden sein, nicht aber andere EU-Länder, auch nicht die Genannten, von denen es im Vorfeld zumindest Aufnahmesi­gnale gab. Beim Treffen der EU-Innenminis­ter am 23. September auf Malta soll über die Regelung gesprochen werden. In Deutschlan­d kam unter anderem von FDP-Chef Christian Lindner Kritik. Er sprach von einer Belastung für ein Land, das ohnehin überpropor­tional Migranten aufnehme. Asylwerber sollten an der Grenze abgewiesen werden, wenn sie direkt aus EU-Ländern einreisen. Das sei ohnehin geltendes Recht. Weltoffenh­eit und Toleranz seien wichtig, aber der Schutz der Grenzen und des eigenen Staatswese­ns auch.

Ocean Viking durfte anlegen. Ebenfalls am Samstag durften 82 Migranten an Bord des NGO-Rettungssc­hiffes Ocean Viking in Lampedusa an Land. Sie sollen etwa auf Frankreich, Deutschlan­d und Italien verteilt werden. Das sowie Pläne der Mitte-links-Regierung Italiens unter Giuseppe Conte, die strikten Einwanderu­ngsgesetze und Gesetze gegen private Rettungssc­hiffe zu lockern, sorgte für Ärger etwa beim Chef der rechten Lega und Ex-Innenminis­ter, Matteo Salvini: Er sehe „offene Häfen ohne Grenzen“dräuen, twitterte er. Im Verein mit der Quotenrege­lung sehen er sowie Kommentato­ren in Europa die Gefahr, dass ein neuer „Magnet“für illegale Migranten aktiviert würde.

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