IN ZAHLEN
Die Einführung einer CO2-Steuer ist eines der Sachthemen, die den aktuellen Wahlkampf dominieren. Aber werden Treibhausgasemissionen bei uns nicht ohnehin bereits besteuert?
ahrelang war die Bekämpfung des Klimawandels ein Problem, dessen Wichtigkeit zwar von allen Seiten betont wurde, die konkrete politische Debatte drehte sich dann aber doch um andere Themen. Dank des medialen Hypes um eine 16-jährige Schwedin hat sich das geändert. Und auch im heimischen Wahlkampf sind Maßnahmen gegen den Klimawandel plötzlich eines der wenigen Sachthemen, die diskutiert werden.
Zugespitzt wird die Sache dabei meist auf die Frage, ob Österreich eine CO2-Steuer einführen soll. Während Neos, Grüne und Liste Pilz dies eindeutig bejahen, stehen ÖVP und FPÖ, aber auch die SPÖ, einer solchen neuen Umweltsteuer skeptisch bis offen ablehnend gegenüber. Letztere befürchten vor allem eine sozial unausgewogene Belastung von Berufspendlern. Aber auch ein anderes Argument wird häufig ins Treffen geführt: Ist CO2 nicht ohnehin bereits besteuert? Durch spezifische Energiesteuern, die halt andere Namen haben?
Und wirklich. Bis auf das von Flugzeugen benötigte Kerosin gibt es keine Energieform, bei der nicht der Staat mittels einer eigenen Abgabe zuschlägt. Die Mineralölsteuer auf Benzin, Diesel und Heizöl ist dabei nur die bekannteste. Zusätzlich wird auf Gas die Erdgasabgabe, auf Kohle die Kohleabgabe und auf Strom die Elektrizitätsabgabe fällig. In Summe lukrierte der Finanzminister dadurch zuletzt mehr als 5,2 Milliarden Euro im Jahr.
Allerdings sind diese Steuern eher fiskalpolitisch denn umweltpolitisch motiviert. So wurde die Mineralölsteuer bereits 1949 eingeführt und seitdem auch regelmäßig erhöht – das letzte Mal 2011. Die Abgaben auf Gas und Strom wurden indes erstmals 1996 eingehoben – also zu jener Zeit, als die Staatsverschuldung und notwendige Sparpakete ein großes öffentliches Thema wurden. Und die Abgabe auf die besonders klimaschädliche Kohle gibt es erst seit 2004, einem Jahr, in dem zumindest die meisten privaten Kohleöfen hierzulande bereits lang auf dem Schrottplatz gestanden sind.
Elektrizität höher besteuert. Aber auch die Höhe der Abgaben hat kaum umweltpolitische Logik. Das zeigen jüngste Berechnungen des Budgetdienstes im Parlament. Die Experten haben die Energieabgaben auf Euro je emittierter Tonne CO2 umgerechnet (implizite CO2-Steuer). Daraus ergibt sich, dass vor allem Benzin mit einer Steuerbelastung von 225 Euro je Tonne CO2 bereits kräftig belastet ist. Beim Diesel ist es wegen des höheren Brennwertes bei gleichzeitig absolut niedrigerem Steuersatz mit 163 Euro je Tonne deutlich weniger. Am wenigsten zahlt aber, wer Diesel als Heizöl stationär verbrennt – was Experten als besonders unsinnig ansehen. Hier liegt die steuerliche Belastung nur bei 36 Euro je Tonne CO2.
Auf ähnlichem Niveau liegt die Abgabe bei Gas oder der besonders stark CO2-Emissionen verursachenden Kohle. Bei diesen Energieträgern liegt die steuerliche Belastung mit 33 respektive 21 Euro ebenfalls deutlich unter der Belastung von Benzin und Diesel. Aber auch die hierzulande großteils aus erneuerbaren Quellen stammende Elektrizität ist mit einem Wert von 99 Euro je Tonne CO2 viel höher besteuert.
Zahlen also die Autofahrer aufgrund dieser Fakten nicht ohnehin bereits genug? Vor allem der Individualverkehr mit seinem stetig steigenden CO2-Ausstoß gilt ja als Hauptproblem und somit auch wichtigstes Ziel einer neuen CO2-Steuer. „Die Mineralölsteuer ist ja auch eine Abgabe zur Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur“, sagt Karl Steininger, Ökonom an der Uni Graz, der sich auf die volkswirtschaftlichen Effekte des Klimawandels spezialisiert hat. Diese Zielrichtung der Steuer bestehe nach wie vor, auch wenn die direkte Zweckbindung bereits vor Jahrzehnten abgeschafft wurde und für Autobahnen seit Langem Maut entrichtet werden muss.
Zudem verursache der Straßenverkehr in Form von Staukosten, Unfallfolgekosten und eben der Treibhausgaswurde in Österreich die Mineralölsteuer eingeführt. Seitdem wurde sie regelmäßig erhöht, zuletzt 2011.
Milliarden Euro
nahm der Fiskus voriges
Jahr durch Mineralölsteuer, Erdgasabgabe, Kohleabgabe und Elektrizitätsabgabe ein. emissionen zusätzliche volkswirtschaftliche Kosten, die derzeit nicht ausreichend gedeckt seien, so Steininger. „Bei den direkten Kosten für Infrastruktur gibt es bereits eine Überdeckung. Hier quersubventioniert der Pkw den Lkw. Rechnet man aber alle indirekten Kosten hinein, verursacht der Straßenverkehr in Summe jährliche Mehrkosten von elf Mrd. Euro, die von anderen, wie beispielsweise den Krankenkassen, getragen werden müssen.“
Signal an die Verbraucher. Seiner Meinung nach wäre eine zusätzliche Einführung zu den bestehenden Verbrauchssteuern also durchaus zu argumentieren. So wie es heuer in den Niederlanden gemacht wurde, die als zwölftes Land in Europa eine CO2-Steuer eingeführt haben. Ähnlich sieht das Angela Köppl, die sich beim Wifo mit dem Thema Umweltökonomie befasst. „Eine CO2-Steuer sollte in einem ausgewogenen Instrumentenmix eine der Maßnahmen sein.“Schließlich sende sie als Ökosteuer konkrete Signale auf die Verbraucher aus. Allerdings dürfe man die Wirkung einer solchen Steuer auch nicht überbewerten, so Köppl. Sie wirke zwar auf konkrete Verbrauchsentscheidungen, aber nur bedingt auf die Infrastruktur, die diesen Verbrauch maßgeblich beeinflusst.
Bis auf Kerosin gibt es keine Energieform, bei der nicht der Staat zuschlägt. Der Individualverkehr gilt als wichtigstes Ziel einer neuen CO2-Steuer.
Als Beispiel nennt sie die Problematik bei Mietwohnungen, bei denen die Eigentümer Geld in Energiesparmaßnahmen investieren müssten, damit die Mieter weniger Energie verbrauchen. Dafür gebe es derzeit aber keine Anreize. Und auch eine CO2Steuer würde diese nicht bringen. Das sieht auch Steininger so. Fehler der Vergangenheit, wie die oftmals starke Zersiedelung, würden sich ja nicht ändern. Und daher würde es dort auch bei einer Verteuerung nach wie vor viel Individualverkehr geben. Hier helfe nur mehr und intelligenter geplanter öffentlicher Verkehr.