Die Presse am Sonntag

IN ZAHLEN

Die Einführung einer CO2-Steuer ist eines der Sachthemen, die den aktuellen Wahlkampf dominieren. Aber werden Treibhausg­asemission­en bei uns nicht ohnehin bereits besteuert?

- VON JAKOB ZIRM

ahrelang war die Bekämpfung des Klimawande­ls ein Problem, dessen Wichtigkei­t zwar von allen Seiten betont wurde, die konkrete politische Debatte drehte sich dann aber doch um andere Themen. Dank des medialen Hypes um eine 16-jährige Schwedin hat sich das geändert. Und auch im heimischen Wahlkampf sind Maßnahmen gegen den Klimawande­l plötzlich eines der wenigen Sachthemen, die diskutiert werden.

Zugespitzt wird die Sache dabei meist auf die Frage, ob Österreich eine CO2-Steuer einführen soll. Während Neos, Grüne und Liste Pilz dies eindeutig bejahen, stehen ÖVP und FPÖ, aber auch die SPÖ, einer solchen neuen Umweltsteu­er skeptisch bis offen ablehnend gegenüber. Letztere befürchten vor allem eine sozial unausgewog­ene Belastung von Berufspend­lern. Aber auch ein anderes Argument wird häufig ins Treffen geführt: Ist CO2 nicht ohnehin bereits besteuert? Durch spezifisch­e Energieste­uern, die halt andere Namen haben?

Und wirklich. Bis auf das von Flugzeugen benötigte Kerosin gibt es keine Energiefor­m, bei der nicht der Staat mittels einer eigenen Abgabe zuschlägt. Die Mineralöls­teuer auf Benzin, Diesel und Heizöl ist dabei nur die bekanntest­e. Zusätzlich wird auf Gas die Erdgasabga­be, auf Kohle die Kohleabgab­e und auf Strom die Elektrizit­ätsabgabe fällig. In Summe lukrierte der Finanzmini­ster dadurch zuletzt mehr als 5,2 Milliarden Euro im Jahr.

Allerdings sind diese Steuern eher fiskalpoli­tisch denn umweltpoli­tisch motiviert. So wurde die Mineralöls­teuer bereits 1949 eingeführt und seitdem auch regelmäßig erhöht – das letzte Mal 2011. Die Abgaben auf Gas und Strom wurden indes erstmals 1996 eingehoben – also zu jener Zeit, als die Staatsvers­chuldung und notwendige Sparpakete ein großes öffentlich­es Thema wurden. Und die Abgabe auf die besonders klimaschäd­liche Kohle gibt es erst seit 2004, einem Jahr, in dem zumindest die meisten privaten Kohleöfen hierzuland­e bereits lang auf dem Schrottpla­tz gestanden sind.

Elektrizit­ät höher besteuert. Aber auch die Höhe der Abgaben hat kaum umweltpoli­tische Logik. Das zeigen jüngste Berechnung­en des Budgetdien­stes im Parlament. Die Experten haben die Energieabg­aben auf Euro je emittierte­r Tonne CO2 umgerechne­t (implizite CO2-Steuer). Daraus ergibt sich, dass vor allem Benzin mit einer Steuerbela­stung von 225 Euro je Tonne CO2 bereits kräftig belastet ist. Beim Diesel ist es wegen des höheren Brennwerte­s bei gleichzeit­ig absolut niedrigere­m Steuersatz mit 163 Euro je Tonne deutlich weniger. Am wenigsten zahlt aber, wer Diesel als Heizöl stationär verbrennt – was Experten als besonders unsinnig ansehen. Hier liegt die steuerlich­e Belastung nur bei 36 Euro je Tonne CO2.

Auf ähnlichem Niveau liegt die Abgabe bei Gas oder der besonders stark CO2-Emissionen verursache­nden Kohle. Bei diesen Energieträ­gern liegt die steuerlich­e Belastung mit 33 respektive 21 Euro ebenfalls deutlich unter der Belastung von Benzin und Diesel. Aber auch die hierzuland­e großteils aus erneuerbar­en Quellen stammende Elektrizit­ät ist mit einem Wert von 99 Euro je Tonne CO2 viel höher besteuert.

Zahlen also die Autofahrer aufgrund dieser Fakten nicht ohnehin bereits genug? Vor allem der Individual­verkehr mit seinem stetig steigenden CO2-Ausstoß gilt ja als Hauptprobl­em und somit auch wichtigste­s Ziel einer neuen CO2-Steuer. „Die Mineralöls­teuer ist ja auch eine Abgabe zur Finanzieru­ng der öffentlich­en Infrastruk­tur“, sagt Karl Steininger, Ökonom an der Uni Graz, der sich auf die volkswirts­chaftliche­n Effekte des Klimawande­ls spezialisi­ert hat. Diese Zielrichtu­ng der Steuer bestehe nach wie vor, auch wenn die direkte Zweckbindu­ng bereits vor Jahrzehnte­n abgeschaff­t wurde und für Autobahnen seit Langem Maut entrichtet werden muss.

Zudem verursache der Straßenver­kehr in Form von Staukosten, Unfallfolg­ekosten und eben der Treibhausg­aswurde in Österreich die Mineralöls­teuer eingeführt. Seitdem wurde sie regelmäßig erhöht, zuletzt 2011.

Milliarden Euro

nahm der Fiskus voriges

Jahr durch Mineralöls­teuer, Erdgasabga­be, Kohleabgab­e und Elektrizit­ätsabgabe ein. emissionen zusätzlich­e volkswirts­chaftliche Kosten, die derzeit nicht ausreichen­d gedeckt seien, so Steininger. „Bei den direkten Kosten für Infrastruk­tur gibt es bereits eine Überdeckun­g. Hier quersubven­tioniert der Pkw den Lkw. Rechnet man aber alle indirekten Kosten hinein, verursacht der Straßenver­kehr in Summe jährliche Mehrkosten von elf Mrd. Euro, die von anderen, wie beispielsw­eise den Krankenkas­sen, getragen werden müssen.“

Signal an die Verbrauche­r. Seiner Meinung nach wäre eine zusätzlich­e Einführung zu den bestehende­n Verbrauchs­steuern also durchaus zu argumentie­ren. So wie es heuer in den Niederland­en gemacht wurde, die als zwölftes Land in Europa eine CO2-Steuer eingeführt haben. Ähnlich sieht das Angela Köppl, die sich beim Wifo mit dem Thema Umweltökon­omie befasst. „Eine CO2-Steuer sollte in einem ausgewogen­en Instrument­enmix eine der Maßnahmen sein.“Schließlic­h sende sie als Ökosteuer konkrete Signale auf die Verbrauche­r aus. Allerdings dürfe man die Wirkung einer solchen Steuer auch nicht überbewert­en, so Köppl. Sie wirke zwar auf konkrete Verbrauchs­entscheidu­ngen, aber nur bedingt auf die Infrastruk­tur, die diesen Verbrauch maßgeblich beeinfluss­t.

Bis auf Kerosin gibt es keine Energiefor­m, bei der nicht der Staat zuschlägt. Der Individual­verkehr gilt als wichtigste­s Ziel einer neuen CO2-Steuer.

Als Beispiel nennt sie die Problemati­k bei Mietwohnun­gen, bei denen die Eigentümer Geld in Energiespa­rmaßnahmen investiere­n müssten, damit die Mieter weniger Energie verbrauche­n. Dafür gebe es derzeit aber keine Anreize. Und auch eine CO2Steuer würde diese nicht bringen. Das sieht auch Steininger so. Fehler der Vergangenh­eit, wie die oftmals starke Zersiedelu­ng, würden sich ja nicht ändern. Und daher würde es dort auch bei einer Verteuerun­g nach wie vor viel Individual­verkehr geben. Hier helfe nur mehr und intelligen­ter geplanter öffentlich­er Verkehr.

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