Die Presse am Sonntag

4. DIE WEBERINNEN

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Die Geschichte des Vorarlberg­ers Walter Aigner ist die Geschichte der Globalisie­rung. Als er 1995 bei Tisca, dem Teppichunt­ernehmen seiner Familie, einstieg, ging es bergab: Großkunde Ikea war abgesprung­en, die Teppiche waren zu teuer geworden, die Löhne stiegen, nach und nach mussten sie die Mitarbeite­r im Stammwerk entlassen. In zehn Jahren brachen 70 Prozent Umsatz weg.

Aigner wollte neu, klein beginnen. Mit Umwegen über Tunesien und Indien kam der Juniorchef auf Rumänien, genauer auf das Dorf Cisnadie,˘ zu Deutsch Heltau, in Siebenbürg­en. Eine der größten Teppichweb­ereien Rumäniens, Covtex, war dort 1996 pleitegega­ngen, 6000 ausgebilde­te Weber suchten Arbeit. Als er 1999 kam, lag der Monatslohn bei 500 Schilling, 36 Euro. Als er 2001 das Werk baute, war es der erste moderne Industrieb­au der Gegend seit der Revolution 1989. Langsam ging es aufwärts. „Es war eine Wohltat, in Rumänien produziere­n zu können.“

Vergangene­n Herbst schied Aigner aus der Firma aus. Eigentlich hatte er seine Zukunft hier langfristi­g geplant, hatte ein Haus auf dem Hügel über Cisnadie˘ mit Blick auf die Karpaten gebaut. Das Langfristi­ge sei einer der Gründe für das Zerwürfnis mit den Schweizer Partnern gewesen. „Ich wollte nie mehr übersiedel­n.“Mit der Manufaktur für handgewobe­ne Teppiche wollte er im Obersegmen­t spielen.

Der neue Tisca-Chef Andreas Honer, der frisch geholt wurde, weiß von Differenze­n zwischen den ehemaligen Partnern. Umzugsplän­e verneint er. „Wohin sollte der gehen? Weiter nach Osten? Nach Indien? Das ist keine Option.“Doch jetzt ist es Honer, der den Druck der Globalisie­rung spürt. Die Löhne steigen, vor allem hier in Siebenbürg­en, wohin der frühere Bürgermeis­ter von Hermannsta­dt und heutige Präsident, Claus Iohannis, viele deutsche

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