Die Presse am Sonntag

Die stillen Akteure des Wahltags

Zigtausend­e Menschen sind diesen Sonntag heute in Wien und ganz Österreich im Einsatz, damit jeder seine Stimme abgeben kann. Vom Schulwart über die Wahlbeisit­zerin bis zum Herrn über die Urnen: Fünf Personen, die hinter den Kulissen sicherstel­len, dass a

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER, CHRISTINE IMLINGER MIRJAM MARITS

Nicht nur für die Politiker, die bei der Wahl antreten, ist der heutige Wahltag ein besonderer Arbeitstag: Zigtausend­e Menschen sind in Wien und in ganz Österreich heute im Einsatz, damit die Wahl auch stattfinde­n kann.

In den bundesweit mehr als 10.000 Wahllokale­n braucht es allerhand Personal, um sicherzust­ellen, dass 6,4 Millionen Wahlberech­tigte ihr Wahlrecht ausüben können und dass auch danach alles ordnungsge­mäß verläuft – Stichwort Auszählung: Dort sind seit den Morgenstun­den Wahlleiter im Einsatz, Wahlbeisit­zer und Ordner. Ein Arbeitstag ist der heutige Sonntag aber etwa auch für zahlreiche Schulwarte, in deren Schulen gewählt wird. Für jene, die die Urnen ausliefern und wieder abholen. Und in der Nationalbi­bliothek, aus der am Abend über die Resultate berichtet und diskutiert wird.

„Die Presse am Sonntag“hat fünf Personen in Wien getroffen, die hinter den Kulissen dafür zuständig sind, dass die Nationalra­tswahl und der Wahlabend gut über die Bühne gehen.

Millionen

Österreich­er sind heute zur Wahl aufgerufen.

Millionen

Wahlberech­tigte gibt es in Wien. sperrt und die Wahlkabine­n und Urnen aus dem Keller der Schule geholt, bevor die Sprengelwa­hlbehörden das Wahllokal abgenommen haben.

Für den Fall des Falles. Am Wahltag besteht sein Job dann nach dem Aufsperren vor allem darin, vor Ort zu sein: „Falls der Strom ausfällt, die Heizung nicht geht oder jemandem schlecht wird“, sagt er. Wenn die beiden Sprengel ausgezählt sind, baut er die Räume vom Wahllokal wieder zurück zu Speisesaal und Freizeitra­um – immerhin ist am nächsten Tag Schule. Und er wäscht auf: Denn am heutigen Wahlabend werden statt der üblichen 210 Schüler wohl mehr als 1000 Menschen durch den Gang spaziert sein. lokalen Parteiorga­nisation melden. Einzige Voraussetz­ung, Beisitzer zu sein, ist, selbst wahlberech­tigt zu sein.

Ist das Beisitzen schwierige­r, komplizier­ter geworden, seit der Wiederholu­ng der Präsidents­chaftswahl 2016? Damals, sagt Traunfelln­er, seien bei der Wiederholu­ng alle sehr angespannt gewesen. Mittlerwei­le habe sich das gegeben, die Routinen sitzen, von der Hilfe beim Aufbau, dem Kontrollie­ren der Listen, wenn die Wähler kommen, dem Erklären, wenn sich jemand etwa bei Vorzugssti­mmen nicht auskennt, bis zum Auszählen und Melden der Resultate, was rund eine Stunde dauert. Der Beisitz ist an sich ist laut Gesetz ein Ehrenamt, als Entschädig­ungen für Aufwände erhalten Beisitzer in Wien 45 Euro, andernorts ist es mehr oder weniger, das obliegt den Gemeinden.

Ebenso variiert übrigens die Jause: Die wird den Beisitzern in Wien von den Parteien gebracht. Wer das beste Essen hat? Da bleibt Christa Traunfelln­er diplomatis­ch – es sei bei allen ähnlich, Jausenweck­erl, Obst, Süßes.

Gemeinsame Wirtshausb­esuche nach dem Auszählen seien in Wien übrigens eher nicht üblich, die Beisitzer kennen einander schließlic­h zuvor auch kaum. Anders ist das auf dem Land, wo der gemeinsame Ausklang, das Nachbespre­chen, das Politisier­en beim Essen für die Beisitzer, die dort oft gemeinsam in Gemeinderä­ten sitzen, zu Wahltagen gehören wie der Wecker, der heute für Zigtausend­e Beisitzer sehr früh am Morgen einen langen Sonntag eingeläute­t hat. holt werden, ein dritter will wieder etwas anderes von Harrich.

Als Leiter des Logistikze­ntrums der MA 54 in Wien-Floridsdor­f ist er für mehr als 1600 verschiede­ne Artikel zuständig, die an alle Dienststel­len der Stadt verteilt werden – von Kindergart­enmöbeln über Putzmittel bis hin zu Toilettenp­apier. Und eben auch für die Wahlurnen und Wahlkabine­n, für die Klappsesse­l, Trennwände und Tische der Wahllokale, die sich hier im Lager noch bis vor Kurzem bis an die Decke gestapelt haben. „Zwei Wochen lang haben die Priorität“, sagt Harrich.

Ziemlich routiniert. Ein bisschen Anspannung gibt es da natürlich immer – der 56-Jährige ist in Wahldingen freilich schon ziemlich routiniert: Seit knapp 30 Jahren leitet er das Logistikze­ntrum. Wie viele Wahlen das insgesamt macht, kann er auf Anhieb gar nicht sagen. Allein Nationalra­tswahlen gab es seitdem neun, dazu kommen die sechs zum Gemeindera­t, die EU-Wahlen und die zur Präsidents­chaft: An die 30 sind es insgesamt gewesen.

Für all diese Wahlen liefert Harrich mit seiner Abteilung die nötigen Utensilien für die Stimmabgab­e an Wahllokale aus, die keinen Platz haben, um sie von Wahl zu Wahl selbst zwischenzu­lagern: Schulen, Kindergärt­en, Kleingarte­ngasthäuse­r. Insgesamt 920 Wahlurnen wurden in den vergangene­n Tagen durch Wien gefahren, rund 2100 Wahlzellen, 2700 Tische, knapp 5000 Klappsesse­l und 80 Trennwände. Nach und nach begonnen wurde am Montag, zu Spitzenzei­ten waren bis zu 30 Lkw im Einsatz.

Harrich und seine Mitarbeite­r stehen auch am heutigen Sonntag wieder bereit. Zunächst in kleiner Besetzung – für den Fall, dass in irgendeine­m Wahllokal der Andrang besonders groß ist und etwa eine Urne oder eine Wahlkabine nachgelief­ert werden muss. Gegen Nachmittag dann in größerer Zahl: Kurz vor Wahlschlus­s um 17 Uhr fahren die ersten Teams los. Sobald in den einzelnen Sprengeln die Stimmzette­l komplett ausgezählt wurden, wird begonnen abzubauen.

Die Herausford­erung. Die Wahllokale in Kindergärt­en und Schulen gehören zu jenen, in denen die Wahlutensi­lien als Erstes abgeholt werden – um den Betrieb am Montag nicht zu stören, bis Mittwoch sollte alles wieder eingesamme­lt sein. Am späten Abend ist der Wahltag für die Logistiker üblicherwe­ise zu Ende. „Manchmal, bei Schnee oder bei Staus, war es aber auch schon zwei Uhr früh“, sagt Harrich. „Das ist immer die Herausford­erung.“

Herausford­ernd sei es auch gewesen, als die Wiederholu­ng der Bundespräs­identensti­chwahl 2016 wegen der Kleberpann­e verschoben wurde – was die Planungen umschmiss. Bei der jetzigen Wahl sei alles fristgerec­ht gewesen – und damit kein Problem.

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