Bibliothekschefin: Wo die Wahlzentrale gastiert
„Aufgrund einer Veranstaltung“, ist auf der Website der Österreichischen Nationalbibliothek zu lesen, „ist der Prunksaal am Sonntag geschlossen.“Man darf diese Ankündigung durchaus als Understatement verstehen, denn für selbige „Veranstaltung“wird die Nationalbibliothek am heutigen Wahlsonntag – nötig macht das der Umbau des Parlaments – zur Wahlzentrale: Von hier berichten Dutzende Journalisten über das Wahlergebnis, hier versammeln sich die Spitzenkandidaten der Parteien mit ihren Teams sowie zahlreiche Parlamentsmitarbeiter.
Der ORF und die Privatsender gehen von hier aus live auf Sendung, der ORF überträgt unter anderem seine „Runde der Spitzenkandidaten“aus dem historischen Prunksaal. Die Generaldirektorin der Nationalbibliothek, Johanna Rachinger, findet sich somit – nach der Premiere bei den Nationalratswahlen 2017 – erneut in der ungewöhnlichen Rolle als Gastgeberin der Wahlzentrale wieder: „Die Österreichische Nationalbibliothek und das Parlament sind seit 2017 Nachbarn in der Hofburg und dank vieler Veranstaltungen schon ein eingespieltes Team“, sagt Rachinger. „Ich freue mich sehr, dass wir auch bei dieser wichtigen Wahl wieder zusammenarbeiten können.“
Für Rachinger, die seit 2001 an der Spitze der Nationalbibliothek steht, und ihr Team bedeuten Politiker samt Entourage und Journalisten in den historischen Räumen naturgemäß einen logistischen Aufwand. Besonders auch deshalb, weil die Aufbauarbeiten im barocken Prunksaal – der bei den Wahlen 2017 noch nicht genützt wurde und heute daher seine Premiere als Wahlzentrale feiert – besonders heikel sind: Im denkmalgeschützten Saal, der als einer der schönsten historischen Bibliotheksräume der Welt gilt, dürfen bei Auf- und Abbau der TV-Studios, Einrichtung der Arbeitsplätze natürlich keine Schäden entstehen. Dafür bekommt freilich der historische Saal mit seinen rund 200.000 Büchern TV-Präsenz vor Millionenpublikum – und die Spitzenkandidaten haben womöglich noch nie in einer derart opulenten Kulisse ihre Siege und Niederlagen diskutiert.
Direktorin Rachinger wird – nachdem sie selbst gewählt hat – in der Nationalbibliothek präsent sein. Sie wird beim Tag des Denkmals, an dem die Nationalbibliothek mit Globen-, Esperanto-, Literatur- und Papyrusmuseum teilnimmt, ebenso anwesend sein wie in der Wahlzentrale. Auf den langen Wahlabend folgt übrigens eine lange Nacht des Abbaus: Denn am Montag, 10 Uhr, ist der Prunksaal wieder für Besucher geöffnet.