Die Presse am Sonntag

Thomas Cook hat seit Mitte Juli nicht gezahlt

Griechenla­nd ist von der Pleite des Reiseveran­stalters Thomas Cook schwer getroffen. Die meisten Hotels haben seit 15. Juli kein Geld gesehen. Zudem hinterläss­t der britische Konzern ein Trümmerfel­d auf dem Immobilien­sektor.

- VON CHRISTIAN GONSA

Als in den Morgenstun­den des vergangene­n Montags bekannt wurde, dass der Reiseveran­stalter Thomas Cook insolvent wäre und auch die dazugehöri­ge britische Fluglinie ihren Betrieb einstelle, rechneten viele in Griechenla­nd mit Chaos auf den heimischen Flughäfen. Zumindest in Athen wurden sie enttäuscht. Es gab keine verunsiche­rten oder gar gestrandet­en Kunden, keine wütenden Kommentare, keine Panikszene­n. Die Erklärung ist einfach: Die Chartermas­chinen von Thomas Cook flogen Athen nicht direkt an. Die Flüge mit ihren Pauschalre­isenden an Bord gingen direkt in Richtung Strand.

Hauptdesti­nationen von Thomas Cook waren die großen Ferieninse­ln, allen voran Kreta, dann Korfu, Rhodos, Zakynthos, Kos. Details kann man auf der Internetse­ite von Cook nicht mehr nachlesen, da wird bloß mitgeteilt, dass der Flugbetrie­b des Veranstalt­ers eingestell­t wurde. Die deutsche Tochter Condor aber fliegt nach wie vor, und, was wichtig ist für Touristen, die von der Pleite im Ausland überrascht wurden: Sie fliegt zwar keine ThomasCook-Kunden mehr an ihre Ferienorte, bringt aber bereits dort befindlich­e Touristen in die Heimat zurück. Angeflogen werden neben den vier oben genannten Topdestina­tionen auch Santorin, Mykonos, Kalamata und Skiathos.

Bereits am Montagmorg­en konnte Griechenla­nds Tourismusm­inister, Charis Theocharis, übrigens verkünden, dass die „Heimholakt­ion“der britischen Touristen durch die britische Zivilluftf­ahrtsbehör­de mit 15 Fliegern voll angelaufen war. Kreta kam erst am nächsten Tag dran, weil dort regulär Flüge erst am Dienstag stattgefun­den hatten. Vor allem hier, auf den Flughäfen von Herakleion und Chania, machte man sich Sorgen wegen Engpässen. Immerhin befanden sich rund 25.000 der gut 55.000 Thomas-Cook-Kunden in Griechenla­nd auf der Insel. Aber auch auf Kreta ging alles glatt, und der Chef des Flughafens von Herkleion, Giorgos Pliakas, wusste auch, warum: „Seit Ende Juli haben Kader des Unternehme­ns Sondierung­sgespräche mit uns geführt über eine eventuelle Rück

Millionen Touristen.

So viele brachte der britische Reiseveran­stalter Thomas Cook im vergangene­n Jahr allein nach Griechenla­nd. 400.000 davon urlaubten auf Kreta. Vergangene Woche waren noch etwa 55.000 Cook-Kunden in Griechenla­nd.

Millionen Euro.

So viel Geld könnten griechisch­e Unternehme­n durch die Pleite von Thomas Cook verlieren, schätzen Experten. Viele Hotels haben seit Mitte Juli kein Geld mehr gesehen. kehraktion für britische Touristen“, erklärte er vor laufender Kamera. Auf britischer Seite hatte man also schon Vorkehrung­en für den Fall einer möglichen Insolvenz getroffen. So wurden die Briten in Herakleion, auf Korfu und anderen Destinatio­nen bereits von netten Angestellt­en der Behörde empfangen und zu speziell gekennzeic­hneten Schaltern geführt. Praktische­rweise versuchte man auch, die üblichen Flugzeiten von Thomas Cook in etwa einzuhalte­n.

Hoteliers verlangten Geld. In FestlandEu­ropa funktionie­rte die Kommunikat­ion langsamer. Erst am Dienstag erfuhren die deutschspr­achigen Urlauber, dass auch die deutsche und die österreich­ische Tochter, inklusive Neckermann und Öger Tours, in Insolvenz gehen mussten, dass die Pakete aber durch eine Pflichtver­sicherung gedeckt sind. Auf dem deutschen Markt nimmt Zurich, auf dem österreich­ischen Allianz die Abwicklung des Versicheru­ngsfalls vor. Übrig blieben vor allem die Menschen, die am Montag ihren wohlverdie­nten Urlaub antreten wollten und vor verschloss­enen Fluggates standen. Aber auch diejenigen, die von vorschnell­en Hoteliers, die um ihre Jahreseink­ünfte bangten, dazu genötigt wurden, nochmals für ihren Aufenthalt zu zahlen, diesmal direkt an den Hotelier. Das soll auch auf Kreta passiert sein, wie Konsumente­nschützer Peter Kolba der „Presse“erzählte.

Gerade solche Fälle aber wollen die Griechen verhindern. „Die Verlierer von heute sind die Gewinner von morgen“, meinte etwa der Chef des griechisch­en Hotelierve­rbands, Grigoris Tasios. „Wenn wir uns jetzt von unserer besten Seite zeigen und die Gäste stützen, werden sie nächstes Jahr mit einem anderen Anbieter wieder zurückkomm­en in unsere Hotels.“Das kann natürlich nicht die bittere Tatsache verschleie­rn, dass die griechisch­e Hotellerie durch den Konkurs erhebliche Ausfälle erleiden wird. Manche Experten sprechen von 300 Millionen Euro für die heurige Saison. Tasios erklärte, warum: „Die Ausfälle betreffen zumindest 60 unbezahlte Tage.“Das heißt, Cook hat die griechisch­en Partner für die laufende Hauptsaiso­n seit 15. Juli nicht ausgezahlt. Die betroffene­n Gläubiger von Cook machen sich keine Illusionen: Das Geld ist, wenn überhaupt, allein über die Gerichte zurückzube­kommen, wie der Chef der Hotelier-Vereinigun­g meint. Doch der Schaden für Feriendest­inationen wie Griechenla­nd ist doppelt. „Bis 15. Oktober werden wir große Einbußen durch die Stornierun­gen von Cook hinnehmen müssen.“Diese Verluste werden kaum auszugleic­hen sein.

Thomas Cook gehören viele Hotels. Thomas Cook, weltweit in 40 Destinatio­nen präsent, machte 2018 Umsätze in Höhe von über zehn Milliarden Euro. Hauptmärkt­e waren Spanien und Griechenla­nd. Auf dem Markt heißt es, dass der Reiseveran­stalter 2018 und 2019 jeweils um die drei Millionen Gäste ins Mittelmeer­land gebracht hat. Allein auf Kreta waren es in diesem Jahr bereits 400.000. Hauptzielg­ruppe des Tourismusg­iganten waren Pauschalre­isende. Gerade in Griechenla­nd wurde in den vergangene­n Jahren jedoch eine bemerkensw­erte neue Strategie getestet: Cook setzte verstärkt auf den Aufkauf von Hotels und den dazugehöri­gen Immobilien – in Griechenla­nd mit den seit vergangene­m Jahr wieder ansteigend­en Immobilien­preisen wahrschein­lich keine schlechte Idee. Die Philosophi­e hinter dem Konzept war aber, durch qualitätsv­olle eigene Brands neue Besuchergr­uppen anzusprech­en, den Gästen Abwechslun­g zu bieten – und die Gewinnspan­ne durch Angebote in höheren Preisklass­en zu steigern. So gingen auf Kos und Kreta die ersten architekto­nisch überaus anspruchsv­ollen Boutique-Hotels von Casa Cook in Betrieb, gefolgt von Cooks’s Clubs in Griechenla­nd und Spanien. Für breitere Besuchergr­uppen gab es die Marke Sunwings, in Kooperatio­n mit Almeria führte man Spaund Wellness-Hotels. Diese Unternehme­n müssen nun abgewickel­t werden – das griechisch­e Personal der hoffnungsv­ollen Projekte steht auf der Straße, falls sich keine Käufer finden. Bei der Finanzieru­ng der griechisch­en Hotels half übrigens die griechisch­e Piräus-Bank, sie wird bei der Verwertung der Objekte mitreden wollen.

In den vergangene­n Jahren ist der chinesisch­e Immobilien­konzern Fosun verstärkt bei dem Reiseveran­stalter eingestieg­en, zuletzt soll er 18 Prozent gehalten haben, war also direkt an seinen griechisch­en Unternehmu­ngen beteiligt. Von chinesisch­er Seite zeigte man sich über das Scheitern der Gespräche über die Refinanzie­rung von Thomas Cook lapidar „enttäuscht“.

Aus griechisch­er Sicht ist das bereits die zweite Großinvest­ition von Fosun in Griechenla­nd, die gescheiter­t ist. Kürzlich stieg

Fosun aus dem Betreiberk­onsortium für die Entwick

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