Wie wir lernen, mit dem Auto zu reden
Schön sprechen: Sprachassistenten hören auch im Auto mit. Von einfachen Sprachbefehlen haben sich aktuelle Systeme weit abgesetzt. Schmähführen mit der Maschine – das ist keine Science-Fiction mehr.
Wer in den 1980ern im Vorabend-TV-fähigen Alter war, kam an dem schwarzen Auto unmöglich vorbei: Ein technisch an sich nicht weiter bemerkenswerter 1982er Pontiac Firebird, der in „Knight Rider“allerdings K.I.T.T. hieß, ein Roboter war, dank künstlicher Intelligenz fähig zu denken, sprechen und handeln.
Verblüffend viel, was damals als pure Science-Fiction gute Unterhaltung abgab, nistet sich gerade in unsere Autos ein – nein, nicht der „TurboBoost“, mit dem man über eine Mauer oder drei Autos springen kann. Eine Ironie übrigens, dass es die Marke Pontiac nicht mehr gibt, sie wurde 2010 aufgelassen. Jedenfalls: Was würde David Hasselhoff, der K.I.T.T.s Partner gab, seinem Kumpel aus den alten Tagen heute sagen? The Hoff gab es unlängst zu Protokoll: „Hey, Kitt, alle Autos können jetzt reden!“
Sinn des Lebens. Sprachassistenz ist in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten digitalen Spielfelder im vernetzten Lebensraum Auto geworden: ein unsichtbares Feature, das Kaufentscheidungen beeinflusst. Kein neues Modell kann ohne auf den Markt kommen. Die Pflicht reicht nicht mehr: Von den rudimentären frühen Versionen – die ersten Sprachsteuerungen datieren im Jahr 2004 –, über die man nicht viel mehr als Radiosender ansagen konnte, haben sich die neuen Systeme weit abgesetzt. In die Vorlage ging Mercedes im Vorjahr mit der jüngsten Generation der A-Klasse. Erstmals war kein Knopf mit Mikrofonsymbol zu drücken, um sich Gehör zu verschaffen, es reichte das Signalwort „Hey, Mercedes“. Nach einem dienstfertigen „Was kann ich tun?“lässt es sich nun wohlig zurücklehnen und nach Gutsherrenart anschaffen, jedenfalls, so weit der Katalog der Software reicht. Kleiner Auszug: „Stell die Sitzheizung vorn rechts auf Stufe zwei.“„Ändere die Ambientebeleuchtung auf Rot.“„Wann sind wir am Ziel?“„Wie hoch sind die Verbrauchswerte?“„Lies mit das letzte E-Mail vor.“
Für Mercedes’ MBUX-System leichte Übungen, das Gefragte wird beantwortet, das Aufgetragene erledigt. Auf „Mir ist kalt“wird ohne Rückfrage die Temperatur hinaufgesetzt. „Schalte den Motor aus“ist dagegen zu viel verlangt – aber immerhin erlischt das Display.
Doch was, wenn wir tiefer gehende Gespräche führen wollen? Konkurrent BMW ließ sich nicht lang bitten und legte binnen kürzester Zeit nach – mit ein paar Möglichkeiten zur Differenzierung. So kann man das Signalwort zur Aktivierung – ursprünglich „Hey, BMW“– auf Wunsch frei wählen. Spaßvögel in einem Test haben es schon auf „Hey, Mercedes“geändert (wir würden „Hey, Kitt“oder „Hey, Kumpel“bevorzugen). Zum obligaten Abrufen von allerlei Funktionen wurde etwas „Chit Chat“mitgeliefert. Die Frage nach dem Sinn des Lebens etwa soll in einem BMW nicht unbeantwortet bleiben, auch wenn man als Douglas-AdamsFan enttäuscht sein muss: Nicht „42“kommt als Antwort, sondern der Marken-Claim „Freude am Fahren“. Soll sein. Das Reklame-Gelaber auf „Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?“lassen wir hier aus.
Krankes Pferd. Dabei ist vielen das Reden mit der Maschine noch nicht ganz geheuer oder sogar peinlich. Speziell vor Publikum, mit Mitreisenden an Bord, kann man sich schnell dümmlich vorkommen – auf ein nicht vorhandenes Gegenüber einredend wie auf ein krankes
Pferd, um dann doch nicht verstanden zu werden. Doch
Was sagt ein BMW, wenn man ihn nach dem Sinn des Lebens befragt? »Freude am Fahren.«