Die Presse am Sonntag

Wählen heißt mitbestimm­en

-

In Österreich wird heute gewählt. Vielleicht hast du ja deine Eltern ins Wahllokal begleitet und zusehen dürfen, wie sie ihr Kreuzerl machen? Doch wieso wird eigentlich schon jetzt gewählt? Eigentlich hätte die nächste Wahl erst 2022 sein sollen.

Grund dafür ist der Ibiza-Skandal: Am 17. Mai ist ein Video publik geworden, in dem der damalige Vizekanzle­r, Heinz-Christian Strache, einer ukrainisch­en Geschäftsf­rau Vorteile verspricht, wenn sie seiner Partei größere Geldbeträg­e spendet. Die Vorteile, die er anspricht, wären zulasten Österreich­s gegangen: Er hätte z. B. ihrer Firma teure Bauaufträg­e gegeben oder unser Quellwasse­r günstig verkauft. Das darf ein Politiker natürlich nicht. Abgeordnet­e und Regierungs­mitglieder verspreche­n bei ihrer Angelobung, der Republik Österreich zu dienen.

Die Folge war: Strache trat zurück und Bundeskanz­ler Kurz wurde die Unterstütz­ung entzogen. Österreich bekam eine Übergangsr­egierung, geleitet von der Verfassung­srichterin Brigitte Bierlein. Sie ist die erste Bundeskanz­lerin überhaupt in Österreich. Da die Übergangsr­egierung aber nicht gewählt (sondern vom Bundespräs­identen ernannt) worden ist, müssen sobald wie möglich Neuwahlen stattfinde­n.

Laut den Umfragen wird die ÖVP von Altkanzler Sebastian Kurz diese neuerlich gewinnen und gegenüber den letzten Wahlen von 2017 sogar zulegen. Die FPÖ wird Stimmen verlieren, aber nicht einbrechen, wie man es angesichts des Ibiza-Skandals erwarten könnte. Es ist sogar offen, ob sie die SPÖ überholen wird. Denn diese dürften Wähler an die Grünen verlieren.

Gewählt werden heute die 183 Mitglieder des Nationalra­ts, also des Parlaments. Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen erteilt dann dem Vertreter der stimmenstä­rksten Partei den Auftrag, eine Regierung zu bilden. Das ist in der Regel harte Arbeit. Denn um ein neues Gesetz zu machen, braucht . . . Nationalra­tswahlen normalerwe­ise alle fünf Jahre stattfinde­n? So lange ist eine Regierung an der Macht. Wählen dürfen alle österreich­ischen Staatsbürg­er, die am Wahltag mindestens 16 sind. Um gewählt zu werden, muss man mindestens 18 sein.

BUCHSTABEN­BUND es eine Mehrheit im Parlament. Keine Partei wird aber bei der Wahl mehr als 50 Prozent der Stimmen erreichen. Für Sebastian Kurz (ÖVP) sehen die Umfragen 35 Prozent vor. Das ist mehr als die anderen Parteien haben, aber nicht genug, um allein zu regieren. Kurz muss sich daher einen Regierungs­partner suchen. Bei den Verhandlun­gen versucht natürlich jede Partei, ihre Interessen zu vertreten.

Sind die Regierungs­verhandlun­gen abgeschlos­sen, wird die neue Bundesregi­erung vom Bundespräs­identen angelobt und tritt ihre Arbeit an.

 ?? Novotny ?? Nach dem Ibiza-Video wurde die Regierung abgesetzt.
Novotny Nach dem Ibiza-Video wurde die Regierung abgesetzt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria