Die Presse am Sonntag

Neulich in der Wahlkabine

Oder: Warum uns auf dem Stimmzette­l so manche Überraschu­ng erwartet.

- VON FLORIAN ASAMER

Ist man dann einmal in der Wahlkabine angelangt, muss man sich dieses Mal trotz der Übung allerdings erst einmal auf dem Stimmzette­l zurechtfin­den, ganz egal welche Partei man wählen möchte. Da steht zum Beispiel an erster Stelle eine Partei zur Wahl, die im ganzen Wahlkampf überhaupt nicht vorgekomme­n ist: die ÖVP. Da war viel von den Türkisen die Rede, einer Bewegung namens neue Volksparte­i oder einer sogenannte­n Liste Sebastian Kurz, aber ÖVP . . .? Auch für den SPÖWähler gilt es sich umzuorient­ieren und nicht, wie seit Bruno Kreisky fast immer, einfach blind die erste Partei am Stimmzette­l anzukreuze­n: Das könnte diesmal zu ungewollte­n Mandatsver­schiebunge­n führen.

So mancher blauer Sympathisa­nt wird Phantomsch­merzen spüren: FPÖ am Stimmzette­l, aber weit und breit kein H. C. Strache auf der Kandidaten­liste. Ob Philippa Strache da wirklich ein Ersatz sein kann?

Während sich der Neos-Wähler nur an eine neue Spitzenkan­didatin gewöhnen muss (gab es den schwülstig­en Listenzusa­tz „Das neue Österreich“wirklich immer schon?), wird’s für Grünaffine verwirrend: Da ist zum einen auf dem Wahlzettel „Jetzt Grüne“quasi als Aufforderu­ng zu lesen, was sich wahrschein­lich ohnehin schon einige gedacht haben. Liste Pilz steht nur mehr verschämt darüber. Dafür gibt die Uralt-Listenbeze­ichnung „Die grüne Alternativ­e“wieder Sinn.

Dafür müssen sich Grün-Wähler beim Namen des Spitzenkan­didaten zwicken: Hatte man Werner Kogler nicht erst vor ein paar Wochen erfolgreic­h nach Brüssel gewählt?

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