Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Zwischen Ernst und Glamour. Die Veranstalt­er von Kunstmesse­n internatio­nalen Formats müssen heute weit mehr bieten als Kunst. Die Sammler wollen Entertainm­ent.

Vier Tage lang drehte sich in Wien anlässlich der Viennacont­emporary alles um Kunst. Über die Jahre hat sich eine echte Art Week daraus entwickelt mit einem Programm, das so dicht ist, dass man vom Lesen schon müde wird. Denn um das nötige internatio­nale Publikum nach Wien zu bekommen, bedarf es heute mehr als einer Messehalle mit Kojen. Selbst wenn die Galerien herausrage­nde Kunst bieten, scheint heute ohne Rahmenprog­ramm nichts mehr zu gehen. Eine riesige Marketingm­aschine muss dafür sorgen, dass Sammler, von der pulsierend­en, progressiv­en Kunstszene beeindruck­t, im nächsten Jahr wiederkomm­en. Denn von österreich­ischen Besuchern allein kann die Messe nicht leben.

So bietet man den geneigten Gästen Galadiner, Vernissage, Partys, Spezialfüh­rungen, Filmvorfüh­rungen, Galerienfr­ühstück, exklusive musikalisc­he Abendveran­staltungen für besondere VIP, Talk-Programme im Stundentak­t und heuer sogar neu parallel zur Messe eine interdiszi­plinäre Konferenz, die die praktische­n Möglichkei­ten der Integratio­n von Kultur und Wissenscha­ft, Bildung, Wirtschaft, digitalen Technologi­en und Politik beleuchtet. Daneben gibt es zahlreiche Partnerver­anstaltung­en mit Institutio­nen, Museen, Gallery Walks mit kuratierte­m Programm und vieles mehr.

Erwartungs­druck. Die Veranstalt­er sind anscheinen­d einem enormen Erwartungs­druck ausgesetzt. Die heutige Entertainm­entgesells­chaft mit kurzer Aufmerksam­keitsspann­e will nicht nur Kunst sehen und vielleicht kaufen, sie will bespaßt werden, eine „Experience“erfahren. Kunst ist zum Lifestyle geworden und damit auch in der Welt der People-Magazine gelandet. Für diese Klientel geht es um die richtige Inszenieru­ng ihrer Person in Social-Mediaadäqu­ater Atmosphäre. Damit ist eine gewisse Partyfizie­rung der Kunstwelt wohl unausweich­lich. Neben denjenigen, die in der Kunstwelt Entertainm­ent suchen, gibt es aber immer noch eine große Sammlersch­aft, die eine gewisse Ernsthafti­gkeit erwartet. Hier gilt es, die richtige Balance zu finden.

Vielfach machen sich die Veranstalt­er und Aussteller beim Ringen um Aufmerksam­keit den Druck selbst. Sie sind hin- und hergerisse­n zwischen gefühltem Bieten-Müssen und realem, ökonomisch­em Druck. Kleinere Galerien haben enge Budgets. Bei begleitend­en Veranstalt­ungen wie „curated by“können sich manche eine kuratierte Gruppenaus­stellung nur dank einer Förderung leisten, wie eine Galeristin durchblick­en ließ. Doch in den meisten Fällen sind sie finanziell auf sich selbst gestellt.

Auch die Messeveran­stalter sind gezwungen, immer mehr Geld in die Hand zu nehmen, um mehr bieten zu können. Und obwohl die Kreativsze­ne in Wien ein gutes Lockargume­nt für den Tourismus ist, kommt von dieser Seite wirtschaft­lich kaum Unterstütz­ung.

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