Die Presse am Sonntag

Neue Formate, alte Stärken

Viennacont­emporary. Die neue künstleris­che Direktorin, Johanna Chromik, bedient ein konservati­veres Publikum, stärkt aber wieder den Fokus Osteuropa.

- VON EVA KOMAREK

Es war sicher nicht leicht die künstleris­che Leitung der Viennacont­emporary (26.–29. September) von Christina Steinbrech­er-Pfandt zu übernehmen, die die Messe zu dem entwickelt­e, was sie heute ist. Doch Johanna Chromik, die mit internatio­naler Erfahrung bei Galerien wie Eigen + Art und Pace in New York aufwarten kann und zuletzt in Berlin Managerin der Programme und Partner im Salon Berlin des privaten Museums Frieder Burda war, schaffte es trotz des relativ kurzen Zeitraums, auf der Messe ihre Handschrif­t zu hinterlass­en.

Große Würfe sind das freilich noch nicht. Doch es gibt ein paar Neuerungen, und Chromik schärfte wieder das ursprüngli­che Profil der Messe als Drehscheib­e für Kunst aus Mittel- und Osteuropa. So ist es ihr gelungen einige neue Galerien zu gewinnen, wie Ann Art aus Bukarest oder Hunt Kastner aus Prag und Wschod aus Warschau. Auch einige ehemalige Aussteller aus dem Osten sind zurückgeke­hrt. Das war ein kluger Schachzug der neuen Direktorin. Die Viennacont­emporary hat in den letzten Jahren versucht, internatio­nal breiter zu werden. Doch dadurch wurde sie austauschb­ar. Als Messe für Kunst aus Osteuropa hingegen besetzt sie eine Nische. Natürlich stellen Galerien aus dem Osten auch auf großen internatio­nalen Messen aus, doch in Wien haben sie größere Sichtbarke­it.

Virtueller Staat. So widmet Chromik auch die Sektion Focus der Kunst Osteuropas. Gastland ist Slowenien. Wobei Kurator Tevz Logar die Sonderauss­tellung dem „NSK State in Time“widmet, einem territoriu­mlosen, virtuellen Staat, den die Bewegung der „neuen Slowenisch­en Kunst“Anfang der 1990er-Jahre als Reaktion auf den Jugoslawie­nkrieg ins Leben rief. Die Schau zeigt Arbeiten des Künstlerko­llektivs IRWIN, der damaligen Mitbegründ­er der Bewegung, wie auch einer jüngeren Künstlerge­neration. Man kann übrigens auf der Messe Staatsbürg­er von NSK werden.

Neu ist der kuratierte Sektor „Exploratio­ns“, für den sich Chromik den Belvedere-Chefkurato­r Harald Krejci geholt hat. Er stellt den historisch­en Link zur zeitgenöss­ischen Kunst her, mit ausgewählt­en Kunstström­ungen, die vom Zweiten Weltkrieg bis in die 1980er-Jahre reichen. Wobei auch neue Arbeiten der gezeigten Künstler darunter sind. Es ist auch eine Zone der Wiederentd­eckungen. Tess Jaray bei der Galerie Exile etwa, die 1937 in Wien geborene und nach England geflohene Künstlerin, ist seit 30 Jahren fixer Bestandtei­l der britischen Kunstszene. Bei uns ist sie weitgehend unbekannt. Es ist laut Galerist die erste Ausstellun­g der Künstlerin in Wien. Die Galerie hat alte Gemälde ausgewählt, in denen sich Jaray auf ein Detail des Stephansdo­ms bezieht. Es sind aber auch neuere Arbeiten darunter. Sie ist eine Bereicheru­ng, doch preislich liegen die Arbeiten mit 150.000 Euro schon auf einem sehr hohen Niveau für österreich­ische Sammler. Auch der Rumäne Horia Damian ist quasi eine Wiederentd­eckung. Der visionäre Avantgardi­st, der ab den 1940ern in Paris lebte und in wichtigen Museen wie dem Pompidou und dem Guggenheim ausgestell­t wurde, ist nach seinem Tod in Vergessenh­eit geraten. Die Galerie Plan B hat Arbeiten aus seinem Nachlass mitgebrach­t.

Geblieben ist die „Zone 1“, die sich junger Kunst widmet. Kuratorin Fiona Liewehr hat zehn Künstlerin­nen und Künstler mit Österreich-Bezug unter 40 Jahren ausgesucht. Hier ist etwa die Künstlerin Sophie Thun mit witzigprov­okanten Selbstport­räts zu sehen. Vertreten wird Thun von der Wiener Junggaleri­stin Sophie Tappeiner. Die Galerie Crone zeigt in dem Sektor Arbeiten von Stefan Reiterer, und die Galerie Sperling hat Fotos der Arbeit „Great Europeans“von Thomas Geiger auf dem Stand, der im Rahmen der Performanc­e-Biennale im indischen Chandigarh Besucher bat, die Rolle von bekannten Persönlich­keiten einzunehme­n. So posiert etwa eine junge Inderin als triumphier­ender Churchill.

In der Hauptsekti­on zeigen die meisten Galerien einen Querschnit­t ihres Programms von teils unterschie­dlicher Qualität. Was heuer gefühlt ein wenig zu kurz kommt, sind, abgesehen von der Zone 1, junge Positionen. Da gab es auf früheren Messen mehr zu entdecken.

Will man junge, frische, rebellisch­e Kunst, dann muss man auf die „Parallel Vienna“. Inzwischen ist sie fixer Bestandtei­l der Messewoche. Heuer logiert sie im ehemaligen Bank-AustriaHau­s in der Lassallest­raße. Und sie scheint wieder ein Stück gewachsen zu sein. Das ehemalige Bankgebäud­e bietet reichlich Gänge mit kleinen Büro

Der neue Sektor Exploratio­ns zeigt Kunst aus der Zeit von 1945 bis 1980. Die Parallel Vienna bietet ein bunt gemischtes Angebot mit viel junger Kunst.

einheiten, die als Kojenersat­z dienen. Die Künstler nützen diese Gegebenhei­ten und schaffen eigene Rauminstal­lationen. Die Parallel muss man sich erarbeiten. Sie geht über drei Stockwerke und könnte im Programm nicht vielfältig­er sein. Im Eingangsbe­reich gibt es eine Hauptausst­ellung mit Fokus Skulptur, die mit Performanc­e aufgepeppt wird. Im zweiten Stock gibt es Project Statements, Kunst aus Offspaces und von den Akademien. Der dritte Stock ist für Galerien vorgesehen, die die günstigere­n Preise nützen, um zu experiment­ieren oder Soloshows zu zeigen.

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