E.motion Lichtblickhof: Wo Pferde kranken Kindern Superkräfte verleihen
Nach Monaten des Bangens ist nun fix: Der e.motion Lichtblickhof darf auf der Baumgartner Höhe bleiben. Der Verein möchte zwei barrierefreie Hospizwohnungen für Familien mit schwer kranken Kindern direkt neben dem Reitstall anmieten und sucht dafür Unters
Ein Luster mit bunten Glassteinen hängt von der Decke, ebenso zwei Ringe zum Turnen. Bunte Bälle hier, große, weiche Bausteine stehen dort: Dass es sich um keine gewöhnliche Reithalle handelt, sieht und spürt man hier gleich. Der kleine Rollstuhl vorn links und das Krankenbett, das in der Mitte des Reitstalls steht, lassen keinen Zweifel daran, dass es ganz besondere Kinder sind, die hierher zur Reittherapie kommen: Kinder und Jugendliche nämlich, die schwer oder unheilbar krank sind oder aus Familien stammen, in denen ein Elternteil oder Geschwisterkind schwer erkrankt ist.
Hier, auf dem e.motion Lichtblickhof, auf dem Areal des Otto-WagnerSpitals, bekommen Kinder nicht nur Unterstützung in Form von Reittherapie-Stunden. Den Aufenthalt auf dem Hof mit seinen Pferden, Schafen, Kaninchen und Meerschweinchen erleben sie auch als Auszeit, fernab vom sterilen Spitalsalltag, von den Sorgen um kranke Geschwister oder Elternteile.
An diesem kühlen Wintervormittag soll das Pferd Kurumi, das sich in der (langen) Ausbildung zum Therapiepferd befindet, in der Reithalle lernen, sich neben dem Krankenbett hinzulegen, damit kranke Kinder direkt vom Bett auf den Pferderücken gleiten können. Fini, ein neunjähriges Mädchen, das – wie alle Kinder hier – Pferde liebt, liegt im Bett. Sie darf heute dabei helfen, Kurumi zu trainieren: ihn mit Karotten belohnen, wenn er sich zum Bett traut, rundherum geht, sich hinlegt. Fini strahlt, wenn Kurumi mitund alles richtig macht. Irgendwann, am Ende seiner Ausbildung, soll Kurumi auch mit Wachkomapatienten arbeiten können.
Standort gesichert. 18 Jahre unterstützt das Team des Lichtblickhofs schon Familien in schwierigen, äußerst belastenden Zeiten. Ob der Lichtblickhof auf der Baumgartner Höhe bleiben kann, war lange Zeit unklar: Denn da der Krankenanstaltenverbund (KAV) das Otto-Wagner-Spital schließt (siehe Artikel links), mit dem der Verein bisher die Verträge bezüglich Pacht, Strom und Wasser abgeschlossen hat, war offen, ob man nicht auch absiedeln muss. Nach Monaten des Bangens kam kurz vor Weihnachten die gute Nachricht, erzählt Roswitha Zink, Gründerin des Vereins und eine der Therapeutinnen: Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) hat zugesagt, den Lichtblickhof künftig in ihr Ressort aufzunehmen, und den Standort damit gesichert. „Es war“, sagt Zink, „ein extrem wertschätzendes Gespräch. Wir sind wahnsinnig dankbar, dass wir bleiben können.“
Ein großes Aufatmen also – einerseits. Andererseits blickt der Verein trotzdem stets in eine unsichere Zukunft – immerhin ist man, Jahr für Jahr, Monat für Monat, von Unterstützern abhängig. Zwar zahlen die Familien – pro Woche betreuen die zwölf Therapeutinnen rund 350 Kinder und ihre Angehörigen – einen (nach Einkommen) gestaffelten Beitrag für die Therapieeinheiten (oder bekommen sie durch Spenden kostenlos) – damit werden aber die laufenden Kosten für den Betrieb nicht ansatzweise gedeckt.
„Wir haben hohe Ausgaben“, sagt Zink, die Tiere müssen 365 Tage im Jahr versorgt, der Bauernhofbetrieb aufrecht erhalten werden, wofür neben vielen ehrenamtlichen Helfern auch drei angestellte Stallmitarbeiter sorgen. Dazu kommen Tierarzt- und Hufschmiedrechnungen. „Es ist ein irrer Aufwand“, sagt Zink, „aber nach all den Wundern, die ich hier schon erleben durfte, ist es das wert.“Kinder, die zum ersten Mal wieder ein Wort sagen. Kinder im Wachkoma, die erstmals ihren Blick wieder fokussieren. „Wir versuchen, für die Familien, die vom Schicksal so große Aufgaben gestellt bekommen haben, schöne Momente zu schaffen, sie zurück ins Leben zu holen.“Sterbenskranke Mädchen und Buben, die dank der Zeit auf dem Lichtblickhof „bis zuletzt im Leben stehen durften. Nichts ist tröstlicher, als zu wissen, dass man die Zeit, die einem gegeben ist, intensiv und schön nutzen konnte.“
Zink und ihr Team träumen auch weiter: Davon, dass sie in unmittelbarer Nähe ihres Hofs zwei Wohnungen anmieten können, die im Zuge der Neubauten
auf dem Areal entstehen: „Engel auf Zeit“heißt das Projekt – zwei barrierefreie Hospizwohnungen, in denen Familien eine Zeit lang wohnen, Kinder im Krankenbett direkt auf den Hof geführt werden, von der Terrasse aus den Pferden auf der Weide zusehen können. Die Gesiba hat die Planung der Wohnungen kostenlos übernommen, in etwa zwei Jahren wären sie bezugsfertig – doch die Finanzierung ist noch völlig offen: Für die Errichtung werden 80.000 Euro benötigt, dazu kommen 12.000 Euro für die behindertengerechte Pflegeeinrichtung der Räume. Auch Wohnungspaten, die Miet- und Betriebskosten (ca. 1100 Euro pro Wohnung) übernehmen, werden gesucht.
Jede Woche betreuen die zwölf Therapeutinnen
350 Kinder und ihre Familien.
Kognitive Fähigkeiten. Natürlich sind die Pferdetherapie-Einheiten „ein zentraler Faktor“, sagt Zink. „Pferde haben Fähigkeiten, die wir Menschen nicht haben. Sie können die Herzfrequenz spüren, eine Synchronisation anleiten, was für die Kinder Entspannung bringt. Pferde haben viel größere kognitive Fähigkeiten, als wir bisher wussten.“Aber auch die Zeit rund um die Therapiestunden erleben viele Kinder als großes Geschenk: Ein Pferd beim Fressen beobachten. Im Stall im Heu liegen und den Regentropfen zuhören. Gemeinsam Marmelade einkochen. Die Schafe melken – Zink träumt auch von zwei Kühen für den Hof.
Kinder könnten im Krankenbett direkt auf den Hof geführt werden.
Kinder helfen, so es die Gesundheit erlaubt, gern mit, wollen gebraucht werden. Zink erzählt von Jugendlichen, die jahrelang einen kranken Angehörigen gepflegt haben und sich spontan für eine Nachtschicht auf dem Hof melden, um ein krankes Pony zu versorgen. Von Vätern kranker Kinder, die den Stall reparieren. „Es ist so eine stille, gemeinsame Kraft“, sagt Zink.
Nicht immer können die Kinder durchgehend auf den Lichtblickhof kommen, in manchen Phasen der Chemotherapie etwa ist dies aufgrund der Gefahr durch Keime nicht möglich. „Dann besuchen wir sie im Krankenhaus.“Die Kinder wollen dann wissen: Was tun die Schafe? Wie geht es den Pferden? „Es gibt ein gemeinsames Drittes, die Tiere, auf das wir uns beziehen, das schätze ich an der Therapie sehr“, sagt Zink. „Die Kinder vergöttern die Pferde. Sie sind für sie Helden, die ihnen Superkräfte verleihen. Dabei zu helfen, dass das sicher und gut abläuft, ist für mich als Psychotherapeutin das größte Geschenk.“