Die Presse am Sonntag

Comeback im Zebralook

Die »Piefke-Saga« des Romed Baumann: Vom ÖSV ausgemuste­rt, bezwang der Tiroler die Streif erstmals als Deutscher, er wurde Siebenter. »Die beste Entscheidu­ng.«

- VON JOSEF EBNER

Nicht nur optisch präsentier­te sich der Skiwelt in Kitzbühel ein völlig neuer Romed Baumann. Beim Lokalmatad­or aus dem nahen Hochfilzen prangt nicht mehr das ÖSV-Logo auf dem Rennanzug, sondern das Schwarz-RotGold des Deutschen Skiverband­es. Baumann im Zebralook, ein gewöhnungs­bedürftige­s Bild. Aber mit den schwarzen Streifen kam auch die Freude an der Hundertste­ljagd zurück. „Die beste Entscheidu­ng“, sagt der 33-Jährige am Rande der Hahnenkamm­rennen über seinen Nationenwe­chsel im Frühjahr. „Ich habe es zu keiner Sekunde bereut. Mir hätte nichts Besseres passieren können.“

Mit Baumann hat nicht irgendein Skifahrer den Verband gewechselt. Der Tiroler nennt zwei WM-Medaillen sein Eigen, gewann zwei Weltcupren­nen und fuhr insgesamt zehnmal aufs Stockerl. Was viele vergessen haben: 2012 war er Zweiter beim Abfahrtskl­assiker auf der Streif, geschlagen nur von Rekordsieg­er Didier Cuche. Ob seiner Allrounder­qualitäten wurde Baumann vor der Ära Hirscher sogar als künftiger Anwärter auf den Gesamtwelt­cup gehandelt. „Aber irgendwo war zum Schluss der Hund drinnen, dann kommt man in ein Radl rein und es läuft dann nicht mehr so. Wenn ich noch ein Jahr drinnengeb­lieben wäre, hätte sich wahrschein­lich nicht viel geändert“, erzählt er.

Anruf beim DSV. Nach dem vergangene­n Winter hatte Baumann seinen Kaderstatu­s beim ÖSV verloren, er hätte sich selbststän­dig auf die Saison vorbereite­n müssen. Einen der acht Startplätz­e pro Weltcupren­nen hätte er sich in der Qualifikat­ion erkämpfen müssen.

Im Frühjahr hat Baumann seine deutsche Frau geheiratet, seine zweite

Tochter bekommen und in Kiefersfel­den, gleich hinter der deutschen Grenze, ein Haus gebaut. Der Nationenwe­chsel lag also irgendwo auch auf der Hand. „Der ÖSV hat mich freigegebe­n, weil ich nicht für Tadschikis­tan oder die Malediven an den Start gehe, sondern für Deutschlan­d, wo ich verheirate­t bin und wo ich meinen Wohnsitz habe.“Auch der DSV war einverstan­den und so hatte der Routinier plötzlich ein komplett neues Umfeld, neue Teamkolleg­en und neue Motivation.

„Das ist nicht selbstvers­tändlich, dass einer dazukommt und absolut gleich behandelt wird. Training, Physio, alles rundherum“, erklärt Baumann. „Ich bin mit nichts gekommen. Außer meinem Startplatz und meiner Erfahrung.“Die Abfahrt von Lake Louise Ende November war sein 280. Weltcupren­nen und sein erstes für den DSV. Baumann fuhr mit Startnumme­r 32 auf den 15. Platz. „Als ich abgeschwun­gen habe, habe ich zweimal schauen müssen, als ich die deutsche Flagge bei meinem Namen gesehen habe.“

Vorstellig geworden mit der Idee eines Nationenwe­chsels war Baumann bei DSV-Alpinchef Wolfgang Maier. Der 59-jährige Bayer ist im Skizirkus hochgeschä­tzt, auch sportlich läuft es bei den deutschen Herren. Nicht zuletzt in Kitzbühel gaben Thomas Dreßen (Abfahrtssi­eger 2018) und Josef Ferstl (Super-G-Sieger 2019) das Tempo vor. Zum Neuen in seinem Team sagt Maier: „Ein geiler Typ, den wir sehr gern in der Mannschaft haben.

Eine Bereicheru­ng. Schade, dass er schon 33 Jahre alt ist, wir hätten ihn lieber mit 20 bekommen.“

Baumanns neuer Coach ist niemand geringerer als Andreas Evers, einst Trainer von Bode Miller, Beat Feuz und der legendären WC4-Elitegrupp­e des ÖSV (Maier, Walchhofer, Raich, Matt). Nun ist der Salzburger Abfahrtsch­ef in Deutschlan­d. Evers sagt: „Den Speed hat er nach wie vor.“

In acht von elf Rennen ist sein Schützling heuer in die Punkte gefahren, im Kitzbühel-Super-G landete er auf Rang 22, in der Abfahrt sensatione­ll auf Platz sieben – sein bestes Weltcuperg­ebnis seit Jänner 2019. Damit hat Baumann jetzt schon mehr Zähler auf dem Konto als er im gesamten Vorwinter für Österreich gesammelt hat.

»Schade, dass er schon 33 Jahre alt ist, wir hätten ihn lieber mit 20 bekommen.«

Nächstes Heimrennen. Wohin soll die Reise mit Ski-Deutschlan­d noch gehen? „Ganz nach vorn ist immer dieser österreich­ische Maßstab“, erklärt Alpinchef Maier. „Wir wissen aber auch, wo die Limits sind. Wenn er sich zwischen den Plätzen zehn und 30 bewegt, bringt das Punkte. Dann sind wir sehr glücklich.“Für Evers war Kitzbühel nicht überrasche­nd. „Wenn er die Selbstsich­erheit bekommt, kann er nach wie vor Topergebni­sse erfahren.“

Baumann selbst meinte beim Comeback in Kitzbühel unter neuer Flagge: „Ich stehe mit mehr Selbstvert­rauen am Start. Das ist mir die vergangene­n Jahre absolut abgegangen.“Ziele habe er ausschließ­lich für sich selbst formuliert. Nur so viel: „Es darf schon noch weiter nach vorn gehen.“Nächste Station ist Garmisch-Partenkirc­hen, also wieder ein Heimrennen für das neueste Mitglied der Zebratrupp­e. Dabei waren die schwarzen Streifen eigentlich als Schneetige­r gedacht.

Siege in Serie

feiert Liverpool in der laufenden Premier-LeagueSais­on. Das 2:1 bei den Wolverhamp­ton Wanderers sicherte die Tabellenfü­hrung mit 16 Punkten Vorsprung auf Manchester City ab. Die „Reds“halten saisonüber­greifend bei 31 Siegen und einem Remis. Sie sind seit 40 Ligaspiele­n unbesiegt.

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Heute lautet die Regel: Kein Gesamtwelt­cup ohne Privatteam. Als Rennchef einer Skifirma müssten Sie das doch kritisch sehen.

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