»Man geht nicht zweimal in der Woche zum Friseur«
Handelsverbands-Chef Rainer Will erklärt, warum auch mit den neuen Lockerungen keine Erholung im Handel eintreten wird.
bershop-Gespräche Fahrt aufnehmen, acht Wochen Informationsflaute nachgeholt werden müssen, fühlt es sich so an wie immer. Nur die übliche Verabschiedung, Umarmung, Küsschen links, Küsschen rechts, die fällt natürlich aus.
Endlich Spielen. Einiges anders ist nun auch auf den Sportanlagen, die nun – teilweise – wieder betreten werden dürfen. Für viele Freizeitsportler, die es am ersten offenen Tag, dem Freitag, noch nicht geschafft hatten, war Samstag der Tag der ersten Stunden am Tennis-, Reit-, Leichtathletik- oder Golfplatz.
Eine Rückkehr ins Altbekannte ist es leider nicht, etwa im 1. KTV, dem Tennisklub in Klosterneuburg. Dort gelten rigide Coronaregeln: Abstand halten. Keine Nutzung der Klubräume. Nicht umziehen, sondern fix und spielfertig ankommen. Nicht zu früh, und nach dem Spiel sofort wieder gehen. Ohne duschen. Aber zumindest Mund-NaseSchutz muss man auf den Anlagen unter freiem Himmel (die Hallen sind sowieso geschlossen) nicht tragen. Ihr Comeback gibt am Samstag etwa eine 16-Jährige, nach anderthalb Monaten Zwangspause. Die ersten Bälle werden gespielt, die Bewegungen sind noch hölzern, aber der jahrelang antrainierten Technik hat die Pandemie zum Glück nicht viel anhaben können. „Es gibt die Schnellstarter, ich gehöre nicht dazu“, stöhnt ein Pensionist, der nach Wochen ohne Training den Spruch „Wer rastet, der rostet“bemüht.
Die zehn Plätze auf der Anlage sind gut gebucht. Die Stimmung der Anwesenden schwankt zwischen Freude über die Rückkehr und Bangen, wie lang die Ausnahmesituation noch dauert. So viel Austausch erlauben sich die Spieler doch. Längere Gespräche gibt es nicht, das gebieten die neuen Regeln: Kommen, spielen, gehen.
Die Coronaregeln für verschiedene Sportvereine gelten freilich bundesweit. Trotz der teilweisen Öffnung, die Lage der Vereine ist dramatisch. Die insgesamt 15.000 Sportvereine des Landes (2,1 Millionen Mitglieder) sind teils in arger Schieflage. Am härtesten trifft es Sportarten mit unmittelbarem Körperkontakt, aber auch Mannschaftssportarten wie Fußball. Die Rückkehr zur „alten“Normalität? Da liegt vor den Sportlern noch ein langer Weg.
Die erste Evaluierung der Umsätze, nachdem die kleineren Geschäfte am 14. April wieder öffnen durften, fiel ernüchternd aus: In den Kassen der heimischen Händler fehlt im Vergleich zum Vorjahr laut Handelsverband mehr als die Hälfte des Umsatzes. Die Lockerung bezüglich des Platzes – einem Kunden müssen nur noch zehn statt 20 Quadratmeter zur Verfügung stehen – lässt nur bedingt Hoffnung aufkommen. Die bisher entgangenen Umsätze ließen sich kaum wettmachen, wird befürchtet.
Mehrere Manager von Einkaufszentren fordern eine teilweise Öffnung am Sonntag, um die Umsatzeinbußen abzumildern. Würde sich das auszahlen? Rainer Will: Für die meisten Händler wäre es aufgrund der Zuschläge nicht stemmbar, auch sonntags offen zu haben. Hinzu kommt: Die rückläufige Kaufkraft der heimischen Konsumenten und die ausbleibenden internationalen Touristen würden derzeit vermutlich lediglich zu einer Umsatzverteilung führen, ohne die Gesamtumsätze zu erhöhen. Wir sind nicht für eine uneingeschränkte Sonntagsöffnung, vielmehr fordern wir eine Möglichkeit zur Öffnung an rund vier Sonntagen pro Jahr für alle Handelsbetriebe, landesweit und ohne Sonderregelungen.
Wie sehr hat die Corona-Krise die Digitalisierung im Handel vorangetrieben? 14 Prozent der heimischen Händler haben krisenbedingt einen Webshop erstellt und 24 weitere Prozent haben den bestehenden Onlineshop optimiert. So konnten Teile des Verlusts aufgefangen werden, ein Drittel der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) verzeichnet aber auch im Onlineshop Umsatzrückgänge. Der kleine Handel braucht den großen, um Frequenz zu generieren. Deshalb waren wir von Anfang an für eine gleichzeitige Öffnung aller Geschäfte.
Dem stationären Buchhandel brachen ab 16. März trotz Onlineshops mehr als 80 Prozent der Umsätze weg. Wie lief das Geschäft nach der ersten Öffnung? Der Buchhandel überrascht uns jetzt sehr: Die Umsätze sind seit 14. April überproportional gestiegen, auch in kleineren Städten. Die Entwicklung ist aber zweigeteilt: In den kleineren Städten,
Rainer Will
ist Geschäftsführer des Handelsverbands und Autor.
Der Handelsverband
ist eine freie Interessenvertretung und Innovationsplattform für rund 400.000 Mitarbeiter im Handel an 20.000 Standorten in Österreich.
wo in Einkaufsstraßen nach Ostern fast alle Läden geöffnet waren, sind die Umsätze in Ordnung und über Vorjahresniveau – trotz zweistellig geringerer Kundenzahl. Dort, wo nur wenige Läden in der Umgebung geöffnet hatten, verzeichneten die Buchhandlungen 30 bis 50 Prozent Umsatzverluste im Vergleich zum Vorjahr. Für die kommenden Wochen ist der Buchhandel vorsichtig optimistisch, weil jetzt die Verwirrung wegfällt, welcher Laden offen hat und welcher nicht.
Können manche Branchen die Verluste noch halbwegs einholen?
Die Frequenz wird im Mai weiter steigen, sich aber auch verteilen. Aus Deutschland weiß man, dass nicht zu erwarten ist, weniger als 50 Prozent Verlust in den Einkaufsstraßen und 30 Prozent Verlust in den Bezirksstädten einzufahren. Und das ist schon eine optimistische Einschätzung für den Mai. Außerhalb der großen Ballungsräume – Mödling, Baden, Perchtoldsdorf – funktionieren viele kleine Geschäfte gut. Eine Katastrophe ist der erste Wiener Bezirk. Einerseits sind die Leute noch verängstigt und haben wegen der Arbeitsmarktsituation weniger Geld oder gar keine Lust auf Shopping. Masken regen die Laune für mehrere Anproben auch nicht an. Aber es fehlen insbesondere die asiatischen Touristen, die sonst viel Geld in den Luxusgeschäften lassen. Und man geht jetzt auch nicht zweimal in der Woche zum Friseur oder ins Nagelstudio, nur weil man jetzt mehrere Wochen nicht war.
»Das größte Problem ist die Zehn-Quadratmeter-Regel, die bringt jeden um.«
Die Steuererleichterung hilft?
Ja, wir danken der Bundesregierung dafür, der Empfehlung des Handelsverbandes zu folgen und die bereits paktierte Lohn- und EinkommenssteuerReform vorzuziehen. Das ist eine wirksame Maßnahme, um die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher zu steigern. Und das kann der Volkswirtschaft helfen, da die Österreicher jetzt darauf achten, auf regionale Produkte zurückzugreifen, und voraussichtlich eher Inlandsurlaub machen „müssen“.
Kann der 38-Milliarden-Euro-Fonds die sieben Prozent der Händler, die unmittelbar vor der Pleite stehen, noch retten?
Da ist zwar ein großes Wohlwollen der Bundesregierung vorhanden, das Problem ist aber der Modus Operandi. Die Liquidität ist bis dato nicht bei den Unternehmen angekommen. Der Härtefallfonds musste mehrmals nachjustiert werden. Das Kurzarbeitsmodell beim AMS funktioniert technisch zwar gut, die Zusagen blieben bisher aber aus. Ich hoffe, dass das nicht dazu führt, dass die 1,1 Millionen, die jetzt in Kurzarbeit sind, auf den Arbeitsmarkt kommen.
Warum scheiterte es bisher auch an den Krediten der Banken?
Es gibt zwei Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit ein Unternehmen als in Schwierigkeiten gilt. Die Banken vergaben schon keine Kredite, wenn eine der zwei Kriterien erfüllt war. Sie haben die Richtlinien für Garantien nach Gesprächen vergangenes Wochenende aber besser ausgelegt.
Der Muttertag steht bevor. Auch wenn man diesen nicht auswärts feiern kann, gibt es einige Möglichkeiten, sich Menüs liefern zu lassen – gegen Vorbestellung.
Spätestens, wenn die Frage auftaucht, wie man den Muttertag gut über die Runden bringt, ist wieder ein Hauch von Normalität da. Wobei schon bei der Antwort klar wird, „echte“Normalität ist das noch lang nicht, denn dazu gehören hoffnungslos ausgebuchte Ausflugslokale. Weil die aber noch bis zum 15. Mai geschlossen haben, muss man eben selbst kochen – oder liefern lassen (und unbedingt vorbestellen). Hier ein paar Empfehlungen quer durchs Land.
So haben Spitzenköche der Vereinigung Jeunes Restaurateurs spezielle Muttertagsmenüs zusammengestellt. Der südburgenländische Küchenchef Jürgen Csencsits liefert sein Menü (mit u. a. Spargel, Lachsforelle und Beiried oder Bauernhendl) teilweise auch nach Wien (49 Euro; 033 66/77 220, gasthaus@csencsits.at).
Josef Floh in Langenlebarn bietet von Donnerstag bis Montag ein wöchentlich wechselndes VierGänge-Menü (Menübox für 2 Personen 95 Euro; floh@derfloh.at, 02272 / 62 809). Auch Frühstück kann abgeholt werden. Geliefert wird nach Tulln, Langenlebarn und teilweise auch nach Wien.
Maki von der Lachsforelle, Zanderfilet mit Kohlrabi-Brennnesselgemüse und Rosenmakronen packt Philip Rachinger vom Mühltalhof in Oberösterreich u. a. in seine Muttertagsbox für zwei Personen (120 Euro, inklusive Wein; 07282/62 58, reception@muehltalhof.at).
Andreas Döllerer stellt in Golling ein dreigängiges Muttertagsmenü zusammen (40 Euro, Vorbestellung bis 7. Mai, office@doellerer.at, 06244/ 4220), ebenso Jürgen Vigne vom Pfefferschiff, der für Samstag und Sonntag eine Muttertagsbox mit u. a. Flusskrebspofesen auf Spargelsalat, gefüllter Maishendlbrust und Schokomousse anbietet (90 Euro für 2 Pers., Zustellungen im Umkreis von 10 km, restaurant@pfefferschiff.at, 0662/66 12 42).
Auch Hubert Wallner kocht in seinem See Restaurant Saag am Wörthersee auf Abholung (hw@saag-ja.at, 0664/40 12 730), ebenso wie Astrid und Andreas Krainer im steirischen Langenwang, die eine Brunchbox für vier Personen anbieten (98 Euro; Vorbestellung bis 7. 5., 038 54/20 22, restaurant@hotel-krainer.com).