Wandeln unter Rosenbäumen
Die Farborgien der verschiedenen Rhododendren sind legendär, doch wer die empfindlichen Prachtpflanzen in den Garten holen will, muss ihnen das richtige Bett bereiten und ihnen die rechte Pflege zukommen lassen.
Wer jemals das Glück hatte, sich zur Zeit der Rhododendrenblüte in einer der uralten, prachtvollen Parklandschaften Großbritanniens aufzuhalten, wird dieses Erlebnis kaum je vergessen: Man wandelt durch ein Blüten-Märchenland, und hinter jeder Wegbiegung wartet eine neue Attraktion. Die Szenerie ist unbeschreiblich. Rhododendren blühen in einer derart verschwenderischen Pracht, dass man Vergleichbares kaum finden wird. Wenn ein gut gepflegter Rosenbaum – denn nichts anderes bedeutet der Name Rhododendron – seine zahllosen großen Blütenknospen öffnet, sieht man mitunter das grüne Laub darunter nicht mehr, so üppig fällt der Blütenflor aus. Märchenhaft eben.
Rhododendren sind und waren stets echte Liebhaberpflanzen, ähnlich den Rosen und den Orchideen. Die Gattung umfasst an die tausend Arten weltweit. Die meisten stammen aus dem Fernen Osten, aus China, Japan, dem Himalajagebiet. Doch auch in Amerika, Afrika und in Europa gibt es sie. In den Alpen beispielsweise kommen drei Vertreter vor: die Alpenrosen Rhododendron hirsutum und der Almrausch Rhododendron ferrugineum, die beide jeweils in kräftigem Rosa blühen, sowie die überaus seltene Gelbe Alpenrose Rhododendron luteum. Alle stehen regional unter Naturschutz.
Sortenreichtum. Unzählige Kultursorten stammen von diesen Wildsorten ab. Seit Jahrhunderten wurden sie durch Kreuzungen veredelt, sodass es nun Rhododendren in allen Größen und Blütenfarben gibt, nur in einer nicht: in reinem Blau. Doch sonst lässt diese Prachtpflanze keine Farbnuance aus. Sie blüht in tiefstem Dunkelviolett, in schreiendem Rot und in noblen Cremefarben und in jeder erdenklichen Schattierung dazwischen.
Bevor dieser Reichtum entstand, war die Jagd nach neuen Rhododendrenarten eine der zentralen Beschäftigungen der Pflanzenjäger der vergangenen Jahrhunderte. Es waren vor allem die Briten, die bis in die tiefsten Schluchten Chinas vordrangen, um noch nicht Entdecktes auszugraben und zu den Zuchtstätten der Rhododendronliebhaber zu verschiffen. Als der Earl of Cawdor einen der erfolgreichsten von ihnen, nämlich Frank Kingdon Ward, im Jahr 1924 auf eine Expedition in das Tal des Tsangpo im mittleren Himalaja begleitete, beschrieb er die Arbeit des Botanikjägers in seinem Tagebuch folgendermaßen: „Es macht mich völlig verrückt, hinter ihm herzulaufen. Alle drei Meter hält er an und bewegt sich auch kaum zwischendurch. In meinem ganzen Leben habe ich niemanden erlebt, der sich so langsam bewegt. Sollte ich je wieder in meinem Leben reisen, dann verdammt noch mal nicht mit einem Botaniker. Sie halten ständig an, um Unkraut anzugaffen.“
Das soll uns heute recht sein. Wenn wir in unserem Gärtchen einen oder besser gleich mehrere Rhododendren pflanzen, gedenken wir all dieser Herren in Dankbarkeit. Bevor es aber so weit ist, braucht man das rechte Rüstzeug an Rhododendron-Knowhow, denn die Pflanzen sind anspruchsvoll: Locker, humos und wasserdurchlässig muss der Boden sein, und wie fast alle Heidekrautgewächse verlangt auch der Rhododendron ein gleichmäßig feucht gehaltenes Substrat