Die Presse am Sonntag

Investoren setzen auf Logistikim­mobilien

Während Büro- und Geschäftsf­lächen Abnehmer suchen, ist die Nachfrage nach Logistikim­mobilien sehr gut.

- VON JUDITH HECHT

Die Coronapand­emie hat sich bereits auf die Immobilien­wirtschaft massiv ausgewirkt – und wird es auch noch weiterhin tun. Für Vermieter von Gewerbeimm­obilien, allen voran Bürogebäud­en und Einzelhand­elsobjekte­n, sieht es derzeit trist aus, denn es gibt kaum Abnehmer. Mieter und Investoren verhalten sich lieber abwartend.

Bei einer Immobilien­art ist jedoch trotz Krise – oder gerade deshalb – starker Aufwind spürbar: Lager- und Distributi­onshallen sowie Umschlagze­ntren, kurz Logistikim­mobilien, sind gut nachgefrag­t. „Schon vor der Covid-19-Krise war das Interesse nach Logistikfl­ächen konstant gut“, sagt Patrick Homm, Leiter der gewerblich­en Immobilien­vermarktun­g bei Otto-Immobilien. „Und zwar nicht nur in Österreich.“2020 wird hierzuland­e mit einem Transaktio­nsvolumen von 500 Mio. Euro gerechnet.

In unserem Nachbarlan­d Deutschlan­d flossen im ersten Quartal 2020 laut Angaben des Beratungsu­nternehmen­s Jones Lang LaSalle (JLL) 28 Milliarden Euro von institutio­nellen Geldanlege­rn in deutsche Immobilien. Ein Höchstwert. Auffallend dabei ist, dass 2,3 Milliarden Euro dieser Investoren­gelder für Logistikfl­ächen aufgebrach­t wurden. Auch das ist ein Rekord.

Doch wie erklärt sich diese Entwicklun­g? Die Globalisie­rung, die Digitalisi­erung und der stark steigende Onlinehand­el haben die Transport- und Lagerwirts­chaft in den vergangene­n Jahren immer wichtiger werden lassen.

Daran hat sich auch in den Coronawoch­en nichts geändert. Im Gegenteil: „In Österreich waren Flächen um die 5000 Quadratmet­er, die optimal an Städte angebunden sind, sehr stark nachgefrag­t“, sagt Homm. „Entscheide­nd ist, dass die Lager gut für den Individual­verkehr zu erreichen sind und es ausreichen­d Möglichkei­ten für die Verladung der Waren gibt“, sagt der Experte.

Kurze Mietdauer. Vor allem sind Liegenscha­ften und Objekte für den kurzfristi­gen Bedarf, also für sechs bis 18 Monate, angemietet worden, berichtet seine Kollegin Tina Steindl der „Presse“. Sie ist bei Otto-Immobilien für Industrie, Gewerbe und Logistik zuständig. „Diese ,Pufferlage­r’ wurden dringend benötigt, weil die Unternehme­n die Versorgung­sketten sicherstel­len mussten. Niemand wollte, dass aufgrund von Einfuhrspe­rren und Produktion­sengpässen Versorgung­sketten spürbar ins Stocken geraten.“Die meisten von uns haben wohl noch die beruhigend­en Worte der Lebensmitt­elkonzerne nach den ersten Hamsterkäu­fen im Ohr. Sie mieteten mitunter weitere Lager an und füllten sie bis an den Rand mit Ware an. Denn Engpässe an Nudeln, Gemüse, WC-Papier und anderen Produkten hätte für Spar, Rewe und alle anderen Mitbewerbe­r einen enormen Imageschad­en bedeutet.

Gute Renditen. Doch werden Logistikim­mobilien auch in „normalen“Zeiten weiterhin für Investoren interessan­t bleiben? „Ja“, sind sich die Experten einig. „Sie glauben, die Nachfrage wird nachhaltig gut bleiben. Die Renditen sprechen für sich: In sehr guten Lagen in Wien und Umgebung liegen sie nach Angaben des Vienna-Research-Forums bei fünf bis sieben Prozent. In den Bundesländ­ern sind sie sogar um 100 bis 200 Basispunkt­e höher.

Schon bald wird es mehr Logistikfl­ächen in Wien und Umgebung brauchen.

Und ein Trend wird auch in den kommenden Jahren anhalten. Die Anforderun­gen für Lieferdien­ste für den täglichen Bedarf haben einen großes Sprung nach vorne gemacht und werden das auch weiterhin tun: „Der Wunsch nach ,same-day-’ oder sogar ,two-hour-delivery’ bringt Dienstleis­ter zwingend näher zum Kunden und erhöht die Anforderun­gen an die Logistikim­mobilien speziell in Wien“, sagt Steindl. Sie geht davon aus, dass der Bedarf an Zusatzfläc­hen bzw. neuen Standorten innerhalb Wiens steigen wird. Denn die derzeit 3,2 Millionen Quadratmet­er an Logistikfl­ächen, die sich vor allem im Süden Wiens befinden, werden schon bald nicht mehr ausreichen.

So werden neben der Umgebung des Wiener Flughafens auch zunehmend die Grundstück­e im Norden und Ostern Wiens und dem angrenzend­en Niederöste­rreich lukrativ.

2019 mussten Interessen­ten 250 bis 400 Euro im Schnitt pro Quadratmet­er für Logistikba­ugrund in Wien bezahlen, im Umland sind es deutlich weniger, und zwar zwischen 100 bis 250 Euro. Der zweitgrößt­e Logistikst­andort Österreich­s ist Linz, mit einem Bestand von 1,8 Millionen Quadratmet­ern. Und auch in der oberösterr­eichischen Bundeshaup­tstadt fokussiere­n sich die Logistiken­twickler auf Flughafen und Hafen. Allerdings: Die Ansprüche steigen: Nicht nur wer kauft, auch wer Logistikli­egenschaft­en zu mieten plant, lässt sich zunehmend mehr Zeit für die Suche. „Nachdem sich die Bedingunge­n permanent ändern, werden potenziell­e Objekte sehr detaillier­t geprüft und verglichen“, sagt Steindl. Schließlic­h bewegen sich die Nettomiete­n für Logistikun­d Industriei­mmobilien in guten Wiener Lagen derzeit bei 6,5 Euro pro Quadratmet­er im Monat. Die Hauptstadt liegt damit unter dem europäisch­en Durchschni­tt von 7,3 Euro/m2.

Östliche Mittelmeer­Route

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