HELMUT MARKO
Spielberg ist für den großen Coup bereit. Erhält die Rennstrecke im Lauf dieser Woche von der Bundesregierung unter Einhaltung aller Coronamaßnahmen die Freigabe für die Austragung des Grand Prix, verwandelt sich Österreich postwendend in das Epizentrum der Sportwelt. Denn dann steigt in der Steiermark der Saisonauftakt der Formel 1, der seit 1950 global seine Spuren ziehenden, milliardenschweren Rennserie. Österreich würde in den Blickpunkt rücken, weil die TV-Bilder von „Formula One Management“weltweit zu sehen wären. Das erste (nach zehn abgesagten oder verschobenen) Rennen garantiert Rekordquoten und gigantische Werbewerte. Es startet allerdings nebenbei auch ein Hauch Ironie: Mit Rudolf Anschober und Werner Kogler gäben zwei Grün-Politiker dem Motorsport grünes Licht.
Es wäre unbestritten ein Impuls für Sport, Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Tourismus nach dem Stillstand in der Krise. Mit zwei geplanten Rennen – am 5. und 12. Juli – erwarten Dietrich Mateschitz und sein Red-Bull-Konzern einen Jackpot. Der nach maximaler Aufmerksamkeit und Verkaufszahlen strebende Betrieb betreibt Rennstrecke und Projekt, dessen Fäden Berater und Ex-Rennfahrer Helmut Marko zieht. Es ist Sport, selbst die anachronistische Formel 1 ist das. Doch für Geldgeber ist und bleibt es immer ein Geschäft.
Chance, aber im Zweifel. Für F1-Eigentümer „Liberty Media“ist es der dringend benötige Start, damit die Geldmaschine wieder zu laufen beginnt. Verdient der US-Konzern Geld, werden auch die zehn teilnehmenden Teams beteiligt und ist auch in dieser exorbitant teuren Serie mit Jahres-Etats von 150 Millionen Euro aufwärts keine Rede mehr von Kurzarbeit, Gehaltskürzungen und Insolvenz.
Die Fahrt aus der Krise kann mit dem „Geister-Doppel“in Spielberg gelingen. Als „Blaupause“für alle weiteren Stationen, obwohl der weitere WMKalender noch immer nicht fixiert, von Viren, Wellen, Quarantänen oder politischem Zuspruch abhängig ist.
Was jedoch weiterhin aussteht, ist die Zusage von Gesundheitsminister Anschober und die Festlegung der Einund Ausreisebestimmungen. Ihm liegt das von Red Bulls Marketing- und Eventexperten mit Ärzten ausgefertigte Gesundheitskonzept seit vergangenem Donnerstag vor, die Entscheidung soll in dieser Woche fallen. Es brodeln allerdings zwei Gerüchteküchen: Eine besagt, alles sei längst abgenommen, die Show könne daher starten. Die andere Version wirft allerdings gehörige Zweifel auf. Anschober sei „nicht restlos überzeugt“, wegen ein „paar offener Fragen“.
Aber, auch bei der Fußball-Bundesliga gab er trotz engmaschigen Testsystems nicht sofort Zustimmung. Auch wartet Österreichs Sport weiterhin vergebens auf mindestens 100 Millionen Euro Hilfsgeld, das Werner Kogler versprochen hatte – im April. Und jetzt erhält just die Formel 1 Vorfahrt? Privilegien, war aus dem Sportministerium zu vernehmen, gebe es für niemanden. Auch nicht für die F1.
Isolation der Sterilen. Um den Grand Prix überhaupt unter den aktuell notwendigen Sicherheitsaspekten starten zu können, bedarf es umfangreicher Vorkehrungen – und immenser Logistik. Die Rennstrecke in Spielberg ist seit Anfang Mai wieder geöffnet und hat den Vorteil, dass sie nahe dem Militärflughafen Zeltweg (Basis der Eurofighter) liegt. Dorthin sollen alle Teams mit Chartermaschinen und Privatjets eingeflogen werden. Für das Bundesheer ein Geschäft mit Start- und Lande- wie Parkgebühren, für die Formel 1 die Ausgangsbasis für ihr einzigartiges Isolationskonzept.
Nach der Landung erfolgt umgehend die erste Kontrolle: Jeder Einreisende muss gesund sein und einen negativen Test auf Sars-CoV-2 (nicht älter als vier Tage) vorlegen. Danach warten
Busse, die jedes Team (maximal 60 bis 70 Personen; ca. 1500 an der Rennstrecke insgesamt) in eigens für zwei Wochen komplett reservierte Quartiere – manch Spielberger erzählt, dass es durchwegs Mateschitz- und MarkoHotels sein sollen – bringen. Keine andere Mannschaft, kein anderer Gast darf dort wohnen. Damit halten sich die jeweiligen Techniker und Ingenieure ausnahmslos nur im Hotel oder an der Rennstrecke auf, als geschlossene Gruppe. Der ohnehin als steril verschrieene PS-Zirkus schottet sich also fürwahr von der Außenwelt ab und schlüpft für diese Doppelveranstaltung in eine eigene Blase.
In Spielberg gibt es weder den gewohnten Paddock-Klub, noch werden die mondänen Motorhomes aufgefahren und dort thronen. Es gibt keine Hospitalityoder VIP-Zonen, es ist alles in
RB-Berater und Ex-Rennfahrer
Formel-1-Blase: Mitarbeiter treten nur im Hotel und an Spielbergs Rennstrecke auf.