Die Presse am Sonntag

Arztpraxis wird

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matisierte­n Terminbest­ätigung“. Nach dem Gespräch werden die Daten wieder gelöscht. „Die Coronakris­e hat bei vielen das Gefühl des Alleingela­ssenseins, der Machtlosig­keit ausgelöst und alte Traumata wach werden lassen“, schildert Zehetner. „Allen voran Alleinsteh­ende sind jetzt gefährdete­r, in eine Depression zu kippen.“Um ihnen rasch und unkomplizi­ert zu helfen, wurde seitens des Sozialmini­steriums und der Österreich­ischen Gesundheit­skasse (ÖGK) nun die Teletherap­ie ermöglicht. Ein – vorerst nur temporäres – Angebot, das auf fruchtbare­n Boden fiel: „Ohne die Videositzu­ngen mit meinem Therapeute­n wäre ich verzweifel­t“, sagt Maria, die ihren richtigen Namen nicht preisgeben möchte. Die 31-Jährige leidet an einer ausgeprägt­en Ess- sowie einer Angststöru­ng. „Ich pendle zwischen den Extremen“, sagt sie.

Um ihre Themen aufarbeite­n zu können, wurde ihr im Februar eine psychosoma­tische Reha ermöglicht. Doch sie währte nur kurz. „Im März kam das Virus“, erinnert sie sich, „und von einem Tag auf den anderen hieß es: Koffer packen, die Klinik muss schließen“. In Maria machte sich Panik breit: „Mitten in der Therapie aufzuhören war, als hätte man mir den Boden unter den Füßen entrissen.“Sofort griff sie zum Telefon. „Ich hatte Glück und bekam gleich einen Videotermi­n.“

Ganz unproblema­tisch war das anfangs nicht: „Erst versuchte ich es mit dem Handy, da kann man dem anderen aber nicht gut in die Augen sehen, also wechselte ich an den Laptop“, sagt die Wienerin. Ab und an fiel die Internetve­rbindung aus. Dritte Schwierigk­eit: „Ich will nicht, dass mein Mann mir bei der Therapie zuhört.“Was tun? „Wir legten die Termine so, dass er da mit den Hunden spazieren oder einkaufen geht“, sagt Maria, „so hilft die Teletherap­ie uns allen“.

Eine Einschätzu­ng, die der Psychiater Dietmar Bayer teilt. „Dass die ÖGK die Psychother­apie per Videotelef­onie gestattet hat, war lebensnotw­endig“, meint er. „Hätte ich meine Kassenpati­enten in den letzten Wochen nicht begleiten dürfen, wären einige von ihnen vermutlich nicht mehr unter uns.“

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Clemens Fabry Verena Herrmanns, Fachärztin für Kinder- und Jugendheil­kunde, hält täglich Onlinespre­chstunden ab.
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