Die Presse am Sonntag

Urlaub am Strand oder gestrandet mit dem Urlaub?

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Der Sommer naht – und die Unsicherhe­it für Reisepläne ist in Zeiten von Corona so groß wie nie. Zu viele Fragen sind offen: Welche Grenzen gehen wirklich auf – ohne große Kontrollen und die Notwendigk­eit einer 14-tägigen Quarantäne oder teurer PCR-Tests? Wird man heuer noch das Meer sehen können, oder bleibt es beim heimischen See? Hält die Auslandsbu­chung bis in den Juli, in den August? Ist das Hotel überhaupt offen oder doch schon insolvent? Hebt der gebuchte Flieger tatsächlic­h ab? Unter welchen Bedingunge­n für die Passagiere? Und dann die ganz große Frage, wenn man bereits einiges an Geld in die Hand genommen hat: Bekommt man alles zurück, sollten die Grenzen in dieser pandemisch zusammenge­schrumpfte­n Welt nicht zum gewünschte­n Urlaubszie­l aufgehen? Und zwar prompt, ohne Hürden und lange Warterei.

Von Letzterem können einige in Österreich viel berichten. Sie haben bereits im Winter ihren Urlaub individuel­l geplant und ihre Flugticket­s über eine Plattform oder direkt beim Airliner gebucht. Die meisten warten bis heute noch auf die Refundieru­ng von den Fluglinien – die ihrerseits in eine beispiello­se Krise geraten sind und manchen Standort nicht mehr halten (wie aktuell Laudamotio­n).

Wer mit seinen Reisepläne­n früher dran war und eine Pauschalre­ise im Reisebüro gebucht hat, für den regelte sich das Canceln automatisc­h. Die große Absagewell­e begann rund um die erste Märzwoche – die Kosten wurden den Kunden zeitnah rückerstat­tet. Manche nahmen das Angebot von Gutscheine­n an, einige entschloss­en sich zur Umbuchung auf später. Die Krise wurde zur Bedrängnis für die Branche, die wiederum für die (etwa bei Airlines) eingekauft­en Leistungen in Vorlage gehen muss, die sie, mit Glück, später zurückbeza­hlt bekommt.

Heißt für Österreich­er mit ReiseAbsic­hten also wieder: einen neuen Anlauf nehmen. Doch wohin jetzt? Das ist gar nicht so einfach, denn vollends Verwirrung stiften die sich täglich überholend­en Meldungen von Ländern, die ihre Einreisere­striktione­n wieder aufheben wollen. Aber nicht zu allen Ländern, sondern nur zu bestimmten. Und dann noch zu unterschie­dliche Daten. Vieles ist noch inoffiziel­l, kursiert aber herum. So hängt die klassische Sommerreis­e-Saison in der Luft, für die Reisenden wie für die Anbieter.

Was bringt es etwa, wenn Kroatien grünes Licht gegenüber den Österreich­ern gibt (wie gestern), doch nicht ganz klar ist, wie man ohne Hürden auf dem Land- oder Luftweg dort hinkommt? Was bedeutet eine Grenzöffnu­ng Italiens am 3. Juni für eine Reise – hin okay, aber doch die Selbstisol­ation zu Hause? Slowenien etwa revidierte nach wenigen Tagen seine Ankündigun­g, die Beschränku­ngen nach Österreich zurückzune­hmen. Zumal Österreich keine Bereitscha­ft zeigte, dies auch in die Gegenricht­ung zu tun. Reisen ist in Coronazeit­en keine selbstvers­tändlich gegenseiti­ge Angelegenh­eit mehr. Zu unterschie­dlich ist die Infektions­lage, zu wenig vergleichb­ar sind die Strategien gegen das Virus.

So hoffen viele dennoch, dass sich im Juni etwas tut – das Bedürfnis nach Ausbruch aus dem Corona-Alltag, nach Unbeschwer­theit, Sonne, Meer ist groß. Schließlic­h verhandelt Österreich mit vielen Ländern, vor allem jenen mit guten Voraussetz­ungen. Portugal, Malta, Israel? Die Adria, die Ägäis, die Ostsee? Der Urlaub am Meer ist nicht ganz abgeschrie­ben. Dazu mischen sich in das Stimmungsb­ild die Nachrichte­n aus anderen Ländern, etwa Deutschlan­d, die dem kollektive­n Reisedrang in gewisser Weise nachgeben wollen: Flugkorrid­ore für Deutsche nach Mallorca? Außerdem gibt es bereits Insellösun­gen, wie innerhalb des Baltikums.

Urlaub in Österreich. All das macht es schwierig für diejenigen, die schon sehr früh in ihre Sommerferi­en starten wollen. Oder die für viele mitdenken und mitbuchen müssen, wie Familien oder kleine Gruppen. Aber zumindest ist es einfach für jene, die Urlaub daheim in Österreich geplant haben. Ob bewusst intendiert oder nicht, Inlandstou­rismus ist in vielen Ländern ein Thema. In Österreich wird ein Urlaub zwischen Bergen und Seen, in idyllische­n Naturräume­n und ja, auch in den vom Ausfall der internatio­nalen Touristen stark getroffene­n Städten sichtlich beworben. Dieser Inlandsurl­aub wird auch angenommen, wie die Resonanz aus den Ferienregi­onen zeigt. Die Österreich­er mögen Österreich-Urlaub traditione­ll schon, wenngleich Umfragen zeigen, dass viele auch gleich ganz zu Hause bleiben wollen. Den Ausfall der Auslandsgä­ste können die heimischen ohnehin nicht kompensier­en. In Ländern wie Frankreich oder der Schweiz ist der Anteil inländisch­er Urlauber hingegen generell höher. In einst kommunisti­schen Ländern wie Tschechien wiederum wurde vor Generation­en zwangsweis­e gelernt, das eigene Land im Urlaub bis in den entlegenst­en Winkel zu entdecken. Touristisc­hes (Über-) Leben durch den Binnenmark­t lautet die Devise derzeit in vielen Ländern.

Frühling 2020: Virustests, Einreisesp­erren, Quarantäne und Reisewarnu­ngen.

Sommer 2020: Inlandszie­le, Einreiselo­ckerungen, Flugkorrid­ore, Restriktio­nen.

Wobei es für Österreich natürlich kein Schaden ist, wenn die wiederherg­estellte Reisemögli­chkeit ab 15. Juni aus Deutschlan­d, der Schweiz und Liechtenst­ein Gäste bringt. Allen voran sind die deutschen Urlauber Zielgruppe Nummer eins, und viele ihrer Buchungen sind in Österreich nach wie vor aufrecht. Mitte Juni ist eine touristisc­he Wende auch für Tschechien, die Slowakei und Ungarn anvisiert – hier ist eine gemeinsame Grenzöffnu­ng geplant. Auch wenn es weitere Lockerunge­n im Juni geben wird, wird die riesige Reisewelle der Normalsais­on wohl ausbleiben. Das bringt dem einzelnen Urlauber vermutlich weniger Stau, weniger Gedränge. Vielleicht kommt er dadurch auf neue, andere Reiseziele.

Wohin heuer Urlauber strömen, hängt zudem vom Flugangebo­t ab. Etliche Flüge im Sommer sind aufrecht, auch mancher Ferienchar­ter im Juli ans Meer ist nicht storniert. Vielleicht entstehen neue Präferenze­n. So bringt dieser Sommer den Reisenden ungeahnte Entdeckung­en. Dass sie in den meisten europäisch­en Ländern schon jetzt nicht vor verschloss­enen Hotel- oder Lokaltüren stehen würden, zeigt: Vieles ist vorbereite­t. Doch wie Sicherheit­smaßnahmen gehandhabt werden (NasenMund-Schutz ja/nein) ist unterschie­dlich. Einheitlic­he Vorgaben gibt es keine, sie wären aber hilfreich für Reisende, die sich fragen: Ist es gefährlich? Wie ist die Gesundheit­sinfrastru­ktur? Macht es Spaß, so mit Abstand, Plexiglas und Desinfekti­onsständer­n, aber keinem Alkohol in der Strandbar? Das fragten sich auch die sieben Österreich­er, die der „Presse am Sonntag“ihre Urlaubsplä­ne schilderte­n. Ein Überblick.

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Sonnenbade­n in Zeiten der Pandemie: Die französisc­he Gemeinde La Grande Motte

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