Als er das zweite Mal heiratete
Wolfgang Schüssel hat eine kurzweilige Autobiografie verfasst.
Der Titel „Was. Mut. Macht.“ist ein typischer Schüssel. Der Text hält aber mehr, als der Titel verspricht. Wolfgang Schüssel hat eine kurzweilige Autobiografie verfasst. Die Kapitel sind jeweils auch nicht länger als zwei bis drei Seiten. Schüssel springt von der Politik zum Fußball, von der Kindheit zur Opernaufführung. Eine Biografie in kleinen Stücken, in Anekdoten, Erinnerungen, Gedanken, Betrachtungen.
Ein Stück Zeitgeschichte auch. Das Scheidungskind Wolfgang Schüssel durfte nicht so einfach das elitäre Schottengymnasium in Wien besuchen. Erst musste er zum BenediktinerAbt ins steirische Seckau, damit sich dieser dann beim Benediktiner-Schulleiter des Schottengymnasiums in Wien für ihn verbürgte. Der Schüler Schüssel musste danach jedes Jahr nach Erhalt des Zeugnisses zum Benediktiner-Abt nach Seckau fahren, um dort sein Zeugnis vorzuweisen.
Der Kirche blieb Wolfgang Schüssel kritisch („O heiliger Unsinn des Kirchenrechts!“) verbunden. Geheiratet
Wolfgang Schüssel:
„Was. Mut. Macht.“, Ecowin Verlag,
420 Seiten, 26 Euro hat er auch zweimal: Vier Jahre nach der Hochzeit eröffnete ihm der Pater, der Schüssel und seine Frau Gigi getraut hatte, dass er damals einen Formalfehler begangen hatte. Also nahm er ihnen das Eheversprechen formlos noch einmal ab.
Dann geht es mit Wolfgang Schüssel auf den Montblanc und nach Tibet (Spoiler: Lebensgefahr – aber nicht bei ihm). Wir erleben dramatische Momente in seinem Privatleben (die Geburt des Enkelkindes) und in der Politik (9/11, die EU-Sanktionen, die CAPrivatisierung). Er erzählt, wie ihn der JVP-Chef Sebastian Kurz um eine Diskussion bat – diese fand dann in einer Disco statt. Von Musik liest man überhaupt viel – von klassischer in erster Linie. Diese Autobiografie ist auch ein Best-of der beglückendsten Konzerterlebnisse im Leben des Wolfgang Schüssel. Und eine neue Stadt, am besten irgendwo in Niederösterreich, würde er auch gern bauen.
Wie gesagt: ein kurzweiliges Buch. Das Langweiligste ist der Titel.