Beschwörer der Stille und der Melancholie
Mit seinen auf das Wesentliche reduzierten Gemälden versucht Eduard Angeli, die Betrachter zur Ruhe kommen zu lassen. Der Künstler will Ordnung schaffen – die von Menschen befreite Leere des Raums und der Landschaft hilft dabei.
Melancholische Ansichten, auf denen sich das Leben meist längst verabschiedet hat.
Ruhe, Einsamkeit. Melancholie. Die zentralen Themen auf den Bildern des Eduard Angeli. Die Gemälde wirken, als ob sie helfen wollen, den Sieben-Wochen-Corona-Shutdown einigermaßen ausgeglichen zu überstehen. Aktueller kann das Werk eines Künstlers nicht sein: Isolation als Chance. Die Bilder laden den Betrachter ein, Ordnung zu schaffen. Angst zu überwinden.
Momente der Entspannung, der Stille, statt Hektik, Lärm, Unruhe, permanenter Gier nach Ablenkung – Eduard Angeli versucht mit seinen auf das Wesentliche reduzierten Gemälden, die Betrachter zur Ruhe kommen zu lassen. Und die Sehnsucht der Menschen nach Stille dem Chaos entgegenzustellen. Anregung dafür ist ein Zitat von H. C. Artmann: „Reine Stille gibt der Welt das rechte Maß zurück.“
Michael Horowitz
Eduard Angelis Bilder hängen im Museo Correr auf dem Markusplatz in Venedig – diese Ehre wird ihm als erstem österreichischen Maler zuteil –, und er ist bis heute der jüngste Künstler, von dem im Wiener Museum des 20. Jahrhunderts eine Ausstellung gezeigt wird. Rund 200 Bilder: „Mit den Arbeitern, die die Bilder aufhängen, sitz ich 1976 bei einer Flasche Doppler, als einer fragt: ,Und wo ist der Zweite, der da ausstellt?‘ Der Zweite war auch ich“, erinnert sich Angeli.
Während der 1970er-Jahre lässt Eduard Angeli – inzwischen einer der wichtigsten zeitgenössischen Maler Österreichs – noch Menschen auf seinen großformatigen Tafelbildern vorkommen, aber langsam sind sie aus den Gemälden verschwunden. Es bleibt die Einsamkeit des leeren Raums und der stillen Landschaft.
Er glaubt damals, vor mehr als 40 Jahren, dass es poetischer sei, nur die Relikte des menschlichen Tuns darzustellen. Mit der Zeit treibt er es immer so weiter – auch auf den farbintensiven Pastellen und elegischen, meist grauen oder tiefschwarzen Bildern aus Venedig. Einer menschenleeren Stadt, wie sie sich erstmals während der letzten Monate als Geisel der Pandemie zeigte.
Angeli spürt längst nur mehr der Aura oder dem Geheimnis der Menschen hinter verschlossenen Türen und Fensterläden nach. Die Schicksale der Unsichtbaren sind nur zu erahnen. In den Häusern haben sie ihre Geschichten hinterlassen.
Eduard Angelis dunkle Gemälde, düstere Strände und verlassene Dachlandschaften sehen manche als stumme Zeugen einer untergehenden Welt. Als Symbole einer erschreckenden Wahrheit.
Licht und Schatten. Es sind magische, melancholische Ansichten, auf denen sich das Leben meist längst verabschiedet hat. Sie wirken oft wie riesige Bühnenbilder, auf denen die Akteure abhandengekommen sind. Angeli beherrscht – einem SpätrenaissanceMeister ähnlich – das ewige Spiel zwischen Licht und Schatten. Und in seinen von Menschen befreiten leeren Räumen auch die hohe Kunst des Subtrahierens,
die Reduktion auf das Wesentliche: „Dem Künstler muss es gelingen, dieses Stückerl Welt auf die Leinwand zu bringen.“
Vermutlich entspricht die Sehnsucht nach Stille und Einsamkeit dem Temperament des Eduard Angeli. Wenn Edi allerdings beim toskanischen Freund Alberto Stefanelli – dem Kunstsammler und Padrone seines Wiener Lieblingslokals Bacco in der Margaretenstraße – isst und trinkt, diskutiert und lacht, ist von Melancholie nichts zu merken. Dann sind nicht Stille und Nachdenklichkeit die Protagonisten, sondern Genuss und Gastfreundschaft, denen man sich hemmungslos hingibt. Mit Rotwein, frittierten Zucchiniblüten, rohen Steinpilzen mit Parmesan, Tagliolini al limone, Bistecca alla fiorentina und allenfalls einer kleinen Portion Tiramisu . . .
Romantiker. Anlässlich Angelis 75. Geburtstages vor drei Jahren zeigt die Albertina in einer Retrospektive rund 100 Werke, die „merkwürdig unzeitgemäß Ruhe und Stille vermitteln“. Für Direktor Klaus Albrecht Schröder ist
Geburt. 15. Juli in Wien.
Istanbul. Lebt, arbeitet und lehrt bis 1971 am Bosporus.
Einzelausstellung Museum des
20. Jahrhunderts.
Präsentation in der Galerie im Oberen Belvedere.
Große Ausstellung im Museo Correr in Venedig.
Albertina. Retrospektive anlässlich des 75. Geburtstages. der Künstler einer der „großen Romantiker unserer Zeit“. Und schätzt in seinen Bildern Stille, Ruhe und Einsamkeit, „vor der wir uns nicht fürchten, sondern nach der wir uns sehnen (. . .) ich glaube, es gibt in unserer Gegenwartskunst kaum eine Figur, die mit Eduard Angeli – allenfalls Edward Hopper oder Giorgio de Chirico – vergleichbar ist.“
Fotos, meist schlichte Schnappschüsse, oft aus einem schaukelnden Boot von Plätzen oder Kanälen, von spiegelndem Wasser und magischem Licht, dienen später im Atelier als Erinnerungshilfen, als Inspiration. Fotografische Vorlagen von Städten wie Istanbul, St. Petersburg oder Venedig.
Sein Studio am Lido, die leeren Plätze, engen Kanäle und verwunschen wirkenden Inseln, die Magie des venezianischen Lichts, hat Eduard Angeli nach fast 20 Jahren hinter sich gelassen. All die Kirchen und Leuchttürme, Brücken, Schiffe und Kräne sind zurückgeblieben. Jetzt fühlt er sich in seinem neuen Atelier an den Ausläufern des Wienerwaldes wohl.
Vor fast 78 Jahren geboren, wächst Eduard in einer Bassena-Wohnung in Wien-Meidling auf. Sport, Sport, Sport ist die Devise des Heranwachsenden. Doch statt als 17-Jähriger Sportlehrer zu werden, entscheidet er sich, an der Akademie der bildenden Künste bei Robin Christian Andersen – der wie Kokoschka und Schiele Mitglied der Neukunstgruppe ist – zu inskribieren: „Es war letzten Endes eine Geruchsentscheidung. Entweder in einem schweißdurchtränkten Turnsaal seine Zeit zu verbringen oder in einem Atelier beim Duft von Farben und Terpentin.“
1965 beendet Eduard Angeli sein Studium und ist von 1967 bis 1971 Gastprofessor an der renommierten Academy of Applied Arts in Istanbul.
Kolonialismus und Militarismus in der Türkei prägen sein Frühwerk. Wie das Bild „Für ein großes Ziel“, auf dem man die Reste eines Flugzeugwracks in der Wüste erkennt.
1971 kehrt Angeli nach Wien zurück. Bald arbeitet er an monumentalen Kompositionen, ab 1980 nimmt er Abstand von kahlen Bildräumen und setzt sich immer mehr mit dem Naturerlebnis auseinander. Wasser wird als Thema immer wichtiger, auf seinen Wasserbildern ist keine Uferzone zu erkennen, kein Horizont, keine Begrenzung.
Er bezieht an der Donau, in Deutsch-Altenburg, die Villa Hollitzer, nach fast zehn Jahren bewohnt er dann zwei Stockwerke in einem Schloss in Wolfsthal, dem letzten Ort vor der slowakischen Grenze. 1999 Übersiedlung nach Venedig. Hier entstehen die Nachtbilder – großflächige Gemälde, auf denen übermächtiges Dunkel dominiert. Und immer Stille.
Kurt Tucholsky schreibt: „Es gibt vielerlei Lärm. Aber es gibt nur eine Stille.“Dem hat Eduard Angeli – der Meister der Ruhe, der Einsamkeit, der Melancholie – vermutlich nichts hinzuzufügen.
Die Magie des venezianischen Lichts lässt Angeli nach fast 20 Jahren hinter sich.
In den ist keine Uferzone zu erkennen, kein Horizont, keine Begrenzung.
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Nächsten Sonntag: HELMUT LANG
„So etwas passiert im heutigen Modebusiness natürlich nicht zufällig, hinter solchen ,Fashion Moments’ steht ein ganzer Apparat“, sagt Elvyra Geyer, Ex-Model, Choreografin, Eventmanagerin und Mitorganisatorin der Vienna Fashion Week. „Ein solcher Auftritt kann super funktionieren und eine Karriere beflügeln, er kann aber auch nach hinten losgehen – da ist immer ein bisschen Glück im Spiel.“
Kein Influencer-Walk. Bei Dames Margiela-Laufstegmoment stimme aber die unumgängliche Grundregel, so Geyer: „Der Walk reflektiert immer die Kollektion und die Vision des Designers: Wenn die Mode minimalistisch gehalten ist, werden die Models auch entsprechend über den Catwalk gehen.“Aus dem Wandel der Moden ergeben sich somit zwangsläufig auch wechselnde Gangarten. Zugleich ist im heutigen Business angesichts der Vielzahl parallel existierender Trends ein möglichst vielseitiges Gehvermögen gefragt. „Umzufallen und cool aufzustehen ist noch immer besser, als schlecht zu gehen“, sagt Geyer pointiert – bringt sie doch Models, mit denen sie Catwalk-Trainings absolviert, immer auch das würdevolle Aufstehen nach der ultimativen Laufstegpanne bei.
Das System, in dem die ersten Supermodels gehen lernten, reflektiere eine nicht wiederholbare Konstellation, meint Roberta Manganelli, Gründerin der Agentur Stella Models: „Diese Frauen durften am Laufsteg sie selbst sein. Kate Moss durfte rauchen, und wenn Naomi mit Westwood-Plateauschuhen hingefallen ist, war das auch kein Malheur – weil sie so selbstbewusst mit der Situation umging.“
Für Manganelli ist neben anderen Kriterien auch die Fähigkei t, sich harmonisch und elegant zu bewegen, entscheidend, um eine junge Frau in ihre Agentur aufzunehmen. Die Vorbereitung auf Laufstegauftritte mit CatwalkTrainings gehört auch bei ihr dazu. „Man merkt gleich, wenn sich jemand zu viele Castingshows angeschaut hat oder den Gang von Influencern auf Instagram kopiert – das müssen wir dann korrigieren.“Richtiges Gehen zu beherrschen, ist für die Agenturbesitzerin wichtiges Rüstzeug in dem Beruf: „Ein Model muss sich der Kollektion anpassen. Das macht den Job erst intelligent, nur so ist man mehr als eine belebte Kleiderstange.“Bis das perfekt funktioniert, müssten aber wohl viele Laufstegkilometer abgerannt werden. eine eigene Sprache mit meinen Kollektionen finden, die das zum Ausdruck bringen sollen.“
Ökologisch. Schnitte ohne Abnäher und körperferne Passformen sollen inklusive Mode für alle Körpertypen und Geschlechter ermöglichen. Für seine neue Kollektion verarbeitete Scheibenbauer Gots-zertifizierte Biobaumwolle und Bienenwachsbeschichtung: „Diese Idee kam mir, als es in mein Studio hineinregnete und meine Arbeitsmaterialien durchnässt waren.“
Lobte Scheibenbauer anfangs noch das Engagement des British Fashion Council, zeigt er sich nun etwas enttäuscht: Für Coronasoforthilfe umgewidmete Gelder seien nicht an junge Designer gegangen, sondern großteils an bereits etablierte Labels. Nicht immer birgt die Krise also Chancen für die Entwicklung von Neuem.