Ungewohnt leer
nen. Covid-19 hat uns den Todesstoß verpasst.“Die Resignation in seiner Stimme passt nicht zu seinen Facebook-Profilbildern, auf denen ein braungebrannter Mann mit einer Leidenschaft für Fallschirmsprünge kampflustig in die Kamera blickt.
Doch die Kämpfe der vergangenen Jahre haben ihn ausgelaugt: „Bei uns gibt es zu wenig Arbeit, daher eröffnet jeder eine Pizzeria, weil es der einfachste Weg ist, Geld zu verdienen“, schildert er. Denn durch seinen Heimatort im Inselinneren fließen nicht die gleichen Touristenströme, von denen die Küstenstädte der Insel profitieren. Fenus Zukunft hängt nun vom Cafe´ „Da Ciondolo“ab, das er im gleichen Ort betreibt. In diesem Betrieb sind seine laufenden Kosten geringer und es gibt weniger Konkurrenz, darum hat er sich entschieden, es geöffnet zu halten.
Weil Fenu die Einrichtung seiner Pizzeria demolieren lassen musste, um seinen Vermietern ihre Immobilie im Ursprungszustand zurückzugeben, sitzt er nun auf noch mehr Schulden. Er hofft, dass die angekündigten Regierungshilfen ihn dabei unterstützen werden, seine Kosten zu decken.
Tausende anderer Kleinunternehmer im ganzen Land warten wie Fenu darauf, dass die Regierungshilfen sie vor der drohenden Pleite bewahren werden. Und dass diese Hoffnung nicht umsonst sein muss, belegt die Geschichte von Sybil Carbone, Pizzabäckerin aus Rom: „Ich bin der Beweis dafür, dass man es schaffen kann, wenn man es unbedingt will“, erklärt sie stolz am Telefon.
Wer keine Schulden hatte, überlebt. Die 39-jährige Carbone betreibt im zweiten Jahr in Rom einen Imbiss, in dem sie Focaccia, ein für Ligurien typisches Pizzabrot, verkauft. „Liguria at home“liegt im Südosten der Stadt an der Via Appia Nuova und ist ein kleines, helles Lokal. Seit rund zwei Wochen weiß Carbone, dass sie dank der Regierungshilfen die Coronakrise finanziell überstehen wird. Denn in den Tagen, in denen Fenu den Vorschlaghammer filmte, ging bei Carbone ein Anruf ihrer Bank ein, der ihr einen Kredit in Höhe von 9000 Euro zusagte. Damit kann sie ihre laufenden Kosten decken. Wochenlang hatte sie sich zuvor um diese Zusage bemüht.
„Mich hat gerettet, dass ich vorher keine Schulden gemacht habe. Daher konnte ich mir erlauben, einen neuen Kredit aufzunehmen“, sagt Carbone.
Damit sei sie jedoch die Ausnahme: In der Branche sei es üblich, sich Geld zu leihen. Und noch ein anderer Aspekt sei für ihre erfolgreiche Wiedereröffnung nach der Coronaschließung essenziell gewesen: ihre Bereitschaft, auf Veränderungen einzugehen.
Wiederöffnung wieder erlaubt. „Man darf nicht glauben, dass man wie vorher weitermachen kann“, sagt sie und erklärt, dass sie ihr Lokal nun überwiegend zu einem Lieferdienst umgebaut habe, weil es viel weniger Laufkundschaft gebe. Menschen, die Veränderungen nicht gewöhnt seien, stünden nun schwierige Zeiten bevor, meint sie. Schließlich weiß niemand zurzeit, wann Italien wieder zu dem Leben zurückkehren wird, das vor dem Ausbruch von Covid als normal galt.
Italien hofft auf EU-Finanzhilfen in Höhe von 172 Milliarden Euro.
Denn obwohl die Regierung mittlerweile allen Restaurants und Geschäften im Land die Wiedereröffnung erlaubt hat, sind viele Türen geschlossen geblieben: Boutiquen und Bars, Bekleidungs- und Schmuckläden sind während der Zwangsschließung bankrott gegangen, andere warten wie Fenu noch auf das Geld der Regierung. Außerdem fehlt vielerorts die Kundschaft: Ohne die ausländischen Touristen und die vielen Büroangestellten, die weiterhin aus dem Homeoffice arbeiten, sind viele Innenstädte ungewohnt leer geblieben. Bis zur Normalität scheint es noch ein langer Weg zu sein.
Extrem wichtig für Italiens Zukunft wird dabei auch die Entscheidung über die Finanzhilfen der Europäischen Union sein, über die dieser Tage in Brüssel diskutiert wird. Setzt sich der Plan, den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch vorgestellt hat, durch, würde Italien mit rund 172 Milliarden Euro den größten Anteil der Hilfsgelder erhalten: 82 Milliarden als Zuschüsse und weitere 90 als Kredite.
Wie nötig diese Gelder für Italiens Zukunft sind, unterstreicht der Kommentar des EU-Wirtschaftskommissars Paolo Gentiloni, der in einem Radiointerview sagte: Der Vorschlag sei „eine große Verantwortung für Italien, auch weil ich nicht glaube, dass sich solch eine Möglichkeit so schnell wieder auftut“.