Die Presse am Sonntag

Let’s Make Money

INFORMATIO­NEN FÜR ZEITGENOSS­EN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN

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er sich grämt, dass er in den zuletzt extremen Börsenmona­ten nicht optimal gehandelt und Geld verloren bzw. nicht genug wieder- oder dazugewonn­en hat, kann sich mit einem Blick auf Profianleg­er trösten. Gerade Hedgefonds, die ja mit einem weitaus breiteren und riskantere­n Anlageinst­rumentariu­m agieren dürfen als klassische Investment­fonds, performten dürftig. Weltweit verdienten nur 13 Prozent der Hedgefonds in den Monaten März und April Geld, rechnet die Agentur Bloomberg vor.

Unter den Anlegern am besten gefah renistals o, wer auf den Höchststän­den des Februar und Anfang März Kasse gemacht hat und Ende März zugekauft hat oder eben auch nicht. Am zweitbeste­n – man muss es sagen – die, die mit einem breit gestreuten Depot nichts getan haben, weshalb sie zwar beim Märzcrash voll dabei waren, bei der Aprilerhol­ung aber ebenso. Und am schlechtes­ten gefahren sind die, die in der Panik unten verkauft und aus Angst auch nicht mehr nachgekauf­t haben.

Aber das Leben ist bunter, weshalb die meisten irgendwo in der Mitte dieser Extreme anzutreffe­n sein dürften. Und seit Wochen grübeln, warum die Börse so beschwingt ist, wo doch realwirtsc­haftlich Dramen vor uns liegen dürften. Optimisten gibt es aber auch: Jüngst Jamie Dimon, Chef von JP Morgan, der denkt, dass doch eine schnelle Konjunktur­erholung möglich sei.

Noch hat das Ganze etwas von einer Glaubensfr­age. Wer der Partystimm­ung an der Börse nicht traut, ist jedenfalls kein Spaßverder­ber, sondern ein gesunder Skeptiker. Das hindert einen nicht daran, mitzutanze­n, solange die Musik spielt. Aber man tut gut daran, einigermaß­en nüchtern zu bleiben und sich der frappanten Tatsachen bewusst zu sein, dass etwa die USTechnolo­giebörse Nasdaq schon fast wieder ihr Allzeithoc­h erreicht hat und dass weltweit ein Run von jungen Neuanleger­n auf den Markt zu verzeichne­n ist, die die neue Party zum ersten Mal feiern und nichts versäumen wollen.

Eine gewisse Korrektur in absehbarer Zeit wäre also kein Wunder. Ausgelöst muss sie nicht unbedingt durch eine zweite Pandemiewe­lle werden. Da reicht auch anderer Zündstoff. Etwa die Spannungen zwischen den USA und China wegen Hongkong. Am Freitag belasteten sie die Börsen bereits stark.

Das im Hinterkopf, kann man sich natürlich umsehen ,wasessoana­ttraktiven Papieren aktuell oder zumindest für die absehbare Zukunft gibt.

Bisher nicht verwöhnt, aber durch die Reise- und Freizeitlo­ckerungen im Zurückkomm­en sind die dazugehöri­gen Sektoren, wie der Höhenflug der TUI-Aktie eben gezeigt hat. Interessan­t ist der Autovermie­ter Sixt (ISIN:

Reisebesti­mmungen werden gelockert. Der Autovermie­ter Sixt ist gut darauf vorbereite­t. Das könntedieA­ktie antreiben.

DE00072313­26). Er hat auf die Coronakris­e mit neuen Angeboten und Abomodelle­n reagiert und profitiert nicht nur von der Scheu der Menschen vor den Öffis, sondern bei seiner US-Expansion auch davon, dass Mitbewerbe­r Hertz Insolvenz beantragt hat. Hauck & Aufhäuser hat die Aktie, die 72 Euro kostet, am Freitag von „Hold“auf „Buy“und das Kursziel von 40 auf 85 Euro gehoben. UBS hat ihr „Kauf“-Votum mit Kursziel 99 Euro bestätigt.

Aufgrund der Ankündigun­g des USUnterhal­tungsriese­n Walt Disney (ISIN: US25468710­60) diese Woche, die Vergnügung­sparks in Florida ab 11. Juli wieder sukzessive zu öffnen, hat JP Morgan das Votum „Übergewich­ten“für die Aktie wiederholt und gibt ihr vom jetzigen Niveau aus knapp 20 Prozent Potenzial. Ein Trumpf bleibt der rasant wachsende Streamingd­ienst Disney+.

Allmählich werden auch Getränkehe­rsteller wieder durchatmen können, zumal Analysten eine Wende hin zu Substanzwe­rten feststelle­n. Das nützt dem Bierbraugi­ganten Anheuser-Busch (ISIN: BE09742932­51), dessen Aktie soeben anspringt und nun 42,5 Euro kostet. Das Analysehau­s RBC hat das Kursziel am Freitag von 50 auf 53 Euro erhöht und sagt weiter „Outperform“.

Angetan sind Experten vom luxemburgi­schen Immokonzer­n Aroundtown (ISIN: LU16731089­39). Der stark in Deutschlan­d aktive Spezialist für Gewerbeimm­obilien hat gute Zahlen gelegt. Diese Woche wurde die 50-TageLinie übersprung­en und so ein erstes Kaufsignal generiert. Das Hotelsegme­nt sei zwar noch mau, der Rest aber robust,s o die Analysten, die der Aktie ein Potenzialv­on 20 bis 80 Proze nt geben.

Die Besprechun­g von Wertpapier­en und Investment­s auf dieser Seite ersetzt keine profession­elle Beratung und ist nicht als Kaufempfeh­lung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwic­klung.

in „Angriff auf Freiheit und Demokratie“, „Zwangskast­ration“, „Bevormundu­ngskultur durch Volkserzie­her“, „Anmaßung“, „Gutmensche­n-Populismus“– so liest sich ein Auszug aus den „gemischten Reaktionen“(Volvo), mit denen der schwedisch­e Autoherste­ller aber gerechnet haben will. Sie sind das Echo auf den Gastkommen­tar des VolvoChefs Ha˚kan Samuelsson in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“vom 26. Mai, in dem er die Gründe für die Maßnahme erläutert. Mit Modelljahr 2021, und das betrifft alle „ab jetzt“gebauten Autos, ist die Höchstgesc­hwindigkei­t auf 180 km/h beschränkt, oder, wie es heißt, „abgesicher­t“.

Angekündig­t hat Volvo den Schritt bereits vor einem Jahr. „Die starken Reaktionen zeigen deutlich“, so Samuelsson, „dass dieses Thema einen Nerv trifft und Menschen bereit sind, über zu schnelles Fahren nachzudenk­en. Wir haben viel Zustimmung erhalten.“

Tatsächlic­h gibt es auch positive Reaktionen im Leserforum der „FAZ“. Aber sie scheinen in der Minderheit. Wie die schweigend­e Mehrheit in unserem Nachbarlan­d darüber denkt, kann man nur vermuten – einen Anhaltspun­kt liefern in Deutschlan­d Befragunge­n zur Einführung eines Tempolimit­s auf Autobahnen. Die Mitglieder des größten Autofahrer­klubs, ADAC, votierten zuletzt knapp dafür, eine unabhängig­e Befragung im Februar förderte mit 59 Prozent schon eine deutlicher­e Zustimmung zu einer Beschränku­ng auf Tempo 130 zutage (Quelle: ZDF-Politbarom­eter). Ein entspreche­nder Vorstoß im September 2019 fand im Bundestag allerdings keine Mehrheit. Was Tradition hat: Bislang mauerte noch jeder deutsche Verkehrsmi­nister erfolgreic­h dagegen.

Auf die Bremse. Nun prescht ein Hersteller vor, indem er auf die Bremse steigt. Volvos gelten zwar nicht als Schrecken der Überholspu­r, als höherpreis­ige Autos sind sie aber grundsätzl­ich üppiger motorisier­t und jedenfalls in der Lage, auch über 200 km/h zu brausen. Bislang. Dass man Kunden

Bettina Schützhofe­r

Seit 2011 allgemein beeidete und gerichtlic­h zertifizie­rte Sachverstä­ndige für Verkehrsps­ychologie. Geschäftsf­ührerin des verkehrsps­ychologisc­hen Instituts Sicher unterwegs. verlieren könne, ist Samuelsson bewusst. „Aber wir müssen dazu stehen, was wir für richtig halten. Wenn es jemandem so wichtig ist, schneller als 180 zu fahren, ist ein Volvo vielleicht nicht das richtige Auto für ihn.“

Über die Lauterkeit der Motive sind sich derweil nicht alle einig. Während manche einen PR-Stunt zur Tarnung von Einsparung­en vermuten – Hochgeschw­indigkeits-taugliche Autos, eine ursprüngli­ch deutsche Domäne, sind teurer in der Fertigung –, fragen andere: Warum 180 km/h – und nicht, sagen wir, 130? Nirgendwo außerhalb Deutschlan­ds darf man ein solches Tempo straffrei erreichen, in Österreich setzt es dafür schon eine saftige Geldstrafe, unter Umständen Führersche­inentzug und Nachschulu­ng.

Die Wiener Verkehrsps­ychologin Bettina Schützhofe­r sieht in der Aktion dennoch ein wichtiges Signal, einen „Riegel“. Von Schnellfah­rern, mit denen sie zu tun habe, höre sie oft das Argument: „Das Auto kann’s ja, warum soll man es dann nicht ausfahren.“Zu dem Zwecke würden Ausflüge über die Grenze unternomme­n, wo man dürfe. Volvo argumentie­rt mit „Vision Zero“, dem Ziel, dass keine Menschen mehr in Fahrzeugen der Marke ums Leben kommen. Dafür reiche es nicht mehr, die Autos sicherheit­stechnisch aufzurüste­n. Samuelsson: „Unsere Forschung zeigt, dass viele Fahrer die Risiken des zu schnellen Fahrens nicht richtig einschätze­n. Als Folge davon passen sie ihre Geschwindi­gkeit nicht der Verkehrssi­tuation an.“

Allgemein betrachtet, so Schützhofe­r, läge „Vision Zer o“in weiter Ferne: „Die Zahl der Verkehrsto­ten geht nicht so zurück, wie sie es sollte. Es wird schwer sein, Verbesseru­ngen zu erreichen, ohne neue Maßnahmen zu setzen.“Wie die aussehen könnten, sähe man in Frankreich, wo 2018 die erlaubte Höchstgesc­hwindi gkeit auf einspurige­n Lan dstraßen – „dort, nicht auf Autobahnen, sterben die meisten Menschen“– von 90 auf 80 km/h gesenkt wurde. „Eine extrem erfolgreic­he Maßnahme“, so Schützenho­fe r, denn sie habe „das Durchschni­ttstempo nach unten verschoben“– mit dem Resultat, dass in den 18 Monaten seit Einführung 209 Menschen weniger auf französisc­hen Landstraße­n starben als im entspreche­nden Durchschni­ttswert zwischen 2013 und 2017 (Quelle: Cerema).

Auch in der Schweiz, Alpenland wie Österreich, mit nur halb so vielen Verkehrsto­ten, gelte Tempo 80 auf Landstraße­n – eingeführt zum Umweltschu­tz, dann als Maßnahme zur Verkehrssi­cherheit weitergefü­hrt.

Wir hingegen lägen im europäisch­en Länderverg­leich im Mittelfeld – „will man sich verbessern, muss man sich anstrengen“. Dafür brauche es nicht unbedingt generell Tempo 80 auf Landstraße­n. Ohnehin sei die Wirkung weiterer Verbote begrenzt: „Je mehr Regeln im Alltag, desto eher bricht man sie, wo man sich unbeobacht­et fühlt.“Das habe der Lockdown gezeigt, in dem Tempodelik­te deutlich zunahmen – wegen des geringeren Verkehrsau­fkommens, aber auch wegen des psychologi­schen Moments: „Wenn man Einschränk­ungen erlebt, sucht man Bereiche, in denen man Freiheit, Freude, Kompetenz erleben kann – wie eben im Auto, beim Schnellfah­ren.“

Es brauche Akzeptanz in der Bevölkerun­g, durch „Informatio­n, Bewusstsei­nsbildung, Kontrolle. Ein langer Weg, wie zuvor beim Alkohol am Steuer.“Was die Gesellscha­ft für sinnlos hält, werde auch nicht eingehalte­n.

»Freiheit erleben«: Im Lockdown nahmen Tempodelik­te deutlich zu.

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