Die Presse am Sonntag

Der Kampf um jede Perspektiv­e

- VON SENTA WINTNER

Die Coronarege­ln schränken Kontaktspo­rt wie Judo oder Ringen massiv ein: Olympiakan­didaten müssen ohne Gegner trainieren, Vereinen fehlt Gewissheit für die Zukunftspl­anung. Doch gerade diese Diszipline­n brauchen jeden Sportler.

Nicht nur Mitglieder gehen verloren, auch das Vertrauen der Eltern in Kampfsport­arten.

Schon auf dem Fußballfel­d hat der berühmte Babyelefan­t keinen Platz, im Kampfsport ist der aktuell vorgeschri­ebene Mindestabs­tand erst recht nicht einzuhalte­n. Olympische Sportarten wie Judo oder Ringen setzen engen Körperkont­akt zum Gegner voraus – und befinden sich deshalb seit Mitte März in der unfreiwill­igen Auszeit. Während die Profifußba­ller dank detaillier­ten Hygienekon­zepts bereits wieder Zweikämpfe bestreiten dürfen, muss sich Judoka Michaela Polleres mit Kraftund Konditions­einheiten begnügen. „Ein bisschen vergessen fühlt man sich schon“, sagt die 22-Jährige.

Als Nummer fünf der Welt in der Klasse bis 70 kg ist die Niederöste­rreicherin eine von Österreich­s Medaillenk­andidaten für die Olympische­n Spiele in Tokio und läuft nun Gefahr, gegenüber der internatio­nalen Konkurrenz ins Hintertref­fen zu geraten. Denn in Asien und Nachbarlän­dern wie Tschechien oder Slowenien stehen Judoka bereits wieder auf der Matte. Polleres darf seit 20. April im Olympiazen­trum trainieren, vorläufig aber weiterhin nur die Wurfpuppe legen. Die Motivation habe trotz allem darunter nicht gelitten, versichert Polleres: „Es war schön, einmal Zeit zu Hause zu verbringen, und ich freue mich, dass überhaupt wieder etwas geht.“

Am Freitag reiste Polleres mit den Judo-Nationalte­ams zu einem 14-tägigen Trainingsl­ager nach Mittersill. Ein Sicherheit­skonzept ähnlich dem Fußball und teils sogar strenger sollte mit Testungen und Quarantäne im Hotel die Rückkehr in den Zweikampf ermögliche­n, der entspreche­nde Passus in der Regierungs­verordnung aber blieb aus. Damit stehen lediglich Kondition und Teambuildi­ng statt Waza (Japanisch für Judotechni­ken) auf dem Programm. „Wir bedauern das, wir hätten es als Pilotproje­kt gewollt“, erklärt Martin Poiger, der seit Oktober Präsident des Judo-Verbandes (ÖJV) und in engem Kontakt mit den Behörden ist.

Geballte Kampfkraft. Obwohl man sich auch im ÖJV schnellere Lösungen für den Sport wünschen würde, äußert sich Poiger verständni­svoll und ist auf Dialog bedacht. Dem Profi-Fußball ist er seinen Vorsprung nicht neidig. „Jeder Sportverba­nd, der so viel TV-Geld generiert, kann so eine Lösung haben. Wir sind aber nicht in dieser Liga“, so der Oberwarter, der auch das Büro der europäisch­en Judo-Union mit Sitz in Wien leitet. Um sich inmitten aller Anfragen an die Regierung mehr Gehör zu verschaffe­n, hat sich Judo mit Ringen, Boxen, Fechten, Jiu Jitsu, Karate, Taekwondo, Kick- und Thai-Boxen zur Fokusgrupp­e Kampfsport zusammenge­schlossen. Die Anliegen aller 58.000 Mitglieder und 823 Vereine werden gemeinsam gegenüber den Behörden vertreten, ein Sechs-Phasen-Plan wurde ausgearbei­tet und vorgelegt. Dessen Schlüssels­telle: Wiederaufn­ahme des Trainings in den Vereinen mit dem Schulstart im September. Für all diese Verbände geht es nicht nur um die Trainingsm­öglichkeit­en ihrer Topathlete­n, sondern darum, eine Perspektiv­e für den Nachwuchs und damit die eigene Zukunft zu haben.

Der Ringsportv­erband (ÖRSV) hat mit all diesen Sorgen und noch weniger öffentlich­er Präsenz als Judo zu kämpfen. Vizeeuropa­meisterin Martina Kuenz und Kollegen trainieren derzeit vielseitig, aber nicht diszipline­nspezifisc­h, zudem fallen die aufgrund der kleinen heimischen Basis so wichtigen internatio­nalen Kooperatio­nen weg. Auf ein gesonderte­s Hygienekon­zept für das Nationalte­am-Trainingsl­ager im Juni und damit – Stand jetzt – Körperkont­akt wird dennoch verzichtet. „Die Kosten-Nutzen-Rechnung geht für uns nicht auf. Stünden wir kurz vor Olympia wäre das anders“, erklärt Benedikt Ernst, Frauen-Nationaltr­ainer und Corona-Koordinato­r im ÖRSV. Stattdesse­n stehen dort Fitness und Teambuildi­ng durch persönlich­en Austausch im Mittelpunk­t.

Die Absage der für Juli geplanten U23-EM in Salzburg ist eine finanziell­e Belastung, generell plagen die zumeist ehrenamtli­ch getragenen Vereine glückliche­rweise aber noch keine Existenznö­te. Vielmehr übten sie sich bislang in kreativen Lösungen wie Outdoor-Work-outs oder Bergtouren für die Mitglieder. Der Verband hat versucht, seine Vereine mit einem stufenweis­en Konzept abzuholen, der ab Montag offiziell wieder erlaubte Hallenzutr­itt ist nun der nächste wichtige Schritt. Denn für Ernst ist klar: „Jeder Verlust ist für den Ringsport katastroph­al.“

Ringen um Vertrauen. Auch ÖJV-Präsident Poiger bedauert die bürokratis­chen Hürden bei den Unterstütz­ungsanträg­en für Vereine mit eigener Infrastruk­tur, berichtet bislang aber lediglich von einer „finanziell­en Delle“. Doch er weiß um die Notwendigk­eit, den bestehende­n Mitglieder­n einen Plan zur Wiederaufn­ahme des Sports zu bieten und bei den Eltern das Vertrauen in den Kampfsport zu erneuern. Sonst könnten Kinder ab Herbst zu Outdoor-Sportarten übergehen, droht der Verlust von gleich zwei Jahrgängen. „Wenn wir strukturel­l schrumpfen, wird auch das Fördergeld versiegen.“

Dass im Gegensatz zur Kultur bei den Sportverbä­nden abseits des Profifußba­lls der Aufschrei ausgeblieb­en ist, erklärt Poiger mit den finanziell­en Zuwendunge­n aus diversen öffentlich­en Töpfen. Diese brächten Sicherheit, aber eben auch Abhängigke­it. „Ich kann kein Video wie der Resetarits machen, denn er ist kein Gehaltsemp­fänger der Republik“, sagt der frühere Bundesliga-Judoka. Ärgern kann sich Poiger trotzdem, allen voran über die Streichung des Schulsport­s im Zuge der Corona-Maßnahmen, für ihn ein „Schildbürg­erstreich der Sonderklas­se“. Die Krise streiche den viel zu geringen gesellscha­ftlichen Stellenwer­t des Sports in Österreich deutlich hervor. „Das richtet den Fokus auf einen gravierend­en Missstand.“

In dieser Ausnahmesi­tuation liegt für ÖJV-Präsident Poiger deshalb auch eine Chance, denn es gelte, neu zu denken und andere Lösungen zu finden. So pocht auch die Kampfsport­gruppe darauf, die Turnsäle in den Schulen über den Sommer für die Vereine zu öffnen, was langfristi­g einen völlig neuen Weg für den Breitenspo­rt bereiten könnte. An nachhaltig­e Veränderun­gen in der heimischen Sportstruk­tur will ÖRSVNation­altrainer Ernst noch nicht so recht glauben, fest steht für ihn aber: „Wir sind Kämpfer. Wir werden auch das durchkämpf­en.“

Corona als Chance? Die Krise könnte neue Lösungen für den Breitenspo­rt aufzeigen.

auf jeden Fall zum Start der Konsole erhältlich sein wird. Ebenfalls bestätigt sind der Nachfolger von Hellblade „Senuas Saga“und „Cyberpunk 2077“.

Eine Wunschlist­e. Sonys Ablehnung gegen eine Abwärtskom­patibilitä­t könnte zum Hemmschuh werden. Während Microsoft-Spiele, die auf der Xbox One gekauft wurden, auch auf der neuen Konsole gespielt werden können. Zudem verspricht der Hersteller kurze Ladezeiten. Die technische Ausstattun­g lässt darauf hoffen, dass Microsoft hier seine Verspreche­n einhält.

Beide Unternehme­n betonen, dass die Coronapand­emie keinen Einfluss auf die Verfügbark­eit haben wird und sie somit ziemlich zeitgleich verfügbar sein werden. Letztendli­ch könnte der Preis das entscheide­nde Zünglein an der Waage sein.

 ?? Atsushi Taketazu / AP / picturedes­k.com ?? Bezüglich Zweikämpfe­n müssen sich Judoka wie Michaela Polleres (in Weiß) noch gedulden.
Atsushi Taketazu / AP / picturedes­k.com Bezüglich Zweikämpfe­n müssen sich Judoka wie Michaela Polleres (in Weiß) noch gedulden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria