Verholzung des Fußes
Klack, klack, klack: Es könnte sich, die Vermutung liegt nahe, um einen astreinen Fall der Tonwortbildung handeln. Dabei ist „Clog“weder im Englischen noch gar im entlehnenden Deutschen aber ein Ontomatopöie-Beispiel als Nachahmung hölzernen Sohlengeklappers, sondern geht zurück auf die alte Bezeichnung für ein grobes Stück Holz. Seit dem Spätmittelalter haben aus diesem Material gefertigte Pantoffeln das Wort quasi gekapert.
Im ländlichen Raum Mitteleuropas haben Holzschuhe, ob hinten offen oder geschlossen, zwar ebenfalls eine lange Tradition als Teil der Arbeitsbekleidung. Als „Clogs“kennt man die von der Modeindustrie veredelte Version jedoch erst seit dem späten 20. Jahrhundert. Unter anderem die Hippie-Bewegung appropriierte diese Art von Schuhwerk: Holz stand, wie andere Naturmaterialien, hoch im Kurs – und schwer zu bekommen waren die Holzpantoffeln ja beileibe nicht.
Indem in den Siebzigerjahren viele der modischen Impulse aus der Jugendkultur der Sixties von der Mainstreamund Kommerzmode übernommen wurden, fanden auch die Clogs ihren (Holz-)Weg in neue Zusammenhänge. Stadt und Land, Innen- und Außenraum: Die pflegeleichten Schuhe sind und waren vielseitig einsetzbar.
Geräuscharm. „Die Pantoffeln mit Holzsohle sind äußerst versatil, das schätzen auch unsere Kunden“, bestätigt Simone Springer, Gründerin des Accessoirelabels Rosa Mosa. Seit zwei Saisonen hat ihre Marke anspruchsvoll gestaltete Clog-Varianten im Angebot, erstaunlicherweise verkaufte sich auch das für den vergangenen Winter lancierte Modell gut. „Während der Home-Office-Periode wurden unsere
Clogs zum Bestseller im Onlineshop – wir haben sie im Inland gut verkauft, aber auch zum Beispiel nach Übersee.“Auch der für Rosa Mosa – wie für alle österreichischen Avantgardelabels – so wichtige japanische Markt verstehe das Produkt. „In Japan“, so Springer, „hängt das mit der großen Affinität zu Holzschuhen wegen der traditionellen Geta-Pantoffeln mit flacher Sohle zusammen.“
Die flexible Einsetzbarkeit im Innenund Außenbereich mag in einer Phase des fortschreitenden Verschmelzens von Privat- und Berufssphäre ebenfalls für die Beliebtheit von Clogs sprechen. Zeitgemäße PU-Sohlen und flexible Elemente in der Holzsohle sorgen längst für größeren Tragekomfort. Außerdem wirken sie sich positiv auf den Geräuschpegel der Holzpantoffeln aus: Das in Zeiten von reinen Holzoder auch Hartgummisohlen unumgängliche Geklapper ist längst passe´ .
Ausgeklügelt. Zwei Jahre Zeit für die Entwicklung einer innovativen Sohle nahm sich Neo-Modeunternehmer Christoph Komatz: Nach einer Karriere in der Finanzwelt sattelte er auf die Erzeugung von Schuhen mit Holzsohle um und lancierte 2019 seine in Wien Döbling ansässige Firma Vvild. Das Doppel-V ist aus schräg eingesetzten, flexiblen Kunststoffteilen in der Sohle abzulesen – für zusätzliche Flexibilität sorgen längs eingesetzte Elemente. „Ich fand, man
Kunststoffelemente als Markenzeichen, von Vvild aus Wien. kann Clogs in der ursprünglichen Form nicht auf die Stadt loslassen, darum habe ich sie überarbeitet.“
Seinen Kunden bietet Komatz die Möglichkeit an, Lederarten und Sohle nach Belieben zu kombinieren. Um auch Jugendliche zu erreichen, möchte er künftig mit anderen Materialien experimentieren – denkbar sei etwa eine Erweiterung der Kollektion um Modelle aus upgecycelten Kunststoffplanen.
Catwalk-Modell. Seit 1922 fertigt der Familienbetrieb von Gerhard Piroutz in Unterkärnten Holzpantoffeln. Die klassischen Modelle, einst in Lagerhäusern erhältlich, erfuhren um die Jahrtausendwende mit der Gründung der Marke Woody einen Aktualitätsschub. Seitdem fertigte man sogar einmal ein Laufstegmodell für Vivienne Westwood, das noch im Fabriksverkauf in Sittersdorf erhältlich ist.
„Neben dem traditionellen Schuhhandel sind für uns längst Reformläden wichtige Abnehmer“, sagt Piroutz. Bereitschaft zu experimentieren gibt es auch hier: So lancierte man unlängst etwa Sneaker mit Holzsohle. „Unsere Klassiker sind aber die Clogs“, so Piroutz. Es zahlt sich also aus, wenn der Schuster nicht auf seinen Leisten vergisst. Und der ist bei genauerer Betrachtung Schuhen aus Holz gar nicht so unähnlich.