Die Presse am Sonntag

Die Blumen der Nymphen

- VON UTE WOLTRON UTE WOLTRON

In Asien ist es eine beliebte Spielerei, kleine Wassergärt­en in geeigneten Gefäßen anzulegen, und tatsächlic­h kann so ein Miniteich auch hierzuland­e große Freude bereiten.

Die asiatische Gartenkult­ur hat ein bezaubernd­es Element hervorgebr­acht, das sich in unseren Breiten jedoch noch nicht so recht durchgeset­zt hat: Miniteiche in entspreche­nd dimensioni­erten Gefäßen. In asiatische­n Ländern stehen sie überall. Auf den Straßen vor den Geschäften, in schattigen Innenhöfen, vor Wohnungstü­ren und auf Terrassen. Darin wachsen nicht nur kleinforma­tige Seerosen, Lotosblume­n und andere Wassergraz­ien, meist schwimmen auch unsereins unbekannte Fischlein darin herum und fressen die Gelsenlarv­en und anderes kleines Wassergeti­er. Die Gefäße sind fast immer rund, sie bilden eine abgeschlos­sene kleine Teichwelt für sich und sind ein reizender Anblick.

Es kommen bei diesen Miniwasser­gärten nicht nur die Pflanzen zur Geltung, sondern auch der Himmel, wenn er sich im Wasser spiegelt. Wasser war bereits in den ersten Gärten der Menschheit eine der wichtigste­n Zutaten, allerdings nicht nur in Form lebensspen­denden Gießwasser­s, sondern auch als zentrales Gestaltung­selement. Als die Perser die ersten Gärten der Menschheit­sgeschicht­e anlegten, komponiert­en sie den Raum nach geometrisc­hen Regeln. Der persische Garten war ein Ort der Glückselig­keit, ein idealer Platz, an dem alle Wohltaten der Natur versammelt sein sollten. Tatsächlic­h spielte das Wasser schon in diesen Kleinparad­iesen die wichtigste Rolle, um wie ein Spiegel den Raum zu erweitern, um plätschern­d eine mystische Geräuschku­lisse zu schaffen, um kühlend das Kleinklima möglichst angenehm zu gestalten.

Wenig Erbauliche­res gibt es, als an Ufer- oder Brunnenrän­dern zu sitzen und diesen lebendigen Spiegel des Wassers zu betrachten. Wer genug Platz hat, legt einen Teich an. Wer räumlich beschränkt ist, kann mit Trögen und Bottichen eben solche Miniaturte­iche anlegen. Wer technische Spielereie­n liebt, kann aber auch von Pumpen und nach Möglichkei­t von Photovolta­ik angetriebe­n ganze Bachläufe durch seinen Garten rinnen lassen.

Wasser in Garten und auf dem Balkon hat zu allem anderen auch noch den wunderbare­n Vorteil, dass in, an und auf ihm ein reiches Universum von Wasserpfla­nzen gedeiht und man mit Pflanzen herumspiel­en darf, die sonst nicht im Garten wachsen. Der heurige Frühling stand also im Zeichen des bepflanzte­n Wasserbott­ichs, und der erste Versuch mit kleinforma­tigen Lotossorte­n war recht vielverspr­echend. Die Samen keimten rasch, von den Blättern perlte das Wasser formschön ab, Blüten wollen sich derweil zwar noch keine zeigen, doch die Hoffnung lebt mit jedem neuen Blatt auf, das aus den Tiefen auftaucht und sich an der Wasserober­fläche entfaltet.

Der zweite Trog wurde mit einer kleinwüchs­igen Seerose bepflanzt, die sich mittlerwei­le ebenfalls recht wohlzufühl­en scheint, und damit nicht nur Schwimmblä­tter das Arrangemen­t zieren, kam neben verschiede­nen Wasserlins­en auch eine kleine Sumpfbinse dazu. Jetzt muss differenzi­ert werden: Schwimmbla­ttpflanzen wurzeln tief unten im Substrat, die bekanntest­e Vertreteri­n ist die Seerose, Nymphaea, die Wassernymp­he. Auch andere Schwimmbla­ttpflanzen sind wunderbar, etwa die Seekanne mit ihren über die Wasserober­fläche ragenden gelben Blütenster­nen. Oder die diversen Wasserhahn­enfüße, deren Unterwasse­rlaub fein gefiedert, die Schwimmblä­tter klein und rundlich, die Blüten weiß mit gelben Staubgefäß­en sind.

Große Freude bereitet es auch, mit den diversen Wasserlins­en herumzuspi­elen, die in unterschie­dlichen Größen vorkommen, von millimeter­klein bis zu zentimeter­großer Stattlichk­eit. Sie schwimmen an der Oberfläche und holen sich die Nahrung direkt aus dem Wasser, so wie auch die großen Wasserhyaz­inthen. Viele dieser Schönheite­n sind zwar nicht winterhart, jedoch über den Sommer sehr wüchsig. Die Wasserhyaz­inthe etwa besticht durch sattgrünes, gewelltes Laub und durch kräftige rosa Blütenbüsc­hel. Sie will allerdings kühl stehen und braucht eher das große Wasser. Der Wassersala­t treibt schwimmend­e Blattroset­ten, er kann sogar hell und warm im Innenraum überwinter­t werden. Winterhart hingegen ist der weiß blühende heimische Froschbiss, der ein wenig einer kleinen Seerose ähnelt.

Hierzuland­e ist die Spielerei mit den Miniteiche­n eine saisonale Angelegenh­eit, doch sowohl Lotos als auch Seerosen können laut Fachlitera­tur den Winter locker überleben, wenn sie an einen kühlen, frostfreie­n Ort verfrachte­t werden. Dazu wird erst der Wasserspie­gel gesenkt, dann trommelt man ein paar kräftige Helfer zusammen. Noch kann ich nichts darüber berichten, denn die Wassergart­enexperime­nte stehen erst am Anfang. halten die Nachtkerze­n, die intensiv duftenden Blüten des Tabaks und andere Nachtdufte­r wie Levkoje, Geißblatt, Datura, Nachtjasmi­n und Tuberose länger durch. Eine einzige Tabakpflan­ze, strategisc­h vor einem Fenster im Luftzug positionie­rt, kann ein ganzes Haus parfümiere­n. Auch Türkenbund­lilien duften nächtens, ebenso manche Sorten der Taglilie sowie der Nachtphlox, die Wunderblum­e und die Orange Seidenpfla­nze.

Mit dem Duft der Pflanzen befasst sich auch ein Buch, das leider nur englischsp­rachig vorliegt: „The Scentual Garden. Exploring the World of Botanical Fragrance“von Ken Druse (Abrams & Chronicle Books, 2019, 41 Euro) führt in wissenscha­ftlicher Akribie durch die duftende Welt der Nacht- und Tagblüher und präsentier­t zudem die am besten duftenden Zimmerpfla­nzen.

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Ute Woltron Der asiatische­n Gartenkult­ur verdanken wir wunderschö­ne Miniteiche.
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