Die Blumen der Nymphen
In Asien ist es eine beliebte Spielerei, kleine Wassergärten in geeigneten Gefäßen anzulegen, und tatsächlich kann so ein Miniteich auch hierzulande große Freude bereiten.
Die asiatische Gartenkultur hat ein bezauberndes Element hervorgebracht, das sich in unseren Breiten jedoch noch nicht so recht durchgesetzt hat: Miniteiche in entsprechend dimensionierten Gefäßen. In asiatischen Ländern stehen sie überall. Auf den Straßen vor den Geschäften, in schattigen Innenhöfen, vor Wohnungstüren und auf Terrassen. Darin wachsen nicht nur kleinformatige Seerosen, Lotosblumen und andere Wassergrazien, meist schwimmen auch unsereins unbekannte Fischlein darin herum und fressen die Gelsenlarven und anderes kleines Wassergetier. Die Gefäße sind fast immer rund, sie bilden eine abgeschlossene kleine Teichwelt für sich und sind ein reizender Anblick.
Es kommen bei diesen Miniwassergärten nicht nur die Pflanzen zur Geltung, sondern auch der Himmel, wenn er sich im Wasser spiegelt. Wasser war bereits in den ersten Gärten der Menschheit eine der wichtigsten Zutaten, allerdings nicht nur in Form lebensspendenden Gießwassers, sondern auch als zentrales Gestaltungselement. Als die Perser die ersten Gärten der Menschheitsgeschichte anlegten, komponierten sie den Raum nach geometrischen Regeln. Der persische Garten war ein Ort der Glückseligkeit, ein idealer Platz, an dem alle Wohltaten der Natur versammelt sein sollten. Tatsächlich spielte das Wasser schon in diesen Kleinparadiesen die wichtigste Rolle, um wie ein Spiegel den Raum zu erweitern, um plätschernd eine mystische Geräuschkulisse zu schaffen, um kühlend das Kleinklima möglichst angenehm zu gestalten.
Wenig Erbaulicheres gibt es, als an Ufer- oder Brunnenrändern zu sitzen und diesen lebendigen Spiegel des Wassers zu betrachten. Wer genug Platz hat, legt einen Teich an. Wer räumlich beschränkt ist, kann mit Trögen und Bottichen eben solche Miniaturteiche anlegen. Wer technische Spielereien liebt, kann aber auch von Pumpen und nach Möglichkeit von Photovoltaik angetrieben ganze Bachläufe durch seinen Garten rinnen lassen.
Wasser in Garten und auf dem Balkon hat zu allem anderen auch noch den wunderbaren Vorteil, dass in, an und auf ihm ein reiches Universum von Wasserpflanzen gedeiht und man mit Pflanzen herumspielen darf, die sonst nicht im Garten wachsen. Der heurige Frühling stand also im Zeichen des bepflanzten Wasserbottichs, und der erste Versuch mit kleinformatigen Lotossorten war recht vielversprechend. Die Samen keimten rasch, von den Blättern perlte das Wasser formschön ab, Blüten wollen sich derweil zwar noch keine zeigen, doch die Hoffnung lebt mit jedem neuen Blatt auf, das aus den Tiefen auftaucht und sich an der Wasseroberfläche entfaltet.
Der zweite Trog wurde mit einer kleinwüchsigen Seerose bepflanzt, die sich mittlerweile ebenfalls recht wohlzufühlen scheint, und damit nicht nur Schwimmblätter das Arrangement zieren, kam neben verschiedenen Wasserlinsen auch eine kleine Sumpfbinse dazu. Jetzt muss differenziert werden: Schwimmblattpflanzen wurzeln tief unten im Substrat, die bekannteste Vertreterin ist die Seerose, Nymphaea, die Wassernymphe. Auch andere Schwimmblattpflanzen sind wunderbar, etwa die Seekanne mit ihren über die Wasseroberfläche ragenden gelben Blütensternen. Oder die diversen Wasserhahnenfüße, deren Unterwasserlaub fein gefiedert, die Schwimmblätter klein und rundlich, die Blüten weiß mit gelben Staubgefäßen sind.
Große Freude bereitet es auch, mit den diversen Wasserlinsen herumzuspielen, die in unterschiedlichen Größen vorkommen, von millimeterklein bis zu zentimetergroßer Stattlichkeit. Sie schwimmen an der Oberfläche und holen sich die Nahrung direkt aus dem Wasser, so wie auch die großen Wasserhyazinthen. Viele dieser Schönheiten sind zwar nicht winterhart, jedoch über den Sommer sehr wüchsig. Die Wasserhyazinthe etwa besticht durch sattgrünes, gewelltes Laub und durch kräftige rosa Blütenbüschel. Sie will allerdings kühl stehen und braucht eher das große Wasser. Der Wassersalat treibt schwimmende Blattrosetten, er kann sogar hell und warm im Innenraum überwintert werden. Winterhart hingegen ist der weiß blühende heimische Froschbiss, der ein wenig einer kleinen Seerose ähnelt.
Hierzulande ist die Spielerei mit den Miniteichen eine saisonale Angelegenheit, doch sowohl Lotos als auch Seerosen können laut Fachliteratur den Winter locker überleben, wenn sie an einen kühlen, frostfreien Ort verfrachtet werden. Dazu wird erst der Wasserspiegel gesenkt, dann trommelt man ein paar kräftige Helfer zusammen. Noch kann ich nichts darüber berichten, denn die Wassergartenexperimente stehen erst am Anfang. halten die Nachtkerzen, die intensiv duftenden Blüten des Tabaks und andere Nachtdufter wie Levkoje, Geißblatt, Datura, Nachtjasmin und Tuberose länger durch. Eine einzige Tabakpflanze, strategisch vor einem Fenster im Luftzug positioniert, kann ein ganzes Haus parfümieren. Auch Türkenbundlilien duften nächtens, ebenso manche Sorten der Taglilie sowie der Nachtphlox, die Wunderblume und die Orange Seidenpflanze.
Mit dem Duft der Pflanzen befasst sich auch ein Buch, das leider nur englischsprachig vorliegt: „The Scentual Garden. Exploring the World of Botanical Fragrance“von Ken Druse (Abrams & Chronicle Books, 2019, 41 Euro) führt in wissenschaftlicher Akribie durch die duftende Welt der Nacht- und Tagblüher und präsentiert zudem die am besten duftenden Zimmerpflanzen.