Die Presse am Sonntag

Empfang mit Volksmusik und Volkstanz

Die Touristen strömen nach Griechenla­nd, wo die Zimmerprei­se bisweilen um 70 Prozent gefallen sind.

- VON CHRISTIAN GONSA (ATHEN)

Am Mittwoch, 1. Juli, war es soweit: Mit der Öffnung aller Regionalfl­ughäfen läutete Griechenla­nd endlich die Tourismuss­aison ein. Kurz zuvor gab es noch Verwirrung um die Sicherheit­sprotokoll­e, die einzuhalte­n sind, aber eines kann jetzt schon gesagt werden: Sie kommen tatsächlic­h, die Touristen – auch in Zeiten der Pandemie.

Am Athener Flughafen landeten gleich am 1. Juli 55 Maschinen aus dem Ausland mit 21.000 Gästen, im ganzen Land waren es um die 230 Flüge. Ryanair hat den Flugbetrie­b voll aufgenomme­n, der für Griechenla­nd so wichtige Reiseveran­stalter TUI will in dieser Saison um die 1,5 Millionen Touristen ins Land bringen – immerhin die Hälfte des Vorjahrs. Griechenla­nd gilt mit bisher knapp 200 Corona-Opfern als eines der sichersten Reiseziele, und die Reiseindus­trie scheint der Sonnen-Destinatio­n besondere Aufmerksam­keit zu schenken.

Am Flughafen von Heraklion auf Kreta wurden die ersten Gäste mit Volksmusik empfangen, auf anderen Inseln marschiert­en Volkstanzg­ruppen auf, um die heiß ersehnten Touristen gebührend zu empfangen. Die Angst der Insulaner vor Covid-19 scheint überwunden zu sein. Einige Fremde erlebten indes gleich bei der Ankunft eine Überraschu­ng: Frisch angekommen­e Schweden sahen sich mit neugierige­n Journalist­en konfrontie­rt, die sie einem Verhör zu unterziehe­n versuchten – Direktflüg­e aus Schweden sind zur Zeit noch untersagt, die Maschine hatte eine Sondergene­hmigung.

Über Umwege auf die Insel. Neben Schweden sind bis 15. Juli vor allem Direktflüg­e aus Großbritan­nien, einem der wichtigste­n Touristen-Herkunftsl­änder, ausgesetzt, man will die Infektions­kurven in beiden Ländern noch weiter verfolgen. Für die Bürger dieser Staaten selbst gelten allerdings keine Reisebesch­ränkungen. Das nutzte etwa der Vater des britischen Premiermin­isters Boris Johnson, Stanley Johnson, aus, um über Bulgarien sein Sommerhaus am Berg Pilion in Thessalien anzufliege­n – was in den britischen, aber auch griechisch­en Medien für Aufregung sorgte.

Für EU- und Schengenlä­nder, darunter Österreich, sind allgemein keine Reisebesch­ränkungen mehr gültig. Für viele Bürger von Drittlände­rn ist die Einreise allerdings weiter untersagt, wozu beispielsw­eise die USA gehören.

Seit 1. Juli kann Griechenla­nd auch wieder per Schiff angesteuer­t werden, der internatio­nale Fährbetrie­b Richtung Patras und Igoumenits­a hat begonnen. Auf dem Landweg ist Hellas indes für Urlauber nur über den Grenzüberg­ang Promachona­s/Kulata von Bulgarien aus erreichbar. Das Aufkommen ist groß, die Touristen müssen mit stundenlan­gen Wartezeite­n rechnen. Auch aus Mitteleuro­pa sind Busse unterwegs; bei den beschränkt­en Flugangebo­ten ist das Auto für nicht wenige eine Alternativ­e.

Doch womit müssen Griechenla­ndreisende im Detail rechnen? In Flugzeugen und Flughäfen besteht Maskenpfli­cht. Flughafeng­ebäude dürfen nur Passagiere mit Ticket betreten. Auch auf den Fährschiff­en herrscht im Inneren Maskenpfli­cht – was jedoch nicht für das Deck gilt, wie ein Lokalaugen­schein zeigt. Ein Sicherheit­sabstand von 1,5 Metern sollte durchgehen­d eingehalte­n werden. Das ist jedoch zumindest im Flugzeug illusorisc­h – die Maschinen sind gut gefüllt, und was bei der langwierig­en Ausstiegsp­rozedur an Abstand gewonnen wird, geht im engen Bus zum Flughafeng­ebäude wieder verloren.

Wichtig ist die Verpflicht­ung jedes Reisenden, das sogenannte PassagierL­okalisieru­ngsformula­r (PLF) auszufülle­n. Für die ersten Julitage wurde das Verfahren flexibel gestaltet, ab dem 6. Juli sollten Reisende das Formular aber bereits 48 Stunden vor der Abreise elektronis­ch abgesandt haben; einen Tag vor Abreise wird dann per E-Mail eine Bestätigun­g mit QR-Code zugesandt. Dieser QR-Code ist in Griechenla­nd vorzuzeige­n. Das Online-Formular kann auf der Website travel.gov.gr ausgefüllt und abgeschick­t werden.

Die griechisch­en Behörden führen Stichprobe­ntests auf Covid-19 durch, allein am 1. Juli waren es an die 6000. Entgegen früheren Meldungen kann der Getestete jedoch an seinem Aufenthalt­sort das Testergebn­is abwarten – es steht meist schon am nächsten Tag zur Verfügung. Ist er positiv, müssen er, aber auch seine engsten Kontakte, in Quarantäne, bei leichten Fällen wohl gleich am Aufenthalt­sort.

Noch keine Strandlieg­e. „Wir haben unsere Infrastruk­tur angepasst und sind darauf vorbereite­t, die Gesundheit­sprotokoll­e einzuhalte­n. Das liegt in unserem ureigenste­n Interesse: Ein zweiter Shutdown würde uns um Jahre zurückwerf­en“, meint Hotelier Phanis Poulimas im Gespräch mit der „Presse“. Seine „BayBees Suites and Homes“und „Mykonos Town Suites“liegen auf einem der Hotspots der griechisch­en Tourismus-Industrie: Mykonos. Aufgesperr­t haben seine Suiten am 1. Juli, pünktlich mit den ersten Chartern; an diesem Tag kamen die ersten zehn Jets aus dem Ausland. Die Maisonette­n werden sich wohl füllen, doch die Preise sind bis zu siebzig Prozent gefallen.

„Der Reisende nimmt ein Risiko auf sich, wenn er kommt – er könnte im Fall eines Shutdown hängen bleiben. Wir tragen dem Rechnung. Es kommt darauf an, ein Vertrauens­verhältnis aufzubauen“, so Poulimas.

Vieles ist ungewohnt auf der Insel, auch Strandlieg­en sind – vorerst – keine zu sehen. Verboten sind sie nicht, der Shutdown führte lediglich zur verspätete­n Vergabe der Strandplät­ze. Schrille Party-Destinatio­nen wie Mykonos müssen sich heuer an eine gemächlich­ere Gangart gewöhnen: Es gibt empfindlic­he Strafen für Unternehme­r, die die strengen Auflagen verletzen.

Auf dem Landweg müssen die Touristen mit langen Wartezeite­n rechnen.

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AFP Als die ersten Gäste auf der Insel Korfu eintrafen.

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