Grüne mit schwarzen Wurzeln
Vor ein paar Jahren noch Kommunalpolitikerin in einer Vorarlberger Marktgemeinde ist Nina Tomaselli Bundes-Grünen. Und als Fraktionsvorsitzende auf Gratwanderung im Ibiza-U-Ausschuss.
Tomaselli. Klingt italienisch. Ist es auch. Der Urgroßvater, ein Bauarbeiter, war aus dem Trentino nach Vorarlberg ausgewandert. Ein Arbeitsmigrant, der dann bei der Wildbachverbauung tätig war. „Ein Sozialist – nicht Sozialdemokrat“, wie seine Urenkelin Nina Tomaselli sagt. Zu ihrem Opa sagte sie noch „Nonno“, Italienisch wollte dieser aber nicht mehr sprechen, er schämte sich dafür. Und gab es auch nicht weiter. Politisch war der Großvater ein unbeirrbarer ÖVP-Anhänger. Dessen Sohn, Nina Tomasellis Vater, ein Tischlermeister, war ebenso lang ÖVP-Wähler. Mittlerweile wählt er die Grünen. Nicht zuletzt wegen der Tochter.
Nina Tomaselli (35) brachte es binnen weniger Jahre von einer grün-nahen Gemeinderatsliste zur Stellvertreterin von Grünen-Chef Werner Kogler. Sie teilt sich die Funktion der Vize-Parteichefin mit dem designierten oberösterreichischen Landesparteichef, Stefan Kaineder. Seit 2019 sitzt Nina Tomaselli im Nationalrat. Nun ist sie Fraktionsführerin der Grünen im IbizaUntersuchungsausschuss.
Eine Gratwanderung. Denn schließlich sitzt nicht nur die FPÖ auf der Anklagebank, sondern auch der Koalitionspartner der Grünen, die ÖVP. Mehr sogar noch die ÖVP, wenn es nach Vertretern der Oppositionsparteien geht. Tomaselli hat das bisher tadellos gemeistert: Sie stellt kritisch und hartnäckig Fragen, behandelt aber jede Auskunftsperson respektvoll, wird nie untergriffig. Bei der Befragung von Sebastian Kurz krachten die beiden einmal kurz zusammen.
Moser statt Pilz. Dennoch schwebt über Tomaselli stets der Vergleich mit Peter Pilz, dem grünen Godfather des U-Ausschusses. Ob sie das ärgert? „Mein Vorbild war immer Gabriela Moser“, sagt Tomaselli. Deren Buch „Die Akte U“über den Korruptionsausschuss habe sie seinerzeit begeistert. Moser war neben Pilz die zweite tragende Säule der Grünen in Sachen U-Ausschuss.
Als weitere politische Vorbilder nennt Nina Tomaselli die linke US-Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez und Katharina Schulze. Der bayrischen Grünen-Politikerin ähnelt sie auch vom Naturell her: eine Frohnatur. Herzhaftes Lachen zwischendurch gehört zum Standardrepertoire. Sie sei sicher keine Leise, sagt Tomaselli, sie wisse sich mit ihrer Stimme schon Gehör zu verschaffen. „Am Anfang hatte sie schon die Hoppla-jetzt-kommich-Attitüde“, sagt ein Parlamentskollege. „Aber man kann es auch positiv sehen: „Sie ist eben sehr selbstbewusst.“
Wieso sie ausgerechnet bei den Grünen andockte? Sie sei immer schon ein politischer Mensch gewesen, auch zu Hause sei sehr viel politisiert worden. „In der Schule haben sie immer gesagt: Du wirst sicher Politikerin.“Sie habe dann die bestehenden gesellschaftlichen Machtstrukturen zu hinterfragen begonnen, Volkswirtschaftslehre studiert und abgeschlossen und dann in ihrer Heimatgemeinde, Frastanz, eine grün-nahe Bürgerliste gegründet.
Den Grünen offiziell beigetreten ist sie erst danach. „Weil bei den Grünen Freiheit und Solidarität keine Gegensätze sind, sondern zusammengehören.“