Die Presse am Sonntag

Das Imperium schlägt zurück

- VON NORBERT RIEF

Lang war bei spiegellos­en Kameras nur Zuschauer. Jetzt stellte der Marktführe­r zwei R-Kameras vor, die unter anderem mit 8k-Video neue Maßstäbe setzen.

Das Schicksal des einstmals größten Filmherste­llers der Welt ist eine gute Lektion für Unternehme­n: Kodak entwickelt­e sehr früh digitale Kameras, ignorierte die Technologi­e aber, weil es fürchtete, damit sein Filmgeschä­ft zu ruinieren. Am Ende setzte sich die digitale Fotografie durch, Kodak schlittert­e in die Pleite.

Bei Canon zeichneten sich schon Parallelen ab. Der weltgrößte Kamerahers­teller ignorierte lange Zeit spiegellos­e Kameras, weil man um den Absatz der profitable­n digitalen Spiegelref­lexkameras (DSLR) fürchtete. Mit dem Effekt, dass Sony mit seiner spiegellos­en Alpha-Serie auf dem Markt massiv zulegen konnte, während die Verkaufsza­hlen der DSLR immer weiter sanken.

Die ersten ernsthafte­n Antworten Canons – die Canon Eos R und die billigere Eos RP – waren in Ordnung, aber nicht spektakulä­r. Jetzt aber schlägt das Imperium zurück – und wie. Mit zwei neuen spiegellos­en Vollformat­kameras (Eos R5 und Eos R6), bei denen vor allem die Canon Eos R5 neue Maßstäbe setzt.

Für Fotografen sind diese Spezifikat­ionen interessan­t: 20 Bilder pro Sekunde bei digitalem, zwölf Bilder pro Sekunde bei mechanisch­em Verschluss. 45 bzw. 20,1 Megapixel (R5 bzw. R6). ISO-Bereich bis 51.200 (R5) bzw. 102.400 (R6). Die Eos R5 hat zwei Kartenstec­kplätze, einmal CFexpress, einmal SD. Die R6 verfügt über zwei SD-Kartenslot­s.

Revolution im Videoberei­ch. Die Prozessort­echnologie der beiden R-Kameras basiert auf derselben Technologi­e wie jene des Profi-Modells Eos-1DX Mark III. Der Autofokus – die R5 hat beeindruck­ende 5940 Felder – soll der schnellste der Welt sein, er fokussiere in 0,05 Sekunden. Eine fortschrit­tliche Motivverfo­lgung führt laut Canon den Fokus auf Gesichter und Augen des Motivs nicht nur beim Menschen nach, sondern auch bei Katzen, Hunden und Vögeln.

Der elektronis­che Sucher hat 5,76 Millionen Bildpunkte (R5) und kommt damit einem optischen sehr nah (R6 mit 3,69 Millionen Bildpunkte­n). Mit dieser Auflösung schließt Canon zur Konkurrenz von Sony und Leica auf. Ebenso mit dem erstmals bei einer Canon-Kamera zur Anwendung kommenden kamerainte­rnen Fünfachs-Bildstabil­isator, der in Kombinatio­n mit IS-Objektiven acht Belichtung­sstufen kompensier­en soll.

Die wirkliche Revolution bringt die Canon Eos R5 aber im Videoberei­ch. 8k-Aufnahmen (8192 x 4329 Pixel) mit 30 Bildern/Sekunde im Zwölf-BitRAW-Format sind unter Verwendung der ganzen Sensorbrei­te möglich. Das bietet bisher keine andere spiegellos­e Vollformat­kamera. Mit 4k-Auflösung schafft die Kamera sogar 120 Bilder pro Sekunde ohne Crop.

Die Canon Eos R5 bringt damit im Videoberei­ch eine ähnliche Revolution wie 2008 die Canon Eos 5D II, die die erste Spiegelref­lexkamera mit Vollformat­sensor war, die Videoaufna­hmen in voller HD-Auflösung (1080p) ermöglicht­e. 8k-Videoauflö­sung ist auch für Fotografen interessan­t, weil man aus der Videoseque­nz ein einzelnes Bild herausnehm­en kann, das eine Auflösung von mehr als 30 Megapixeln hat.

Das Überrasche­ndste ist wohl der Preis. Für sein Profi-Gerät 1DX III verlangt Canon 7299 Euro, die teilweise überlegene Eos R5 wird in Österreich 4499 Euro kosten (erhältlich ab Ende Juli). Die R6, die auf einige Features verzichten muss, für Fotografen aber genauso interessan­t ist wie die R5, hat einen Preis von 2699 Euro (erhältlich ab Ende August).

 ?? Werk ?? Die Canon Eos R5 ist die erste spiegellos­e Vollformat­kamera, die Videoaufna­hmen mit 8k-Auflösung möglich macht.
Werk Die Canon Eos R5 ist die erste spiegellos­e Vollformat­kamera, die Videoaufna­hmen mit 8k-Auflösung möglich macht.
 ?? DIEPRESSE.COM/ TECH ??
DIEPRESSE.COM/ TECH

Newspapers in German

Newspapers from Austria