MIT ABSTAND
GESPRÄCHE
Medicine der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ausgesucht. Warum? Weil ich auf die Bedeutung von Forschung hinweisen möchte. Forschung, die uns letztlich auch bei der Bewältigung dieser Pandemie helfen wird. Und das CeMM ist eines der exzellenten Institute, die wir haben, die auch in diesem Bereich forschen.
Und zwar?
Sie machen genetische Untersuchungen des Virus. Sie können Ihnen genau sagen, wenn Sie eine Infektion haben, wo diese herkommt. Viren sind nie ident. Sondern zeigen ganz bestimmte Eigenschaften. Sie können also sagen: Das ist ein Ischgl-Virus, das ist ein Tönnies-Virus.
Wie geht es mit den Universitäten im Herbst weiter?
Das ist nicht ganz so einfach zu organisieren wie bei den Schulen. Man muss bedenken: Wir haben Großlehrveranstaltungen – 500 Personen, 800 Personen. Dort ist, wenn ein Fall auftritt, nicht ganz klar, wer der Auslöser ist. Bei den großen Veranstaltungen werden wir dann vielleicht doch wieder mehr auf Distance-Learning setzen als bei den kleineren Veranstaltungen.
Sie haben die Mathematik-Matura neu aufgestellt. Die bisher im Ministerium dafür Zuständige hat sich bitter beklagt, es sei „eines Ministers unwürdig“, da Sie sinngemäß gemeint haben, vorher sei alles falsch gelaufen.
Unter dem Strich ergibt sich: Eine Matura am Ende einer Sekundarstufe, die ein Ergebnis zeigt, wonach rund die Hälfte Nicht genügend oder Genügend als Note aufweist – da stimmt was nicht. Da gab es Beispiele, die nicht gelöst werden konnten, weil sie mit dem Unterricht davor auch wenig zu tun hatten. Die Matura muss dem Unterricht folgen – und nicht umgekehrt.
Die Mathematik-Matura soll nun stärker den Bedürfnissen der Uni angepasst werden. Das ist eine ganz wichtige Sache. Denn wir zertifizieren Hochschulreife.
Sollen auch andere Maturafächer reformiert werden, etwa Deutsch?
Deutsch ist ein eher unauffälliges Fach.
Genau, ja. Das haben wir im Auge. Vor allem die Frage: Welche Literatur sollte stärker in den Deutschunterricht einfließen? Aber bei Deutsch ist keine Generalsanierung notwendig, wie es bei der Mathematik der Fall war.
Soll das Konzept der Sommerschule, lernschwache Kinder extra zu fördern, im Herbst fortgeführt werden?
Nur für den Fall, dass wieder Schulschließungen stattfinden müssen. Da kann man jenen, die im Home-Learning Schwierigkeiten haben, helfen.
Was halten Sie von einer generellen Sommerschule?
Wir haben das jetzt für eine spezifische Gruppe geöffnet. Würde man die Zieldefinition viel breiter machen, würde es viel mehr Kinder geben von Eltern, die den Ehrgeiz haben, dass aus einem
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Dreier ein Zweier wird. Wir würden dann sicher mehr bürgerliche Mittelschichten ansprechen. Aber das jetzige Konzept ist ein anderes: Da geht es darum, dass die öffentliche Hand kompensatorisch wirkt. Um jenen zu helfen, die Gefahr laufen, den Anschluss an das nächste Schuljahr zu verlieren.
Es gibt eine Debatte über die Einschränkung der Meinungsfreiheit – Stichwort Cancel Culture –, ausgehend von US-Unis, aber auch schon nach Europa überschwappend. Wie sehen Sie das?
Die Unis waren immer Orte der freien Meinungsäußerung, des kritischen Diskurses. Und diesen Kern müssen sich die Universitäten erhalten. Gesprächsverweigerung, Begriffsbeschränkungen, Sprechverbote – das passt nicht zu einer funktionierenden, intellektuell atmenden Universität.
Wer nimmt denn nach dem Abgang von Susanne Wiesinger im Ministerium nun die Aufgaben ihrer Ombudsfrau-Stelle für Wertefragen und Kulturkonflikte wahr?
Das ist etwas, das in der Coronakrise leider liegen geblieben ist. Für mich sind die Ombudsstellen im Ministerium aber sehr wichtig. Das Ministerium soll auch ein offenes Ohr für das Realgeschehen haben. Die Neuordnung der Ombudsstellen – das gehört zu den Hausübungen, die ich noch zu erledigen habe.