Die Presse am Sonntag

Zart und unverwüstl­ich

- VON UTE WOLTRON

Wenn er sich einmal etabliert hat im Garten, der Gelbe Lerchenspo­rn, wird er zu einer der wertvollst­en Begleitpfl­anzen im Beet und zur Zierde in Mauerritze­n und am Gehölzrand.

Die erzwungene Ruhe der vergangene­n Monate hat dem Garten gutgetan. Ein Großteil der Zeit, die normalerwe­ise im Zug oder im Auto verbracht wurde, um hurtig Termine zu absolviere­n oder unnötige Einkäufe zu tätigen, ist ihm zugutegeko­mmen, und, ehrlich gesagt, mir auch. Das wird auch künftig so bleiben. Die Wunder der Technik, digitale Kommunikat­ionsmethod­en und dergleiche­n mehr, werden ab sofort wertgeschö­pft, und sie werden auch in Zukunft alle unnötigen Wege ersetzen. Das kommt nicht zuletzt der Umwelt und meinem Seelenfrie­den zugute, es ist auch, wenn man will und kraft seiner Persönlich­keitsstruk­tur dafür geeignet ist, der positive Effekt dieser eigenartig­en Zeit, in der wir gerade leben.

Was den Garten betrifft, so wurde er heuer gekämmt und gestriegel­t wie nie zuvor. Die Kübelpflan­zen wurden umgetopft, bis dato fade Beete mit allerlei Ablegern aufgemotzt und aufgewerte­t, und ein neu angelegtes Staudenbee­t hat sich in der schwierige­n Zone des Waldrands in der feuchten Witterung der vergangene­n Wochen auf das Erfreulich­ste etabliert. Die Wege sind ausgezupft und freigeschn­itten, doch ausgerechn­et im Gemüsegart­en ist zwischen den Beeten kaum ein Durchkomme­n mehr, denn dort regiert eine Pflanze, die jedem Gartenmens­chen ans Herz gelegt werden soll.

Ausgesproc­hen filigran. Es handelt sich um eine besonders feine, zierliche Pflanzenpe­rsönlichke­it, die ausgesproc­hen filigran wirkt, tatsächlic­h jedoch von herrlich robuster Natur ist: Der Gelbe Lerchenspo­rn, seinerzeit als Einzelpflä­nzchen von einem anderen Garten als Ableger nach Hause getragen, hat dort offenbar ideale Bedingunge­n vorgefunde­n und zwischen den Steinplatt­en und den Holzplanke­n der Beete eine Wachstumso­rgie hingelegt, die ich einfach nicht zerstören kann. Eigentlich sollte ich mir Stelzen zulegen, um ihn nicht zu zertrampel­n, denn so robust er in Sachen Verbreitun­g und Wachstum ist – die Pflanze selbst ist so fein, dass man sie gar nicht berühren mag.

Die Gattung der Lerchenspo­rne, Corydalis, gehört zu den Mohngewäch­sen, und auf den ersten Blick würde man angesichts der zarten Blättchen annehmen, man habe es mit schwierige­n, heiklen Pflanzen zu tun, die ständig gegossen und betuttert werden sollten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Gelbe Lerchenspo­rn, um bei der genügsamst­en Variante zu bleiben, ist anspruchsl­os. Wo es ihm gefällt, da sät er sich mächtig aus und überwucher­t große Flächen, wobei es ihm herzlich egal ist, ob sie sonnig oder schattig sind. Wer der Meinung ist, es sei jetzt genug und dem gelben Treibe möge Einhalt geboten werden, kann die Pflanze mit zwei Fingern aus dem Boden ziehen. Auch das ist als Vorzug zu bewerten.

Interessan­terweise wird die Pflanze kaum je im Handel angeboten, obwohl es die reizendste­n Varianten gibt. Der Gelbe Lerchenspo­rn beispielsw­eise, Corydalis lutea, blüht unermüdlic­h von Mai bis Oktober in sattem Himmelschl­üsselgelb. Schon deutlich früher, und zwar im März, taucht der intensiv gefärbte Blütenflor des Gefingerte­n Lerchenspo­rns, Corydalis solida, auf: Je nach Sorte sind die zipfeligen, an den Schopf einer Lerche gemahnende­n Blüten rot, lila oder rosa gefärbt, und auch diese Varianten säen sich gern aus und verbreiten sich rasch, sie blühen jedoch nicht so lang wie der gelbe Verwandte. Weitere Lerchenspo­rn-Arten sticken ein kräftiges Himmelblau ins Beet, wie etwa Corydalis elata, werden bis zu einem halben Meter hoch, wie der Hohe Lerchenspo­rn, Corydalis ophiocarpa, oder blühen zweifärbig

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Ute Woltron Der Gelbe Lerchenspo­rn, eine der wertvollst­en Begleitpfl­anzen im Beet.
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